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Lehrkräfteeinstellung 2023

Viele Stellen bleiben unbesetzt

Die Versorgung der Schulen mit Lehrkräften stellt sich dieses Jahr fast überall noch deutlich schlechter dar als in den vergangenen Jahren. Je nach Schulart und Standort muss mit dramatischen Versorgungslücken gerechnet werden.

Demonstration gegen den Lehrermangel
Demonstration gegen den Lehrermangel (Foto: © imago)

Die Einstellungschancen im Land sind traditionell abhängig von den studierten Fächern und der Schulart. Immer mehr spielt inzwischen die Region eine Rolle, in der die Bewerber*innen arbeiten möchten. So auch in der Einstellungsrunde 2023. Neben dem allgemeinen Lehrkräftemangel ist daher die Unterrichtsversorgung vor allem in den weniger attraktiven Regionen Baden-Württembergs besonders problematisch. So erhalten Lehrkräfte mit sehr guter bis guter Gesamtqualifikation kein Einstellungsangebot, weil sie bei der Bewerbung ausschließlich ­beliebte Einstellungsbezirke angegeben hatten. Für viele freie Stellen gab es keine Bewerber*innen.

Grundschulen: Unterrichtsversorgung regional sehr unterschiedlich

Die Einstellungsrunde für die Grundschulen setzte 2023 fort, was bereits in den Vorjahren sichtbar wurde: Viele Lehrkräfte erhielten frühzeitig ein Einstellungsangebot in den sogenannten vorgezogenen Verfahren (zum Beispiel schulbezogene Stellenausschreibungen). In diesem Jahr waren das 676 der 1.221 Stellen. Wieder gab es für die verbleibenden freien Stellen im Listenverfahren zu wenige Bewerber*innen. Die Zahl der Bewerber*innen, denen kein Einstellungsangebot gemacht werden konnte, stieg nochmal deutlich an. Inzwischen waren bei 172 Bewerber*innen in den gewünschten Einstellungsbezirken alle Stellen schon besetzt. Sie haben kein Angebot bekommen.

Ungebrochen attraktiv war für Bewerber*innen die Rheinschiene (Großräume Freiburg und Karlsruhe, sowie die Rhein-Neckar-Region): Im Regierungsbezirk Tübingen gab es mit 23 Stellen vergleichsweise wenige Stellen für Grundschullehrkräfte. In Südbaden blieben vor allem in den Kreisen Rottweil, Schwarzwald-Baar, Waldshut und Tuttlingen viele Stellen ohne Bewerber*innen. Im Regierungsbezirk Stuttgart gab es in allen Einstellungsbezirken zusammen am Ende des Listenverfahrens noch 194 Stellen, für die es keine Bewerber*innen mehr gab.

Wenn jetzt noch eine wachsende Zahl der Bewerber*innen wie in den Vorjahren die Stellenangebote ablehnt, hat das in diesen Regionen massive Auswirkungen auf die Unterrichtsversorgung. Das neue Sondermodell zum Direkteinstieg Grundschule wird den Lehrkräftemangel in dieser Schulart nicht beseitigen.

Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen: Warum Bewerber*innen Stellenangebote nicht wahrnehmen

Der Trend der letzten Jahre setzt sich auch für die Schularten der Sekundarstufe I fort. Je nach Regierungsbezirk blieben nach dem Listenverfahren (fachspezifische Einstellung und Einstellung nach Gesamtqualifikation) selbst im Bezirk Karlsruhe mangels Bewerber*innen noch 22 Prozent der Stellen ohne Einstellungsangebot. Wieder am stärksten betroffen war im Listenverfahren der Bezirk Stuttgart. Für 76 Prozent der Stellen gab es keine Bewerber*innen. Landesweit konnte auch in der Sekundarstufe I für mehr als die Hälfte der Stellen kein Angebot gemacht werden. Demgegenüber stehen 101 Bewerber*innen, die aufgrund regionaler Einstellungswünsche kein Einstellungsangebot erhielten.

