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GEW von außen gesehen

Auf schmalem Grat

Ist die GEW zu einflussreich oder hat sie an Bedeutung verloren? Wird sie ihrem Anspruch gerecht, für die Bildung insgesamt einzutreten, oder ist sie nur Lehrerlobby? Gespräche mit Vertreter*innen aus Politik, Verbänden und Medien liefern Antworten.

Ein Mann betrachtet sich im Spiegel.
Foto: © imago

An der GEW kommt niemand vorbei, der in Baden-Württemberg mit Bildungspolitik zu tun hat. Das will auch niemand. Im Gegenteil. Wenn die GEW ruft, geht jeder hin, zum Beispiel zu ihrem Sommerfest. „Da sind sie alle“, sagt Stefan Küpper, als Geschäftsführer Bildung des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg selbst regelmäßiger Gast des Fests. Neben Kultusministerin, Staatssekretärin und Staatssekretär trifft man die Spitzen der Regierungsfraktionen ebenso wie Vertreter*innen zahlreicher Verbände und der Opposition. Hier wird das Netzwerk gepflegt. Da kann sonst sein, was will. „Die gesamte Spitze des Ministeriums war bei der GEW, obwohl das Kultusministerium an diesem Tag sein eigenes Sommerfest feierte“, erinnert sich Norbert Brugger, der Bildungsdezernent des baden-württembergischen Städtetags, an das diesjährige Treffen.

Für Stefan Küpper zeigt das beispielhaft: „Die GEW ist eine Nummer in der Bildungspolitik. Sie wird ernst genommen, macht sich intensive Gedanken, wie man das Bildungssystem voranbringen kann, und wird als Dialogpartner gesucht.“

Groß suchen muss man die GEW ohnehin nicht. Sie hat buchstäblich einen festen Platz in den Schaltstellen der Bildungspolitik. Zumindest in Gestalt ihrer ­wichtigsten Publikation. Das GEW-Jahrbuch steht selbstverständlich im Büro der Kultusministerin, die bildungspolitischen Korrespondent*innen der Zeitungen haben es griffbereit am Schreibtisch, ebenso wie die Bildungsexpert*innen im Landtag.

Für Kultusministerin Theresia Schopper (Grüne) ist das Buch „ein wahnsinniger Fundus“ für alles, was im Schulleben wichtig ist. Norbert Brugger nennt es „das beste Nachschlagewerk für die Bildung im Land“. Dazu kommen regelmäßige Publikationen und Studien.

Von Michael Hirn und Maria Jeggle (b&w-Redaktion)

Wir sind die größte Bildungsgewerkschaft in Baden-Württemberg. Wenn bildungspolitische Entscheidungen getroffen werden, mischen wir mit. Wir wollen gehört werden, wenn es um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Bildungseinrichtungen geht. Gleichzeitig stehen wir für eine gute Bildung für alle ein. Gerade im Personalratswahlkampf wollen wir als starke Organisation wahrgenommen werden.

Aber wie gut gelingt uns das? Sind wir auf dem richtigen Weg? Was sagen Politiker*innen und andere Personen, die bildungspolitische Fragen mitentscheiden? Wie sehen uns Vertreter*innen der Landespresse?

Um Antworten zu erhalten, haben wir Renate Allgöwer gebeten, diese Menschen zu fragen. Allgöwer war über viele Jahre Bildungs-Journalistin bei der Stuttgarter Zeitung und arbeitet jetzt als freie Journalistin. Wir haben uns darüber ausgetauscht, mit wem sie reden könnte. Danach hatte sie freie Hand – alles andere wäre weder für sie noch für uns infrage gekommen.

Was dabei rauskommt, blieb ein Wagnis. Wir meinen zwar, dass wir eine ordentliche Gewerkschaftsarbeit machen und einen guten Umgang in alle Richtungen pflegen, aber ob andere das auch so sehen, konnten wir nur hoffen. Allgöwers Text und ihr Interview mit Kultusministerin ­Theresa Schopper sind jetzt unser Titelthema. Auch wenn uns nicht jede Aussage gefällt: Für uns in der Redaktion hat sich das Wagnis gelohnt.

