Alter Wein in neuen Schläuchen
Das 70-Stunden-Kontingent "per Handschlag" hat sich bewährt. Diese pragmatische Verwaltungspraxis sollte unverändert beibehalten werden.
Die Checkliste ist dem aktuellen GEW-Jahrbuch entnommen. Sie kann unter Downloads heruntergeladen und, bei Bedarf, ausgedruckt werden. So haben Schulleitungen und Lehrkräfte die wichtigsten Termine und Fristen immer im Blick.
Das GEW-Jahrbuch ist seit vielen Jahren das unbestrittene Standardwerk zum Schul- und Dienstrecht in Baden-Württemberg, das auf keinem Schreibtisch fehlen darf. Es enthält nicht nur alle einschlägigen Gesetzestexte und Vorschriften, sondern diese sind auch fundiert kommentiert. Durch die jährliche Neuauflage ist das GEW-Jahrbuch immer auf dem neuesten Stand.
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Ende 2023 wurden die Schulen über eine Ausweitung des Zeitkontingents informiert. Insbesondere der Hinweis, dass der Beschäftigungsumfang pro Woche auf 8 Stunden begrenzt ist, hat allerdings Kritik hervorgerufen. Was steckt dahinter?
Seit der Einführung der Verlässlichen Grundschule im Schuljahr 2000/2001 haben Grundschulen die Möglichkeit so genannte „Handschlaglehrkräfte“ zu beschäftigen. Das bedeutet, dass Schulleitungen zum Beispiel beurlaubte und pensionierte Kolleg*innen als Vertretungslehrkraft einsetzen können – ohne Vertrag, quasi nur per Handschlag. So sollen vor allem kurzfristige Unterrichtsausfälle vermieden werden. Die Schulen erhalten dafür ein Zeitkontingent von 70 Stunden pro Schuljahr. Die Beschäftigung erfolgt dabei im Rahmen der Übungsleiterpauschale“. Das heißt, die Vergütung ist gemäß Einkommenssteuergesetz (§3, Nr. 26) steuerfrei, soweit der Freibetrag (aktuell 3000 €) nicht überschritten wird.
Zugleich entfällt unter diesen Voraussetzungen auch die Sozialversicherungspflicht. Insgesamt haben die Schulen gute Erfahrungen damit gemacht und Schulleitungen können häufig vor allem auf vertraute Pensionär*innen zurückgreifen.
Auch wenn dieses Instrument der Sekundarstufe I schon seit dem Schuljahr 2020/ 2021 grundsätzlich zur Verfügung stand, wurde zum Schuljahr 2023/2024 weitere Anpassungen vorgenommen. Künftig können die Schulen der Sekundarstufe I sowie die SBBZen unter den gleichen Rahmenbedingungen wie es an den Grundschulen bisher möglich war, auf dieses Zeitkontingent zugreifen. Dazu wurde den Schulen eine aktualisierte Handreichung zugeschickt.Dort steht jedoch nun explizit, dass die Vertretungslehrkräfte nicht mehr als 8 Stunden pro Woche eingesetzt werden dürfen. Nur bei Einhaltung der Stundenvorgaben könne demnach sichergestellt werden, dass der Freibetrag ohne Abzüge ausbezahlt wird. Dies hat bei vielen Schulleiter*innen zu Irritationen geführt. Denn in Absprache mit den Staatlichen Schulämtern hat sich in der Vergangenheit diesbezüglich eine äußerst pragmatische Verwaltungspraxis etabliert, um auf die konkreten Bedarfe der Schule angemessen reagieren zu können.
Letztlich ist es aber wie bei dem Sprichwort vom neuen Wein in alten Schläuchen: Die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen haben sich nicht geändert. Nur künftig können auch die Schulen der Sekundarstufe I sowie die SBBZen unter den gleichen Rahmenbedingungen auf das Zeitkontingent zugreifen.Klar ist dennoch, dass das eigentliche Problem dadurch nicht gelöst ist. Denn wirklich hilfreich ist das Instrument für die Schulen nur, wenn sie das Zeitkontingent wie in bislang bewährten Verfahren einsetzen können. Aus Sicht der GEW müssten in der Konsequenz bei den Stundenvorgaben aber endlich klare Regelungen getroffen werden, die für mehr Flexibilität sorgen.
Am Beispiel der Sekundarstufe könnte das bedeuten, dass die 90 Stunden, die im Kalenderjahr (!) zur Verfügung stehen, so eingesetzt werden können, dass in einer Schulwoche 16 Stunden vertreten werden können, während in einer anderen Woche keine Vertretung anfällt – faktisch also durchschnittlich 8 Stunden nicht überschritten werden. Zudem müssten die Schulen bei der Überwachung des Zeitkontingents besser unterstützt werden. Auch weitere bürokratische Hürden könnten – auch im Interesse der Kolleg*innen, die bereit sind als Vertretung einzuspringen – abgebaut werden. Das betrifft zum Beispiel das Führungszeugnis – dies müsste in vielen Fällen bereits vorliegen.
Abschließend steht für die GEW aber fest, dass die bestehenden Zeitkontingente bei Weitem nicht ausreichen. Unabhängig von Steuerrecht und Sozialversicherungspflicht könnte das Kultusministerium hier aktiv handeln und die jeweiligen Kontingente der Schularten deutlich erhöhen.