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Fachgruppe Gymnasien

Abiturprüfungen 2021 durchführen – aber wie?

Bei den Abiturprüfung 2021 sehen sich Schüler*innen und Lehrkräfte pandemiebedingt vor besondere Herausforderungen gestellt. Die Fachgruppe Gymnasien informiert über den aktuellen Sachstand und formuliert Forderungen.

Karikatur von Thomas Plaßmann

In einer Videoschalte am 21. Januar 2021 hat sich die Konferenz der Kultusminister*innen auf Eckpunkte zur Durchführung der Abiturprüfung 2021 geeinigt.

Darunter finden sich Beschlüsse, die die Fachgruppe Gymnasien ohne Einschränkungen begrüßt:

  • Das Abitur 2021 wird von allen Bundesländern gegenseitig anerkannt und als gleichwertig zu früheren und zukünftigen Abiturjahrgängen erklärt.
  • Die Länder können den Abiturient*innen die Möglichkeit eröffnen, das laufende Schuljahr zu wiederholen, ohne dass dieses auf die Verweildauer in der gymnasialen Oberstufe angerechnet wird.

Des Weiteren billigt die KMK einige organisatorische Einzelmaßnahmen, die die Spielräume für die Durchführung der Abiturprüfung unter Pandemiebedingungen erhöhen sollen: Verschiebung der Prüfungstermine, Erhöhung der Anzahl der Prüfungsaufgaben und der Auswahlmöglichkeiten (inklusive gegebenenfalls einem Zeitzuschlag von 30 Minuten bei der Bearbeitungszeit) sowie die Reduktion der Anzahl der sonstigen Pflichtklausuren.

In dieser Richtung hat sich auch das Kultusministerium in Baden-Württemberg frühzeitig festgelegt: Der Termin der Abiturprüfung wurde um 3-4 Wochen nach hinten verschoben. Außerdem sollen den Fachlehrkräften zusätzliche Prüfungsaufgaben zur Auswahl gestellt werden, um eine bessere Passung zum tatsächlich stattgefundenen Unterricht sicherzustellen.

Für die schriftlichen Prüfungen wird erneut das vereinfachte Korrekturverfahren aus dem letzten Jahr zur Anwendung kommen.

Eine freiwillige Wiederholung der Jahrgangsstufe 2 ist in Baden-Württemberg bei Nichtzulassung bzw. im Falle des Nichtbestehens der Prüfung möglich, oder aber wenn der/die Abiturient*in sich dazu bereits vor Beginn der Abiturprüfungen entscheidet.

Am 18. Februar hat das KM angesichts der unübersichtlichen Pandemielage noch einmal nachgelegt: Es soll für die schriftlichen Abiturprüfungen zusätzlich ein Zeitzuschlag von jeweils 30 Minuten (bei Klausuren mit mindestens dreistündiger Dauer) bzw. 15 Minuten (bei kürzeren Klausuren) gewährt werden. Außerdem dürfen die Abiturient*innen auch den Nachtermin im Juni wählen, allerdings verbunden mit dem Risiko, erst im September nachschreiben zu dürfen, falls sie dann eine Klausur verpassen. Von dem Angebot, dass der planmäßige Unterricht zwei Wochen vor den schriftlichen Prüfungen zu Gunsten der Prüfungsvorbereitung ausgesetzt oder angepasst werden darf, sind die Gymnasien unverständlicherweise ausgeschlossen.

Die GEW-Fachgruppe Gymnasien erhebt darüber hinaus weitere Forderungen:

  • Gesundheitsschutz für Lehrkräfte und Schüler*innen hat oberste Priorität: Alle Prüfungsteile können nur dann durchgeführt werden, wenn die notwendigen Hygieneregeln uneingeschränkt eingehalten werden.
  • Verlässliche Planbarkeit ermöglichen: Bei der Durchführung der Abiturprüfung darf es zu keinen pandemiebedingten Kurzfrist-Entscheidungen kommen. Spätestens vor den Osterferien muss verbindlich festgestellt werden, ob die schriftliche Abiturprü-fung wie geplant durchgeführt werden kann und unter welchen Kriterien Alternativen beschritten werden.
  • Chancengerechtigkeit statt Gleichmacherei: Individuelle Schieflagen, die ursächlich eindeutig auf die Pandemiesituation zurückzuführen sind, müssen bei der Durchführung und Bewertung der Abiturprüfungen sowie bei weiteren für die Gesamtqualifikation relevanten Leistungsmessungen adäquat berücksichtigt werden können.