Das macht die GEW zu einem „Hort des Wissens“, wie Kara Ballarin sagt. Seit 2015 landespolitische Korrespondentin der Schwäbischen Zeitung, ist die Bildung von Anfang eines ihrer Steckenpferde in der Berichterstattung. „Es ist mitunter einfacher, bei der GEW Fakten zu besorgen als beim Kultusministerium“, plaudert sie aus dem Arbeitsalltag. Die Informationen aus dem Ministerium mit denen der GEW abzugleichen, ist für Axel Habermehl, der als landespolitischer Korrespondent der Südwest Presse ebenfalls seit Jahren über die Bildungspolitik berichtet, ein wichtiger Bestandteil der Arbeit.

Nicht nur für Journalist*innen ist die GEW eine wertvolle Informationsquelle. Bildungspolitische Berater*innen der Landtagsfraktionen nutzen bei ihrer Zuarbeit für die Abgeordneten die Analysen der GEW. Der Abgeordnete Timm Kern von der FDP sucht das Gespräch mit der Gewerkschaft und ist „dankbar für Hinweise und Kontakte“. Als bildungspolitischer Sprecher weiß er: „Die GEW hat eine hohe Kompetenz und gute Kontakte zu Experten.“

Breit aufgestellte Lobbyistin

Die GEW ist tief in der Lehrer*innenschaft und damit in der täglichen Praxis verankert. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, selbst seit 50 Jahren GEW-Mitglied, nimmt als oberster Dienstherr der Lehrkräfte im Land nach eigener Auskunft „eine enge, aber kritisch-konstruktive Beobachterrolle“ gegenüber der GEW ein. Er nimmt sie „als differenzierte Stimme wahr, die anders als andere Gewerkschaften, die nur einzelne Schularten vertreten, die Schullandschaft als Ganzes im Blick hat“.

Die Verwurzelung verleiht der Gewerkschaft Gewicht. Kara Ballarin sieht den baden-württembergischen Landesverband zudem im Vergleich zu anderen Landesverbänden „außergewöhnlich gut aufgestellt“. Das Kultusministerium höre „bei der GEW stärker hin als bei Verbänden, die nur die Lehrkräfte einer Schulart im Blick haben“.

Diese Einschätzung teilt Axel Habermehl. Für ihn ist die GEW „die einflussreichste der Lobbyorganisationen in der baden-württembergischen Bildungslandschaft“.

Und sie ist schlagkräftig. Ein „orchestrierter Leserbriefwust“ habe auch ihn selbst schon sehr viel Arbeitszeit gekostet, erzählt der Journalist. Dass die GEW in der Politik Gehör finde, sei milde ausgedrückt: „Wenn die GEW auf den Tisch haut, wackeln im Kultusministerium die Wände“, sagt Habermehl.

Das bestreitet der SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch, aber er sagt im Rückblick auf seine Amtszeit als Kultusminister von 2013 bis 2016: „Ich war erstaunt, wie gut die GEW ins Kultusministerium hinein vernetzt ist.“

Gute Drähte zu Parteien und Verbänden

Die GEW im Land wird im politischen Farbspektrum nah bei SPD und Grünen verortet. Bei der Einführung der Gemeinschaftsschule und bei der Bewertung der Bedeutung frühkindlicher Bildung war sie laut Stoch „sehr nah bei der grün-roten Koalition. Trotzdem waren wir nie deckungsgleich, was sich auch aus den unterschiedlichen Rollen ergibt“, betont der frühere Kultusminister. Allerdings: „Die GEW war für mich auch eine bildungspolitische Ratgeberin. Sie möchte, dass jedes Kind möglichst gleiche Chancen hat“.

Unabhängig von der politischen Positionierung schätzen auch die CDU und die FDP die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der GEW. Alexander Becker, der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, diskutiert mit der GEW mit Tiefgang und auch mal vertraulich – trotz unterschiedlicher Haltungen zu einzelnen Themen. Die Halbjahresgespräche der Regierungsfraktionen mit der GEW stuft er als „sehr hilfreich ein“. Eher schwierig findet er die zahlreichen Forderungen der GEW. Das wecke teilweise bei ihrer Klientel unerfüllbare Erwartungen.

