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Studienplätze an den Pädagogischen Hochschulen jetzt ausbauen

Gemeinsamer Appell der PH-Landesrektorenkonferenz und der GEW

Weiterer Lehrermangel auch in weiterführenden Schulen droht

Stuttgart – Die sechs Rektoren der Pädagogischen Hochschulen (PH) in Baden-Württemberg rufen gemeinsam mit der Bildungsgewerkschaft GEW die Landesregierung auf, mehr Studienplätze zu schaffen und die Studienzeit für Grundschullehrer/innen auf zehn Semester zu erhöhen. In dieser Woche haben etwa 2.000 Studierende ein Lehramtsstudium an einer PH begonnen, darunter gut 1.000 angehende Grundschullehrkräfte. An den sechs Standorten für die Lehrerausbildung wurden sogar mehr Studierende aufgenommen, als Studienplätze vorhanden sind. Die PHs sind dadurch überlastet.

Die PH-Rektoren und die GEW als größte bildungspolitische Interessenvertretung im Land weisen darauf hin, dass die aktuellen Studierendenzahlen nicht ausreichen werden, um den Lehrerbedarf in der Zukunft zu decken. „Bis 2025 steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Grundschulen um 14 Prozent. Es ist keine Lösung, wenn wie bisher nur Studienplätze aus anderen Studiengängen umgeschichtet oder Überlasten in Kauf genommen werden. Wir erwarten einen wachsenden Bedarf in allen Lehramtsstudiengängen. Kein Mensch versteht, warum wir mangels Studienplätzen für das Grundschullehramt einen hohen NC haben und an unseren Schulen 500 Lehrerstellen unbesetzt bleiben“, sagte am Donnerstag (19.10.) in Stuttgart Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Im Wintersemester 2016/2017 studierten 24.319 Personen an den PHs, darunter 77 Prozent Frauen. Insgesamt können pro Jahr gut 3.000 Erstsemester aufgenommen werden. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Plätze für Grundschul- und Sonderpädagogik leicht, während weniger für das Lehramt Sekundarstufe I beginnen konnten. Zusätzliche Studienplätze sind insgesamt kaum entstanden.

„Wir brauchen eine Angleichung der Studienzeiten für Grundschulpädagogik an die anderen Lehrämter. In einer verlängerten Studienzeit könnte ein weiteres Fach studiert werden und damit der fachfremde Unterricht reduziert werden. Dadurch würde die Unterrichtsqualität erheblich verbessert werden“, sagte Werner Knapp, Vorsitzender der PH-Landesrektoren-konferenz (LRK) und Rektor der PH Weingarten nach einem Gespräch der sechs Rektoren mit der GEW-Spitze.

Lehrerfortbildung mit den PHs

GEW und LRK begrüßen, dass das Kultusministerium die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte verbessern will. Moritz sieht insbesondere in grundlegenden Weiterbildungsmaßnahmen, zum Beispiel mit wissenschaftsbasierten Kontaktstudiengängen für fachfremd Unterrichtende, die Möglichkeit einer institutionellen Beteiligung der PHs an der Fort- und Weiterbildung. Diesem Vorschlag schließt sich Knapp an, der als weiteren Vorteil aufzeigt, dass dadurch die PHs verstärkt mit Problemen der Praxis konfrontiert werden und aktuelle Fragestellungen für die Forschung aufgreifen können.

Grundschullehramt auf 10 Semester erweitern

GEW und LRK stimmen darin überein, dass die fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen für das Grundschullehramt zwar andere sind als in den Lehrämtern der Sekundarstufe, aber es seien keineswegs weniger oder weniger komplexe. Um die Qualität der Lehrerbildung zu steigern, wurde das Studium in Baden-Württemberg auf eine Bachelor-Master-Struktur umgestellt und von insgesamt acht auf zehn Semester erweitert. Dies gilt allerdings nur für die Lehrämter der weiterführenden Schulen. Das Studium für die Grundschule wird zwar auch mit einem Master abgeschlossen, dauert aber nur acht Semester. Dies kritisieren sowohl die GEW als auch die LRK.

Lehrermangel in Grundschulen

Eine Studie des Bildungswissenschaftlers Prof. Klaus Klemm kommt zum Ergebnis, dass bis 2030 mindestens 8.000 zusätzliche Lehrerstellen in den Klassen 1 bis 4 gebraucht werden und viel zu wenig Lehrkräfte ausgebildet werden. Zur Deckung allein des demografischen Bedarfs an den Grundschulen ohne pädagogische Verbesserungen braucht Baden-Württemberg jährlich 1.400 - 1.500 Studienanfänger.

Derzeit unterrichten gut 22.000 Lehrer/innen an 2.382 öffentlichen und 108 privaten Grundschulen fast 380.000 Schüler/innen in knapp 20.000 Klassen. Die Altersgruppe der 6-10jährigen wird von etwa 391.700 zum Jahresende 2015 bis 2020 auf etwa 398.900, bis 2025 auf gut 433.000 und bis 2030 auf 438.000 ansteigen, wenn die Geburtenhäufigkeit etwa gleich bleibt. Bis zum Schuljahr 2030/31 ist nach der Studie mit zusätzlichen 44.600 Grundschüler/innen zu rechnen. Mit den neu zu besetzenden Stellen für die Lehrkräfte, die bis dahin in den Ruhestand gehen, werden in den nächsten 13 Jahren 11.930 Lehrerstellen zu besetzen sein.

Die GEW hat weiter ausrechnen lassen, wie viele zusätzliche Lehrerstellen gebraucht werden, um die bereits beschlossene Erweiterung der Kontingentstundentafel mit je zwei Stunden mehr Mathematik und Deutsch umzusetzen und was für eine bessere Kooperation zwischen Grundschulen und Kitas, für eine bessere Vertretungsreserve, die Ein-führung von Poolstunden und den Ausbau der Ganztagsschulen nötig ist. Noch ohne den Mehrbedarf für Inklusion und Ethik werden nur dafür bis 2030 5.439 weitere Stellen und gut 6.000 neue Grundschullehrkräfte gebraucht.

Zusammen mit dem Mehrbedarf von 2.559 durch steigende Schülerzahlen werden etwa 8.000 Stellen neu zu schaffen sein und insgesamt für die Besetzung aller Stellen etwa 19.000 neue Grundschullehrer/innen gebraucht. Bleiben die Studienzahlen gleich, ist nur mit 10.500 Berufseinsteiger/innen zu rechnen.

Kontakt
Matthias Schneider
Landesgeschäftsführer, Pressesprecher
Telefon:  0711 21030-14
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