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Wendepunkt in den Tarifverhandlungen?

Die Bildungsgewerkschaft GEW hofft, dass sich heute (28.05.) die kommunalen Arbeitgeber endlich bewegen und mit einem konkreten Angebot an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Kommunale Arbeitgeber treffen sich heute in Frankfurt

Stuttgart – Die Bildungsgewerkschaft GEW hofft, dass sich heute (28.05.) die kommunalen Arbeitgeber endlich bewegen und mit einem konkreten Angebot an den Verhandlungstisch zurückkehren. „Bei ihrem Treffen heute in Frankfurt haben es die Vertreter der kommunalen Arbeitgeber in der Hand, ob der Streik in Baden-Württemberg nach den Pfingstferien fortgesetzt wird. Alle wissen, dass gute Bildung und Betreuung gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung voraussetzen. Alle wissen das, außer offenbar den Arbeitgebern“, sagte Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Donnerstag (28.05.) in Stuttgart.

Die GEW Baden-Württemberg hat heute erneut zum Streik aufgerufen und viele GEW-Mitglieder haben sich an der verdi-Protestveranstaltung vor dem Rathaus in Backnang beteiligt. Der Oberbürgermeister von Backnang, Frank Nopper, wird als Vorsitzender des zuständigen Gruppenausschusses Städte und Gemeinden im Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg von den Gewerkschaften mit dafür verantwortlich gemacht, dass die Arbeitgeber bisher in fünf Verhandlungsrunden kein ernst zu nehmendes Angebot vorgelegt haben.

Die Bildungsgewerkschaft kündigte an, dass bis zum 5. Juni nicht mehr landesweit und dauerhaft zum Streik aufgerufen wird. Sollte aber in der nächsten Woche keine Einigung mit den Arbeitgebern zustande kommen, ist ab 8. Juni wieder landesweit mit geschlossenen Kitas zu rechnen. Zentrale Forderung der Gewerkschaften ist eine Neuregelung der Eingruppierungs- und Tätigkeitsmerkmale für die bundesweit rund 240.000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst.

Trotz der schwierigen Situation für die betroffenen Kinder und ihre Eltern berichtet die GEW von großen Unterstützung für den Streik. Elterninitiativen, Landes- und Bundespolitiker und Kirchen unterstützen die Streikenden. Die GEW wird nächste Woche auch auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart über die Tarifverhandlungen informieren.

Solidaritätsadressen

Absurde Eingruppierungsrichtlinien

„Wie absurd die Regelungen zur Eingruppierung für Erzieherinnen und Erzieher sind, erleben wir zum Beispiel immer wieder, wenn Kitas mehr Kinder unter drei Jahren aufnehmen. In der Regel wird dann die Zahl der Plätze in der Einrichtung verringert, um weiter gute Betreuungsqualität zu garantieren.
Dies kann aber dazu führen, dass die KiTa-Leitung trotz der gewachsenen Anforderungen weniger verdient, da ein Kriterium für das Gehalt die Platzzahl in der Einrichtung ist“, sagte Moritz.

76.400 pädagogische Fachkräfte in BW

In Baden-Württemberg gibt es (Stat. Landesamt, Stand 2014) 8.600 Kindertagesein-richtungen, in denen 87.200 Personen beschäftigt sind, davon knapp 76.400 als pädagogische Fachkräfte, die 404.000 Kinder betreuen und fördern. 41 Prozent der Kitas haben öffentliche Träger. Laut einer Bertelsmann-Studie werden im Südwesten gut 5.000 weitere Erzieher/innen gebraucht.

800.000 Mitarbeiter/innen bei freien Trägern profitieren

Bundesweit stellen die 350.000 Erzieher/innen mit 67 Prozent die größte Beschäftigtengruppe in den Kitas, gefolgt von rund 60.000 Kinderpfleger/innen (12 Prozent) und weiteren Beschäftigten mit einschlägiger Berufsqualifikation. GEW und verdi verhandeln für rund 300.000 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen. Etwa 800.000 Mitarbeiter/innen freier Träger profitieren in der Regel von den Tarifabschlüssen, da ihre Gehälter häufig an die Entgelttabelle des öffentlichen Dienstes angelehnt sind.

Erzieher/innen 640 Euro unter dem Durchschnittsgehalt

Das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmer/innen in Deutschland lag laut Stat. Bundesamt 2013 bei 3.449 Euro im Monat. Das Gehalt von Erzieher/innen liegt im Schnitt knapp 640 Euro darunter, Erzieher/innen mit schwieriger Tätigkeit erhalten 412 Euro weniger. Auch verglichen mit Berufen, die eine ähnliche Ausbildung wie die vierjährige Fachschul-Ausbildung der Erzieher/innen haben, ist der Verdienst unterdurchschnittlich.

40 Prozent geben ihren Beruf auf

Die Bildungsgewerkschaft GEW macht vor allem die schlechte Bezahlung dafür verantwortlich, dass 40 Prozent der Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen ihren Beruf wieder aufgeben. Bei Männern liegt die Quote sogar bei 53 Prozent. Die hohe gesundheitliche Belastung führt dazu, dass Erzieher/innen und Kinderpfleger/innen ein Jahr früher in Rente gehen als der durchschnittliche Arbeitnehmer in Deutschland. Ein Viertel geht bereits mit 52 Jahren aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand.