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Bund und Land müssten mehr für die Hochschulen ausgeben

Die Hochschulen sind durch den Hochschulfinanzierungsvertrag in Baden-Württemberg theoretisch ausreichend finanziert und vor Kürzungen geschützt. In der Praxis sehen sich aber die verantwortlichen Hochschulleitungen ebenso wie die betroffenen Beschäftigten und Studierenden mit problematischen Verhältnissen konfrontiert. Ein paar (bewusst subjektive) Antworten auf drei einfache Fragen.

Was wird nicht finanziert? Finanziert wird, was wichtig ist – aber was wichtig ist, wird naturgemäß unterschiedlich gesehen. Beobachtbar ist im Ergebnis, dass durch die (vermeintliche) politische Zurückhaltung bei der Steuerung der Hochschullandschaft, den absichtlich erzeugten Wettbewerbsdruck und die derzeit etablierten Verteilungsmechanismen (Internationalisierung, Profilbildungen, Exzellenzinitiative) kleinere Fächer immer stärker schwinden, der Wechsel zwischen den Hochschulen eher erschwert wird und in vielen Bereichen ein Mainstreaming
droht. Fast sprichwörtlich zwischen die Mühlsteine geraten ist in den letzten Jahrzehnten der Hochschulbau. Nach dem Föderalismus-Gesetz war es dem Bund kaum noch möglich, den Hochschulbau zu fördern. Die Länder hatten aber nicht genügend Geld. Der über lange Jahre angesparte Sanierungsstau wird jetzt dadurch verschärft, dass bei Einwerbung großer millionenschwerer Projekte zusätzlicher Investitionsbedarf entsteht. Die Hochschulen wollen die Projekte nicht gefährden und leiten Gelder, die bei der Sanierung des Bestandes gebraucht würden, dorthin um. Die nominell deutliche Erhöhung des Hochschulbau-Etats in Baden-Württemberg täuscht fatal über die tatsächliche Situation hinweg. Landesweit dürfte der Sanierungsstau eine zweistellige Milliardensumme darstellen. In welchem Umfang wird finanziert? „Nicht ausreichend“ ist meist die richtige Antwort. Gemessen an den guten wirtschaftlichen Verhältnissen, der politischen Zielsetzung, dem gesellschaftlichen Anspruch und dem OECD-Vergleich, müsste Deutschland (und auch Baden-Württemberg) deutlich mehr für seine Hochschulen ausgeben.

In der Hochschulfinanzierung bestehen deutliche Mängel. An den meisten Hochschulen werden für einen Teil der Lehre statt ordentliche Tarifbeschäftigte billigere Honorarkräfte für die grundständige Ausbildung eingesetzt, obwohl schon der Tarifvertrag eher „billig“ zu nennen ist. Befristete Verträge für ein oder zwei Jahre sollen dem Mangel an Stellen für wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Daueraufgaben abhelfen. Baden-Württemberg hat durch den Hochschulfinanzierungsvertrag 2015 und 2016 zwar die Situation abgemildert, aber nicht wirklich bereinigt. Und seit vielen Jahren schleppen die Hochschulen, gemessen an den personellen Ressourcen, eine Überlast an Studienplätzen mit sich herum, die sogenannte Kapazitätsüberlast. Wie wird finanziert? Mit kurzfristigen Sonderprogrammen
wurden die Hochschulen in einen Wettbewerb um die „besten Köpfe“ getrieben. Zwar stellt Baden-Württemberg seine großen Ausbauprogramme „2012“ und „2016“ für die Bachelor- und Masterstudienplätze gerade schrittweise in die Grundfinanzierung ein (und kommt so auf seine Steigerungsquote), in der Grundausrichtung bleibt es aber beim Konkurrenzdruck und der nicht ausreichenden Finanzierung – auf Kosten der Studierenden und der Beschäftigten. Zugleich verstärkt sich die Spaltung zwischen den in den Wettbewerben erfolgreichen und den nicht erfolgreichen Hochschulen. Wer im Rennen bleiben will, muss vieles dem einen Ziel unterordnen. Finanziert wird, was dem Ranking nützt – den Rest schafft man am besten mittelfristig ab. Ob man angesichts der Unterschiede in der räumlichen und personellen Ausstattung zwischen den Hochschulen von Chancengleichheit für die Studentinnen und Studenten sprechen kann, ist fraglich. Schließlich führen die kurzatmigen staatlichen Sonderprogramme und die kurzfristigen Anforderungen der privaten Drittmittelgeber zu einem Befristungsunwesen bei den Arbeitsverträgen, das letztlich den Staat teuer zu stehen kommt. Statt sich auf den inhaltlichen Auftrag konzentrieren zu können, planen die Wissenschaftler/innen das nächste kurzfristige Projekt. Die teuer ausgebildeten Besten wandern in private Betriebe ab oder gehen ins Ausland, weil dort bessere Bedingungen geboten werden. Und die Drittmittelgeber finanzieren zwar Personal, aber in der Regel keine Räume, keinen Verwaltungsanteil,
keine Energiekosten. Das müssen die Hochschulen aus der Grundfinanzierung nehmen – wo es dann fehlt.