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Agieren statt reagieren

Die GEW hat es geschafft, ein Bündnis aus Gewerkschaften, Arbeitgeber-, und Interessenverbänden, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden zu bilden, das jetzt mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) Veränderungen in der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) verhandelt. Impuls für Veränderungen war eine neue EU-Vergaberichtlinie für die Aus- und Weiterbildung.

Die Zeit drängt, denn diese EU-Richtlinie muss von den europäischen Nationalstaaten verpflichtend bis zum 18.04.2016 umgesetzt werden. Mit der VOL werden neben anderen Bereichen auch Mittel für die Vergabe vom Arbeitsmarktdienstleistungen nach SGB II/III durch die BA verteilt. Hierbei handelt es sich um Gelder für geförderte Weiterbildung, darunter fallen zum Beispiel Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung. Die Träger der Maßnahmen bewerben sich in einem Ausschreibungsverfahren. Dieses System ist für die Beschaffung von personenbezogenen Dienstleistungen ungeeignet. Anders als bei Bauleistungen, wo Normen die Qualität garantieren oder bei fertigen Produkten, die verglichen werden können, kann der Erfolg der Arbeitsmarktdienstleistungen frühestens am Ende einer Maßnahme, meistens sogar erst im Laufe der Folgemonate festgestellt werden.

Ruinöser Wettbewerb und Überlebenskampf der Träger

Da Qualitätskriterien bislang nicht als wesentliches Vergabekriterium herangezogen wurden, werden die Maßnahmen vorwiegend an den günstigsten Anbieter vergeben. Dies bedeutet in der Regel prekäre Beschäftigungsverhältnisse für die Arbeitnehmer/innen: befristete Arbeitsverträge und schlecht bezahlte Honorartätigkeit. Dieser Preiswettbewerb insbesondere in den Bereichen berufliche Bildung, Übergang Schule-Beruf und Beschäftigung/Qualifizierung stellt Einrichtungen vor die Wahl, Arbeitsbereiche ganz aufzugeben oder auszulagern.

Der steinige Weg zu Qualität und fairen Arbeitsbedingungen

Mit der Einführung der neuen europäischen Richtlinie zur Modernisierung aller nationalen Vergaberechtssysteme ergibt sich ein Zeitfenster, um gemeinsame Möglichkeiten für deutliche Verbesserungen im Bereich der sozialen Arbeitsmarktdienstleistungen zu erreichen. Zum einen erarbeitet das Bündnis Gestaltungsvorschläge zum Qualitätsmanagement in der beruflichen Weiterbildung, verbunden mit der Forderung, dass Entscheidungen über den Zuschlag nicht mehr allein auf der Grundlage des Preises erfolgen dürfen. Zweitens liegt das Augenmerk auf den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Hier ist das wichtigste Zwischenergebnis, dass laut Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nun die Möglichkeit besteht, einen Tarifvertrag einzuführen. „Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten […], die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag […] verbindlich vorgegeben werden.“ (§128 GWB, Abs. 1) Dass diese Passage, die tarifliche Regelungen zum Vergabekriterium macht, nun im Gesetz steht, ist ein großer Erfolg der GEW. Damit ein Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt werden kann, muss allerdings ein solcher existieren. GEW und Verdi haben zwar mit dem Bundesverband der Beruflichen Bildung (BBB) einen Mindestlohntarifvertrag vereinbart. Was bisher fehlt, ist ein Tarifvertrag, der die wesentlichen Elemente wie Arbeitszeit, Vor und Nachbereitungszeiten, Urlaubsanspruch, Erweiterung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Anspruch auf Fort- und Weiterbildung, Tätigkeitsmerkmale und Entgelttabellen regelt. Die Forderungen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber liegen noch sehr weit auseinander. Die neue Rechtslage könnte dazu beitragen, dass die Tarifverhandlungen forciert werden.

Organisiert euch!

 In den Tarifverhandlungen mit dem BBB werden GEW und Verdi nun umgehend versuchen, einen solchen Branchentarifvertrag abzuschließen, der dann für allgemeinverbindlich erklärt werden könnte. Der Vorsitzende des BBB, Thiemo Fojkar, sicherte anlässlich der GEW-Fachtagung Mitte März zu, sein Bestes zu tun, die im BBB zusammengeschlossenen Träger dazu zu bewegen, den Gewerkschaften entgegenzukommen. Voraussetzung für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist allerdings, dass von einem solchen Tarifvertrag die Mehrheit der Träger und der Beschäftigten erfasst werden. Hier gibt es auch für die GEW noch einiges zu tun, um den Organisationsgrad in diesem sehr herausfordernden Feld deutlich zu erhöhen.

Kontakt
Magdalena Wille
Referentin für Berufliche Bildung und Weiterbildung
Telefon:  0711 21030-21
Mobil:  0160 90565239