Nach wie vor geben viele Bewerber*innen ausschließlich die beliebten Regionen als Wunsch an. Sie nehmen in Kauf, kein Einstellungsangebot zu erhalten. Dabei spielen laut Rückmeldungen soziale und familiäre Gründe eine wesentliche Rolle. Aber auch der Wohnungsmangel oder die hohen Lebenshaltungskosten spielen für junge Lehrkräfte bei der Wahl der Einstellungsbezirke eine Rolle. In gefragten Einstellungsbezirken scheinen finanzielle Argumente wiederum kein Hinderungsgrund zu sein. Auch ländliche Regionen, in denen Wohnen und die Lebenshaltung günstiger wären, sind für Bewerber*innen trotzdem unattraktiv.


Einstellung von Lehrkräften 2023

 

Einstellungen

Bewerbungen

 

2023

2022

2023

2022

Lehrkräfte freie Stellen insgesamt Angebote über Einstellungsliste vorab eingestellte Personen freie Stellen insgesamt  
Grundschulen 1.221 239 676 1.267 1.141 1.205
Haupt- und Werkrealschulen sowie Realschulen 1.057 174 630 1.099 977 1.030
Sonderpädagogik 488 41 297 591 354 401
Musisch-technische Fachlehrkräfte 483 37 370 226 57 (nur Listenverfahren) 94
Fachlehrkräfte und technische Lehrkräfte Sonderpädagogik 165 4 109 227 118 96
Gymnasien 930 (davon 150 an GMS) 472 (davon 11 an GMS) 466 (davon 70 an GMS) 1.002 (davon 245 an GMS) 1.496 (minus 446 im PSD) 2.223
Berufliche Schulen 1.011  WL + 139 TL 28 WL 303 WL + 105 Laufbahnbewerber*innen + 166 Gym. + 5 Sek-I + 3 Sonderschul-LK 1.045 WL + 220 TL 388 Laufbahnbewerber*innen (304 Neu-, 84 Altbewerber*innen) 393 Laufbahnbewerber*innen (321 Neu-, 72 Altbewerber*innen)

Viele Kolleg*innen berichten von der Sorge, aus Mangelregionen über viele Jahre nicht mehr wegversetzt zu werden. Auch scheint eine sichere Beamt*innenstelle nicht mehr so wichtig zu sein, wie das noch vor Jahren galt. Mehr Bewerber*innen nehmen berufliche Alternativen oder befristete Verträge und Gehaltseinbußen in Kauf, um in der Wunschregion leben und arbeiten zu können. Um diese Entwicklung aufzubrechen und die unbeliebten Regionen ausreichend mit Lehrkräften versorgen zu können, fordert die GEW seit mehreren Jahren ein Konzept der Landesregierung. Auch in der Sekundarstufe wird das neu aufgelegte Sondermodell zum Direkteinstieg in das Lehramt nur punktuell unterstützen, das Problem aber nicht lösen können.

Wie in den letzten Jahren gab es auch für die musisch-technischen Fachlehrkräfte insgesamt ein großes Angebot an Stellen, schwerpunktmäßig im Regierungsbezirk Stuttgart. Für die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen standen wieder nur eine geringe Zahl an Stellen im Listenverfahren zur Verfügung. Im Regierungsbezirk Freiburg konnten für alle Stellen Angebote gemacht werden.

Sonderpädagogik: Bildungschancen verschlechtern sich

Der Lehrkräftemangel verschärft sich auch in diesem Jahr. Im ganzen Land fehlen immer mehr Sonderpädagog*innen. Eine Ausnahme bildet die Rheinschiene. Nur dort können die freien Stellen weitgehend besetzt werden. Im restlichen Land herrschen oft verheerende Zustände. So konnten zahlreiche Stellen an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) nicht besetzt werden. Das wirkt sich auch auf die Versorgung der inklusiven Bildungsangebote aus. Für insgesamt rund 490 Stellen für Sonderpädagog*innen gab es nur 350 Bewerbungen. Bei den Fachlehrkräften war das Verhältnis mit 165 freien Stellen und 120 Bewerbungen ähnlich schlecht.