Die KMK hat zu Recht als Ziel formuliert, dass den diesjährigen Abiturient*innen durch die aktuelle Ausnahmesituation keine Nachteile erwachsen dürfen. Dieses wichtige und richtige Ziel lässt sich aber nur dadurch erreichen, dass bei der Leistungsbewertung die tatsächliche Lernsituation im Verlauf der Kursstufe mit Augenmaß berücksichtigt werden kann. Denn es gibt auch innerhalb des Landes große inzidenz- und quarantänebedingte Unterschiede in der Frage, wie viel Lernzeit im Verlauf der Kursstufe entfallen musste und wie effektiv die Fernlernphasen organisiert werden konnten.

  •  Prüfungsbedingungen anpassen: Das vereinfachte Korrekturverfahren eröffnet bei der schriftlichen Abiturprüfung Spielräume für die Lehrkräfte. Auch eine erweiterte Möglichkeit für die Abiturient*innen zur Ausgabenauswahl kann ein probates Mittel darstellen, die Auswirkung verpasster Lernzeiten zumindest abzumildern. Die mündlichen Prüfungen im Juli sollten folgerichtig ebenfalls rein schulintern durchgeführt werden; in diesem Punkt hat das KM aktuell ein Entgegenkommen signalisiert.

Außerdem fordert die GEW nachdrücklich, dass die neue Null-Punkte-Regelung nicht zur Anwendung kommen darf. (Nach dieser Regelung führt eine Bewertung mit null Punkten in einem Prüfungsfach unabhängig von allen sonstigen Prüfungsergebnissen zum unabwendbaren Nichtbestehen der gesamten Prüfung. Baden-Württemberg geht damit als einziges Bundesland über die Abiturregelungen der KMK hinaus.)

Im Fall gravierender Leistungsabfälle gegenüber dem Notenbild der Kursstufe sollte den Absolvent*innen vielmehr ein individuelles Recht auf eine freiwillige Wiederholung der Abiturprüfung eingeräumt werden.

  • Landesinterne Prüfungsaufgaben reichen aus: Realitätsfremd erscheint es, dass die Kultusminister*innen der Länder auch für das diesjährige Abitur an der Auswahl von Aufgabenteilen aus dem IQB-Pool festhalten wollen. In dieser besonderen Ausnahmesituation brauchen die einzelnen Bundesländer vielmehr freie Hand, um durch eine passgenaue Formulierung der Prüfungsaufgaben der Vorbereitungssituation ihrer Abiturient*innen Rechnung zu tragen. Bundeseinheitliche Prüfungstermine lassen sich in diesem Jahrgang ohnehin nicht organisieren. Die Qualität der landeseinheitlichen Aufgabenstellungen wird durch die Bildungsstandards auf Bundesebene verlässlich gewährleistet.
  • Abiturergebnisse ergebnisoffen evaluieren: In Bezug auf die Gesamtqualifikation der Abiturprüfung befinden sich die Schüler*innen des aktuellen Abiturjahrgangs mittelbar in einer Konkurrenzsituation zu Abiturient*innen anderer Jahrgänge. Bei der Bewerbung um Studien- und Ausbildungsplätze konkurrieren die baden-württembergischen Abiturient*innen zudem mit Absolvent*innen aus anderen Bundesländern.Daher ist es in der aktuellen Situation besonders wichtig, die landesweiten Abiturergebnisse 2021 genau zu evaluieren. Sollte sich herausstellen, dass diese im diachronen Vergleich signifikant abweichen, muss die Kultusverwaltung entsprechend nachsteuern.
  •  Arbeitsentlastung der Lehrkräfte voranbringen: Die Durchführung des Abiturs 2021 wird den Lehrkräften einen besonderen Einsatz abverlangen und kann (je nach Pandemielage) zu gravierenden zusätzlichen Arbeitsbelastungen führen. Das gilt besonders für die mündlichen Prüfungen, die in neuen, aufwändigeren Formaten, stärker reglementiert und in deutlich erhöhter Anzahl abgenommen werden müssen. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Personalvertretungen müssen Kultusverwaltung und Schulleitungen vor Ort bedarfsgerecht für Entlastung sorgen, Korrekturtage ausweiten und gegebenenfalls sonstigen Unterricht umplanen, um den betroffenen Lehrkräften die ordnungsgemäße Durchführung der diesjährigen Abiturprüfungen unter Coronabedingungen zu ermöglichen.

Bitte meldet uns auftretende Probleme und Fragestellungen weiterhin gerne zurück. Gerade jetzt müssen wir besonders aufeinander Acht geben!

Kontakt
Markus Riese
Vorsitzender Fachgruppe Gymnasien, Mitglied im HPR
Kontakt
Barbara Becker
Mitglied im Hauptpersonalrat Gymnasien