Der FDP-Abgeordnete Timm Kern (von Haus aus Gymnasiallehrer, aber kein GEW-Mitglied) pflegt einen „ausgezeichneten Kontakt“ zur GEW. Er schätzt die aktuelle Landesvorsitzende Monika Stein als „äußerst kompetent, nachdenklich, eine sehr gute Interessensvertreterin der GEW“. Als Liberaler tritt Kern für das gegliederte Schulsystem und die verbindliche Grundschulempfehlung ein. Aber er unterstützt die GEW-Forderung nach besserer Bezahlung der Grundschullehrer*innen. Gegen die Entlassung der Vertretungslehrkräfte während der Sommer­ferien hätten GEW und FDP „Seit‘ an Seit‘ gekämpft“.

Gemeinsame Projekte gab es zwischen Wirtschaft und GEW bisher nicht. Aber Turbulenzen. Als 2016 das Fach Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung an den Schulen eingeführt wurde, gab es „eine unglaublich ideologische Diskussion“, erinnert sich Stefan Küpper. „Da war das Verhältnis zur GEW angespannt“. Inzwischen pflegen Unternehmerverband und GEW wieder einen guten Austausch. Man könne belastbare Verabredungen treffen. „Das gemeinsame Eintreten für ein gutes Bildungssystem eint uns.“

Auch die Städte als Schulträger sind nicht immer auf einer Linie mit der Gewerkschaft. Aber: „Wir bereichern uns mit unseren Positionen und pflegen einen offenen Umgang“, hält Norbert Brugger fest. Der Rechtsanspruch der Grundschüler*innen auf Ganztags­betreuung könnte seiner Meinung nach den Anstoß geben, gemeinsam neue Wege zur Weiterentwicklung des ­Bildungswesens zu gehen. „Ich kann nicht erwarten, dass die GEW es gut findet, wenn der Städtetag Abstriche bei der Qualifikation des Betreuungspersonals erfolgreich einge­fordert hat“, sieht der Dezernent ein. „Es wird aber nicht anders gehen, weil schlicht nicht genügend Fach­kräfte vorhanden sind.“ Die Städte wollen den Anspruch erfüllen, die GEW will das auch. Wie das gemeinsame Ziel zu erreichen wäre, dazu könnte man mal gemeinsam in Klausur gehen, so Brugger. Denn: „Die GEW hat eine hohe Expertise und viel Einfluss. Dadurch hat sie auch viel Verantwortung für das Ganze – nicht nur für den eigenen Beritt“.

Das große Ganze im Blick?

Die GEW will nicht nur eine Interessenvertretung der Lehrkräfte sein, sondern „ein starkes Netzwerk, das Beschäftigte aller Bildungsbereiche umfasst“. Zudem versteht sie sich als Bildungsgewerkschaft, die Bildung „in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext“ betrachtet.

Das wird nur zum Teil bestätigt. An den Pädagogischen Hochschulen (PH) ist die GEW nach Einschätzung von Professorin Karin Schweizer, der Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz der PH, stärker präsent als andere Verbände, sei es bei Studienanfängertagen oder unter den Lehrenden. Die Hochschulen pflegen gute Beziehungen zur GEW. Sie machen sich gemeinsam stark für die Erhöhung der Bezahlung der Grundschullehrkräfte auf A13 und für den Einsatz multiprofessioneller Teams an Schulen. PH und GEW treten für die Anerkennung des Ein-Fach-Studiums aus dem Ausland ein. „Das ist besser als fachfremde Quereinsteiger*innen zu beschäftigen“, meint Schweizer.

Die Forderung der GEW, im Kampf gegen den Lehrkräftemangel die Zahl der Studienplätze auszubauen, teilen die Rektor*innen nicht. „Wir bekommen die Plätze noch gerade so voll, es gibt je nach Lehramt eher einen Mangel an Bewerber*innen“, sagt die Rektorin der PH Weingarten. Auch von der Qualität des PH-Studiums sind die Rektor*innen „sehr überzeugt“ und sehen, anders als die GEW, keinen generellen Verbesserungsbedarf.

Die GEW könnte vielmehr für zwei Einstellungszeitpunkte für Studienabsolvent*innen eintreten, regt Schweizer an. Die Aspirant*innen müssten zum Teil ein halbes Jahr auf den Beginn ihres Referendariats warten. „Einige orientieren sich in dieser Zeit neu und gehen der Schule verloren.“ Schweizers Fazit: „Die GEW leistet gute Arbeit, könnte aber mit einigen ihrer Forderungen differenzierter sein.“

Im frühkindlichen Bereich stellt sich die Situation anders dar. Der evangelische Landesverband Tageseinrichtungen für Kinder in Württemberg sieht derzeit so wenig Verbindungen zur GEW, dass er sich zu ihrer Bedeutung nicht äußern mag. Auch der Landesverband katholischer Kindertagesstätten findet nur begrenzt Berührungspunkte. Die GEW werde in den Kitas als Player gesehen, der die Interessen des Feldes vertrete, natürlich gebe es unter den Beschäftigten GEW-Mitglieder, und man registriere, dass die GEW für ein Bundesqualitätsgesetz und für die Inklusion eintrete, gibt Verbandssprecherin Kristina Reisinger einen groben Einblick. Eine direkte Zusammenarbeit zwischen dem Landesverband und der GEW gebe es jedoch nicht.

Stefan Küpper vom Unternehmerverband betrachtet die GEW als eine Gewerkschaft, die von Lehrkräften dominiert ist und für diese das Beste erreichen will. Die GEW schreibe sich die Bildungsgerechtigkeit auf die Fahnen. „Dabei ist sie nur sehr bedingt vorangekommen“, hält Küpper fest.

Auch Axel Habermehl merkt an, die GEW sei nicht vorrangig am Gelingen der Bildungserfolge in Baden-Württemberg interessiert. Sie vertrete vielmehr die Interessen ihrer Mitgliedschaft. „Das ist total legitim, aber erfüllt nicht den Anspruch eine Bildungsgewerkschaft zu sein“.

Für Sebastian Kölsch, den Vorsitzenden des Landeselternbeirats (LEB), sieht es sogar so aus, „als bewege die GEW sich weg von einem früher stark bildungspolitisch orientierten Verband zu einer Interessenvertretung der Lehrkräfte“. Er sieht „kein Bemühen, die Belange der Eltern mitzudenken“. Das sei auch nicht die originäre Aufgabe der GEW, wäre aber hilfreich. Dennoch sei der LEB im „guten Austausch“ mit der GEW-Landesvorsitzenden Monika Stein.

Sehr kritisch betrachtet Kölsch die Positionierung der Gewerkschaft während der Corona-Pandemie. „Da stellte die GEW den Gesundheitsschutz ihrer Mitglieder über den Bildungsanspruch und das Wohl der Kinder“, schildert der LEB-Vorsitzende den Eindruck mancher Eltern. Das habe dem Image der Lehrkräfte weiter geschadet. Der Journalist Habermehl spitzt zu: „Da war die GEW eher Bildungsbremserin als Bildungsermöglicherin“.

Markige Töne, oder doch nicht?

Als Gewerkschaft ist die GEW in einer besonderen Situation. Darauf weist Stefan Küpper vom Unternehmerverband hin: „Weil Lehrkräfte Beamte sind, kann sie im Wege der Tarifauseinandersetzung nichts erreichen“. Es bleiben Appelle und öffentliche Stellungnahmen. Küpper sieht die GEW auf einem schmalen Grat, „wenn sie ausschließlich auf Defizite hinweist und diese zum Teil sehr dramatisiert“. 

Für den FDP-Mann Kern geht der Ton der GEW in Ordnung. „Bei dieser Landesregierung werden nur die gehört, die laut schreien.“ Die Journalistin Ballarin hat den Eindruck, in der vergangenen Legislatur, als die CDU das Kultusministerium führte, „waren die Ellenbogen spitzer“. Allerdings wirke die GEW gegenwärtig nicht mehr so präsent, sie habe möglicherweise „etwas an Relevanz verloren“.

