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Lehrermangel

1.000 zusätzliche Stellen für berufliche Schulen notwendig

Im Februar legte Kultusministerin Susanne Eisenmann erstmals eine eigene Modellrechnung für den Lehrkräftebedarf vor. Insgesamt sind für die beruflichen Schulen knapp 930 zusätzliche Stellen vorgesehen.

Am 20. Februar legte das Kultusministerium erstmals eine eigene Modellrechnung für den Lehrkräftebedarf an den baden-württembergischen Schulen für den Zeitraum 2020 bis 2030 vor. Insgesamt benötigt das Land 10.600 zusätzliche Stellen, die zum großen Teil längst beschlossen sind. 5.800 Stellen aufgrund der wieder steigenden Schülerzahlen – und weitere 4.800 Stellen für bildungspolitische Maßnahmen. Kultusministerin Susanne Eisenmann reagiert damit auf den zunehmenden Lehrkräftemangel und auf die wachsende Kritik an kurzatmigen Maßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften. Sie bestätigt damit weitgehend die von der GEW Anfang Februar vorgelegten Zahlen.

Die GEW hat in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert, dass an den beruflichen Schulen – trotz eines weiterhin bestehenden strukturellen Unterrichtsdefizites und einer weiter wachsenden Bugwelle – Stellen abgebaut wurden. Mit der jetzt vorgelegten Planung setzt sich das Ministerium erstmals das Ziel, das Unterrichtsdefizit bis 2025 abzubauen. Außerdem sollen zusätzlich 60 Stellen für den Abbau der Bugwelle geschaffen werden. Insgesamt sind für die beruflichen Schulen knapp 930 zusätzliche Stellen vorgesehen.

Die Lehrkräfte an den beruflichen Schulen profitieren aber auch an anderer Stelle, wenn dieses Konzept umgesetzt wird. So will das Kultusministerium über alle Schularten hinweg im Jahr 2022 316 Stellen für die Entlastung der Schulleitungen und im Jahr 2023 230 Stellen für die Rücknahme der Kürzung des allgemeinen Entlastungskontingentes schaffen. Zwischen 2026 und 2028 soll zudem die Lehrkräftereserve (Vertretungen) um 334 Stellen erhöht werden. Ein Teil dieser Stellen wird dann auch an die beruflichen Schulen gehen. Darüber hinaus sollen die 1.165 Stellen für die Beschulung von Geflüchteten, die bislang immer nur für ein Jahr genehmigt wurden, bis 2030 verlängert werden. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Lehrkräfte oft nur befristet eingestellt wurden.

Die zusätzlichen Stellen sichern nicht nur die Qualität der beruflichen Schulen. Der Abbau des Unterrichtsdefizits und der Aufbau der Krankheitsreserve bedeuten für die Lehrkräfte weniger Mehrarbeit. Auch zusätzliche Anrechnungsstunden bringen Entlastung. Die GEW begrüßt deshalb den Vorschlag, 10.600 zusätzliche Stellen zu schaffen.

Stellenplan umsetzen und Stellen besetzen

Klar muss aber jetzt sein: Diese Stellen müssen in den kommenden Jahren auch geschaffen werden. Der erste Schritt hat im kommenden Doppelhaushalt 2020/21 zu erfolgen, der im laufenden Jahr aufgestellt und verabschiedet wird.

Und klar muss vor allem eines sein: Diese Stellen müssen in den kommenden Jahren dann auch besetzt werden können. Deputate, die nur auf dem Papier bestehen, nützen weder den Schulen noch den Kolleginnen und Kollegen.

Auch in Baden-Württemberg besteht an den beruflichen Schulen ein eklatanter Bewerbermangel, insbesondere in den berufsbezogenen Fächern Gewerbe. Das von der Kultusministerin vorgelegte Bedarfskonzept kommt zu dem Ergebnis, dass bei den beruflichen Schulen jährlich zwischen 100 und 350 Bewerber/innen fehlen werden (insgesamt 2.150). Die beruflichen Schulen können zwar bei der Einstellung auf Bewerber/innen des Gymnasiums und auf Direkteinsteiger zurückgreifen – das alleine wird jedoch nicht ausreichen.

Wer das Problem des Lehrkräftemangels angehen will, hat zu unterlassen, Beschäftigte vornehmlich als Sparpotential zu betrachten. Im Gegenteil: Es gilt, den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten. Die GEW hat in den vergangenen Wochen dazu Vorschläge gemacht:

  • übertarifliche Zulagen für Direkteinsteiger/innen und die Einführung der Baden-Württemberg-Zulage für Tarifbeschäftigte,
  • die Ausweitung der Kapazitäten an Studienplätzen in den Mangelfächern und
  • frühzeitige Bindung von Referendar/innen: Einstellung und Bezahlung von Junglehrer/innen direkt nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes.

Als Sofortmaßnahme gegen den Lehrermangel schlägt die GEW eine Erhöhung der Altersermäßigung vor, da nur jede vierte Lehrkraft bis zur gesetzlichen Altersgrenze arbeitet. Diese Maßnahme wäre für viele Kolleg/innen ein Anreiz, nicht vorzeitig in Pension zu gehen und entlastet die Bewerbersituation.

Kontakt
Magdalena Wille
GEW-Referentin Berufliche Bildung und Weiterbildung