Viele Bewerber*innen haben bereits vor der Einstellungssitzung des Kultusministeriums eine Stelle an einem privaten SBBZ angenommen. Das ist im sonderpädagogischen Bereich normal, da es in vielen Regionen nur private SBBZ gibt. Die meisten Lehrkräfte an den privaten SBBZ werden verbeamtet und an die Privatschule beurlaubt. Aber so konnten bei der Einstellung über die Bewerberliste für über 190 freie Stellen nur 41 Angebote für eine Stelle an einem staatlichen SBBZ verteilt werden. Noch schlimmer ist es bei den ­sonderpädagogischen Fachlehrkräften. Hier konnten für 56 freie Stellen nur 4 Angebote gemacht werden. 

Insgesamt gibt es für die rund 650 freien Stellen im sonderpädagogischen Bereich nicht einmal 470 qualifizierte Bewerber*innen. Vor allem im Regierungsbezirk Stuttgart fehlen immer mehr Bewerber*innen. Das strukturelle Defizit (landesweit über 14 Prozent) wird sich wieder deutlich erhöhen. Von den Kürzungen der Stundenpläne und den Ausfällen im kommenden Schuljahr ganz zu schweigen. Durch die fehlenden Lehrer*innen an den SBBZ und in der Inklusion werden sich die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen mit Behinderung in Baden-Württemberg noch einmal massiv verschlechtern.

Gymnasien: Gute Einstellungschancen, sehr gute bei regionaler Flexibilität

Zum Schuljahr 2023 bewarben sich knapp 1.500 Gymnasiallehrkräfte (550 Neu- und 938 Altbewerber*innen) für den Schuldienst. 446 davon arbeiten bereits im Privatschuldienst und bewerben sich über das Listenverfahren für die Verbeamtung. Bleiben also 1.050 Gymnasiallehrkräfte, für die in diesem Jahr in verschiedenen Einstellungsverfahren knapp 750 Stellen an Gymnasien und 150 an Gemeinschaftsschulen (GMS) zur Verfügung stehen. Von diesen Stellen sind 120 sogenannte „Mittelstellen“. Die Bewerber*innen werden als Tarifbeschäftigte eingestellt. Sie erhalten eine Übernahmegarantie ins Beamtenverhältnis zum Schuljahr 2024/2025, wenn die beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

Da, wie in den Jahren zuvor, wahrscheinlich nicht alle Dienstanfänger*innen mit einem vollen Deputat beginnen, werden mehr Personen eingestellt. Ein kleiner Teil der Stellen kann an Härtefälle, Spitzensportler*innen und an Schwerbehinderte vergeben werden. Darüber hinaus wird Gymnasiallehrkräften auch angeboten, an beruflichen Schulen eingestellt zu werden.

Die Einstellungschancen in den vier Regierungspräsidien (RP) sind wie in den letzten Jahren sehr unterschiedlich, jedoch deutlich besser als in den vergangenen Jahren. Im RP Stuttgart gab es mit etwa 300 Stellen die meisten Einstellungsmöglichkeiten. Mehr als zwei Drittel der Stellen wurden schon in vorgezogenen Sonderausschreibungsverfahren vergeben. Je knapp 180 Stellen entfielen auf das RP Karlsruhe und das RP Freiburg. Im RP Tübingen gab es etwa 120 Stellen.

Auch fachspezifisch gibt es große Unterschiede. Die Fächer Mathematik und Deutsch beispielsweise haben dieselben Stundentafeln und damit einen identischen Bedarf. Allerdings bewerben sich etwa 420 angehende Lehrkräfte mit dem Fach Deutsch, aber nur etwa 100 mit Mathematik. Mit Geschichte, das nicht in allen Klassenstufen und überwiegend nur zweistündig unterrichtet wird, bewerben sich 330. Vornehmlich in den Fächern Bildende Kunst, Physik und Mathematik bleiben einige Stellen unbesetzt. Viele Kolleg*innen ­bewerben sich nur sehr eingeschränkt regional, so decken sich die Bewerbungen nicht mit dem Bedarf in Mangelregionen.