Ihrem Kollegen Axel Habermehl ist die GEW manches Mal zu krawallig: „In den GEW-Pressemitteilungen hat man den Eindruck, es ergehe den Lehrkräften wie ostafrikanischen Minenarbeitern“. Er bestreitet nicht, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert hätten, „aber es gibt Schlechteres, als beamtete Lehrkraft in Baden-Württemberg zu sein“. Die GEW, meint er, konserviere eher das Bild von den Lehrer*innen als es zu verbessern. Er rät: „Net so viel jammern, GEW“.

Das Schulleben „hat sich rasant gewandelt. Der Schulalltag ist komplexer und aufreibender geworben“, konstatiert der Ministerpräsident. Das bringt die Gewerkschaft auch in den Augen der PH-Rektorin Schweizer in die Zwickmühle: „Es ist nicht gut, wenn man immer nur negativ über Schule redet, aber man muss die Missstände aufzeigen“.

Abgesehen vom Ton sind auch die Inhalte strittig. Die GEW macht sich sehr für die höhere Bezahlung der Grundschullehrkräfte stark. Stefan Küpper mahnt: „Die enge Fokussierung auf das Materielle wird nicht die Probleme lösen“. Auch sollte nicht „die Verteidigung jedes Status Quo“ reflexartig am Anfang jeder Debatte stehen.

Der Sozialdemokrat Andreas Stoch hält dagegen: „Der Wettstreit um die besten Köpfe ist groß. Wenn die GEW sich für gute Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte einsetzt und eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung anmahnt, ist das nicht nur im Eigeninteresse ihrer Mitglieder, sondern im Interesse der Gesellschaft.“ Die GEW solle die Probleme deutlich machen, ohne Weltuntergangsszenarien zu zeichnen. „Wer politische Entscheidungen beeinflussen will, ist gut beraten, eigene Vorschläge zu machen, und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen“, meint Stoch.

Es ist Sache des Arbeitgebers, für die Attraktivität des Berufs einzutreten. Doch der Elternvertreter Sebastian Kölsch hat eine Idee, wie die GEW die öffentliche Wertschätzung für die Lehrer*innen steigern könnte. Er vermutet, „die pauschale Fokussierung auf Überlastung trägt zum Negativbild bei“. Jeder kenne aber eine Lehrerkraft, die nicht überlastet sei. Er regt an, die GEW sollte da ehrlicher werden und dafür sorgen, dass etwa die Fächerkombinationen oder Aufgaben als Klassenlehrer*in in die Deputatsberechnung einfließen. Das sei im Interesse der engagierten „Overperformer“.

Wie soll es weitergehen?

Der Unternehmerverband erwartet von einer Bildungsgewerkschaft, dass sie die Diskussion über guten Unterricht und die Künstliche Intelligenz treibt und sich beim Thema Personal- und Organisationsentwicklung an die Spitze setzt. „Sie soll gemeinsam mit uns die verbindliche Berufsorientierung voranbringen“, sagt Stefan Küpper, „und sich Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in der Bildung nicht verschließen“.

Die Journalistin Kara Ballarin hat einen praktischen Vorschlag gegen den Personalmangel: „Es wäre im Sinne der Eltern und der Kinder, wenn die GEW ihre Haltung zu Quereinsteigern überdenken würde. Jetzt geht es darum, vor jeder Klasse eine Lehrkraft stehen zu haben.“

SPD-Landeschef Andreas Stoch will sich mit der GEW zusammen dafür stark machen, dass Schule arbeitsteilig organisiert wird. „Wir müssen die Lehrkräfte für den Unterricht einsetzen, nicht für die IT und die Schulsozialarbeit.“ Der GEW schreibt er die diffizile Aufgabe zu, den Lehrkräften nahezubringen, dass sie „notwendige Veränderungen auch adaptieren“.

Sensibel ist auch das Anliegen, das Ministerpräsident Kretschmann an die GEW hat. Als Bildungsgewerkschaft „darf und sollte“ sie sich zur Bedeutung von Bildung im Allgemeinen äußern, sagt er. „Auch zur Rolle etwa der Eltern in der Erziehungspartnerschaft von Eltern und Schule“. Denn: „Was Aufgabe der Schule und was Aufgabe des Elternhauses ist, wandelt sich gerade stark“. Die GEW wird ihre Gratwanderungen voraussichtlich fortsetzen.

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Maria Jeggle
Redakteurin b&w
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