Wichtiger noch als eine gute Leistungsziffer ist die räumliche Flexibilität der Bewerber*innen, um ein Einstellungsangebot zu erhalten. Auch steigen die Chancen deutlich für diejenigen, die bereit sind, an einer anderen Schulart als dem Gymnasium eingesetzt zu werden. Wegen des akuten Lehrkräftemangels machte das Ministerium den Bewerber*innen mit Lehramt Gymnasium auch in diesem Jahr zwei Angebote:

  • Zum einen kann eine zusätzliche Laufbahnbefähigung als Grundschullehrkraft erworben werden. Nach Bestehen der Qualifikation im Arbeitnehmerverhältnis und einem insgesamt vierjährigen Verbleib im Grundschulbereich, erhalten die Lehrkräfte eine Übernahmegarantie für das gymnasiale Lehramt.
  • Zum anderen kann eine zusätzliche Laufbahnbefähigung für das Sek-I-Lehramt an Hauptschulen, Werkrealschulen, Realschulen und Gemeinschaftsschulen erworben werden, allerdings ohne Übernahme­garantie ins gymnasiale Lehramt.

Im Listenverfahren hätten rund 150 Gymnasiallehrkräfte an ­Gemeinschaftsschulen eingestellt werden können. Es konnten aber nicht alle Stellen besetzt werden.

Erfreulicherweise konnten die Verträge von etwa zehn seit mehreren Jahren befristet beschäftigten Nichterfüller*innen entfristet werden. Im gymnasialen Bereich betrifft das vor allem Kunst-Lehrkräfte. Die Bedingungen für das Entfristungsverfahren haben sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert: So ist die Mindestbeschäftigungsdauer auf 30 Monate verkürzt worden. Die Möglichkeit zur Entfristung soll es auch in den kommenden Jahren geben.

Die Gymnasien starten wie in den letzten Jahren mit vielen Vertretungslehrkräften ins neue Schuljahr. Daran wird sich in den kommenden Jahren kaum etwas ändern. Immerhin bekommen sie dank des Einsatzes der GEW die Sommer­ferien bezahlt, wenn ihr Vertrag bis zum 31. Dezember geschlossen wird und bis zum Ende des Schuljahres gilt.

Insgesamt hat sich die Einstellungssituation für Gymnasiallehrkräfte im Vergleich zu den letzten Jahren entspannt. Über alle Verfahren und Schularten hinweg gibt es mehr Einstellungsmöglichkeiten als es Neubewerber*innen gibt. Dies wird vermutlich in den nächsten Jahren zu einem Bewerber*innen-Mangel führen. In einzelnen Fächern liegt der Mangel bereits vor. Lehrkräfte vor allem mit Bildende Kunst, Mathematik oder naturwissenschaftlichen Fächern werden dringend benötigt.

Berufliche Schulen: Zahl der Bewerber*innen weiter rückläufig

An den Beruflichen Schulen (BS) werden insgesamt 1.208 Deputate frei, davon 956 Wissenschaftliche Lehrkräfte (WL) und 252 Technisches Lehrkräfte (TL). Aufgrund der zurückgehenden Schüler*innenzahlen schichtet das Kultusministerium (KM) 80 Stellen in andere Schularten um. Im Gegenzug erhalten die Beruflichen Schulen 35 zweckgebundene Deputate (24 Entlastung Schulleitungen, elf Ausbau Erzieher*innenausbildung). Zudem wandelt das KM 113 TL-Stellen in 100 WL-Stellen um. Insgesamt können damit 1.011 WL- und 139 TL-Deputate besetzt werden.

Technische Lehrkräfte werden in aller Regel über den Direkteinstieg eingestellt. Dafür konnten bislang 87 Personen gewonnen werden, davon 63 im Gewerbe. Damit können aufgrund von Teilzeitarbeit 85 Deputate besetzt werden. Die Zahlen sind etwas niedriger als im vergangenen Jahr.

Die kritische Bewerberlage bei den Wissenschaftlichen Lehrkräften spitzt sich weiter zu. Bei den Laufbahnbewerber*innen (Vorbereitungsdienst Berufliche Schulen) haben sich 304 Neu- und 84 Altbewerber*innen beworben. Insgesamt konnten in den vorgezogenen Verfahren 303 Personen gewonnen werden. Weitere 28 haben im Listenverfahren ein Einstellungsangebot (23 Deputate) erhalten. Damit konnten circa 267 Deputate (Teilzeitfaktor) besetzt werden. Bei den Neubewerber*innen ergibt sich eine Einstellungsquote von circa 95 Prozent.

Traditionell werden an den Beruflichen Schulen Bewerber*innen aus dem allgemeinbildenden Bereich eingestellt. Ge­wonnen werden konnten 166 Gymnasialbewerber*innen, fünf mit Lehramt Sekundarstufe I und drei Sonderpädagog*innen. Damit konnten 123 Deputate besetzt werden. Die Zahl der Einstellungen aus dem gymnasialen Bereich ist damit um 29 zurückgegangen. Einzelne Schulen haben (zum Beispiel für das Fach Deutsch) in den Ausschreibungsverfahren nicht einmal eine Bewerbung erhalten.

Ein Kommentar von Monika Stein, GEW-Landesvorsitzende

Die Landesregierung muss ihrem Anspruch endlich gerecht werden, für Bildungsgerechtigkeit einzustehen. Abwarten, mit großen Augen zuschauen, wie sich der Lehrkräftemangel von Jahr zu Jahr verschärft, das darf und kann nicht das Mittel der Wahl sein. Das Land kann dem Bildungsanspruch von Kindern und Jugendlichen nicht mehr ausreichend gerecht werden. Das betrifft vor allem Kinder mit Behinderungen. In SBBZ und der Inklusion ist die Unterrichtsversorgung am schlechtesten.

Aber auch in den Grundschulen und Sekundarschulen spitzt sich die Situation deutlich zu. Damit ist der Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen, die aus bildungsfernen Familien kommen oder die keine guten Startchancen ins Leben haben, besonders gefährdet. Die Lehrkräfte in Mangelbereichen und Mangelregionen sind durch ständige Arbeitsüberlastung am Limit. Gleichzeitig erleben sie die Folgen der unzureichenden Ausstattung der Schulen auf die Kinder und Jugendlichen. Wir sind in weiten Teilen Baden-Württembergs weit entfernt von der notwendigen 100-prozentigen Versorgung mit Lehrkräften. Besser und kein Luxus wäre eine Versorgung der Schulen mit 108 Prozent, damit Fortbildungen, Klassenfahrten und kurze Krankheitsfälle aufgefangen werden können, ohne die Unterrichtsversorgung zu gefährden.

Die Ausstattung mit Lehrkräften ist in den allgemeinbildenden Gymnasien noch deutlich besser. Die Einstellungschancen sind sehr gut, wenn die Bewerber*innen regional flexibel sind. Doch auch bei den Gymnasien gibt es Mangelfächer. Bei den Beruflichen Schulen ist die zurückgehende Zahl von Bewerber*innen beunruhigend und sollte zeitnah zu einer Aufgabenkritik führen, was die beruflichen Schulen überhaupt noch leisten können.

Insgesamt betrachtet können wir nicht mehr nur von Engpässen reden. Der Bildungsstandort Baden-Württemberg ist zunehmend gefährdet, wenn die gesamte Landesregierung nicht schnellstens gegensteuert. Sie muss genügend Geld in die Hand nehmen und richtig investieren.

Seit vielen Jahren macht die GEW dem Kultusministerium Vorschläge zur Lehrkräftegewinnung und legt Lehrkräfte­be­darfsprognosen vor. Die ersten Prognosen haben sich weitgehend bewahrheitet, die neueste ist vom Herbst vergangenen Jahres. Diese Prognosen wurden bisher nicht ernst genommen. Stattdessen werden immer wieder Nebelkerzen gezündet, dass eine ausreichende Versorgung mit Lehrkräften beispielsweise im Grundschulbereich in den nächsten drei, vier Jahren erreicht würde. Das ist weder seriös, noch verbessert es die Bildungschancen der Schüler*innen.

Was die Landesregierung tun kann:

  • Bezahlung der Beschäftigten über die Sommerferien, wenn sie im September gebraucht werden. Dies gilt besonders für Referendar*innen.
  • Deutlich mehr Studienplätze in allen Mangelbereichen. Sofort. Noch gibt es interessierte Bewerber*innen für diesen wunderbaren und erfüllenden Beruf.
  • Mehr Anreize, um in Mangelregionen eine Stelle anzunehmen. Die Landesregierung kann dafür an einfachen Schrauben drehen: Arbeitszeit, Geld, kreative gemeinsame Lösungen mit den Schulträgern.
  • Eine deutlich höhere Altersermäßigung. Dann könnten mehr Menschen bis zum Erreichen des Ruhestandsalters arbeiten.
  • Mehr und bessere Qualifizierungsangebote für die nicht voll ausgebildeten Lehrkräfte, die seit Jahren den Schulbetrieb aufrechterhalten.
  • Ein bezahltes Aufbaustudium Sonderpädagogik.
  • A 13 beziehungsweise E 13 für alle Grund- und Hauptschullehrkräfte.
  • Einen besseren Seiteneinstieg für Grundschule und Sekundarstufe I.
  • In der vorliegenden Konzeption ist die Unterrichtsverpflichtung zu hoch, und es fehlen berufsbegleitende Qualifizierungsangebote.

Vieles davon ist einfach. Es kostet nur Geld. Dieses Geld sollte dem Land die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen wert sein.

Lehrer*in ist ein wunderbarer, in meinen Augen der schönste Beruf der Welt. Es müssen jetzt genügend Menschen dafür gewonnen werden, damit unsere Schulen und alle Schüler*innen genügend Lehrkräften haben.

Darüber hinaus konnten bislang 105 Direkteinsteiger*innen gewonnen werden, das sind deutlich weniger als im Vorjahr (144). Besonders problematisch ist der Rückgang bei den berufsbezogenen Fächern Gewerbe. Hier konnten nur noch 46 Personen gewonnen werden (2022: 78).

Insgesamt konnten bis Ende Juni rund 490 Deputate mit WL besetzt werden (Vorjahr: circa 580). Die restlichen Stellen werden im Nachrückverfahren bis in den September hinein ausgeschrieben. Darüber hinaus versucht man über Deputats­aufstockungen zusätzliche Stunden zu gewinnen. Stellen, für die keine Fachbewerber*innen gefunden werden, können in befristete Verträge umgewandelt werden. Auf diesem Wege können Stellen, die für dringend benötigte Mangelfächer gebraucht werden, für ein Schuljahr besetzt werden, ohne sie dauerhaft zu blockieren. Allerdings wird es auch hier immer schwieriger, geeignete Bewerber*innen zu finden. Außerdem wurden circa 25 befristete Arbeitsverträge entfristet.

An den Beruflichen Schulen gibt es seit langem einen Bewerber*innenmarkt. Die Bewerber*innen haben sehr gute Einstellungschancen. Für die Unterrichtsversorgung wird die Situation aber immer schwieriger. Die Zahl der Referendar*innen an den Beruflichen Schulen ist 2023 erstmals unter 300 gefallen, rückläufig sind vor allem die Zahlen in den allgemeinbildenden Fächern. Am beruflichen Seminar in Stuttgart haben in diesem Jahr nur noch fünf Referendar*innen im Fach Deutsch ihre Ausbildung aufgenommen. Im Bereich Gymnasium hat sich ihre Zahl seit 2017 halbiert. Auch wenn die Einstellung über den Direkteinstieg traditionell Schwankungen unterliegt, sind die Zahlen nicht ermutigend.

In den Schulen wirkt sich der demographisch bedingte Fachkräftemangel aus. Man muss davon ausgehen, dass er sich in den kommenden zehn Jahren noch verschärft. Am Ende dieses Jahrzehnts werden rechnerisch für jede Person, die neu in das Berufsleben einsteigt, fast zwei Personen in den Ruhestand wechseln. Dieser Mangel lässt sich kaum ausgleichen – schon gar nicht kurzfristig.

Die sich abzeichnende Verschärfung des Fachkräftemangels darf aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Schulen können auf Dauer nur das leisten, wofür Personal vorhanden ist. Notwendig ist deshalb eine klare Festlegung von Prioritäten. Hier stehen das KM und der Landtag in der Pflicht, Vorschläge zu entwickeln.

Kontakt
Maria Jeggle
Redakteurin b&w
Telefon:  0711 21030-36