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TVöD-Warnstreiks als letzte Warnung

Arbeitgeber*innen können unbefristete Streiks verhindern – mit gutem Angebot

Mehr als 16.000 Streikende sind im ganzen Land auf die Straße gegangen, um für einen besseren öffentlichen Dienst zu kämpfen – darunter zahlreiche Beschäftigte aus dem Sozial- und Erziehungsdienst. Alleine in Stuttgart waren es rund 7.000 Menschen.

An den Warnstreiks heute in Baden-Württemberg haben sich über 16.000 Beschäftigte aus dem kommunalen Dienst beteiligt, darunter sehr viele Beschäftigte aus dem Sozial- und Erziehungsdienst. Schwerpunkt der Streiks waren Stuttgart, Karlsruhe, Konstanz und Friedrichshafen, Reutlingen sowie jeweils die umliegenden Regionen. Alleine an der Kundgebung auf dem Schlossplatz in Stuttgart nahmen 7.000 Menschen teil. In den anderen Städten war die Beteiligung an den Kundgebungen ebenfalls deutlich höher als erwartet.

„Es ist Druck im Kessel. Die Streikbeteiligung toppt nochmals die Vorwochen. Es freut mich, dass auch sehr viele Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen mit ihren Kolleg*innen aus den anderen Bereichen des kommunalen Dienstes für unsere Forderung streiken. Die Warnstreiks sind eine letzte Warnung an die Arbeitgeber*innen. Nächste Woche haben sie es in Potsdam in der Hand, mit uns eine gute Einigung zu verhandeln und damit längerfristige Streiks zu verhindern. Dass die Beschäftigten keine Angst vor einem unbefristeten Streik haben, sollte ihnen langsam aufgehen“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein in Stuttgart.

In den nächsten beiden Tagen rufen die Gewerkschaften zu weiteren regionalen Warnstreiks auf. Am Donnerstag (23. März) finden Kundgebungen in Heilbronn (Kiliansplatz, 11:15 Uhr), in Freiburg (Platz der Alten Synagoge, 11 Uhr), Esslingen (Marktplatz, 11 Uhr) und Ulm (Münsterplatz, 10:30 Uhr) statt. Am Freitag (24. März) findet eine Kundgebung in Mannheim (Alter Meßplatz, 10:30 Uhr) statt.

In der Tarifrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen fordern die Gewerkschaften monatlich 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Für Auszubildende und Praktikant*innen sowie dual Studierende wollen sie monatlich 200 Euro mehr durchsetzen. Außerdem soll tariflich geregelt werden, dass Auszubildende nach der Ausbildung unbefristet übernommen werden. Weil die Tarifverträge zur Altersteilzeit am 31. Dezember 2022 ausgelaufen sind, wollen die Gewerkschaften auch die tariflichen Regelungen zur Altersteilzeit verlängern.

Dritte Verhandlungsrunde ist für 27. bis 29. März angesetzt

Die Arbeitgeber haben am 23. Februar 2023 ein erstes Angebot vorgelegt. Nach neun Nullmonaten soll es drei Prozent ab dem 1. Oktober 2023 und weitere zwei Prozent ab dem 1. Juni 2024 geben. Bei einer Laufzeit bis 31. März 2025. Ebenfalls enthält das Angebot zwei steuerfreie Einmalzahlungen: 1.500 Euro ab Mai 2023, weitere 1.000 Euro ab Januar 2024. Das Angebot haben die Gewerkschaften als inakzeptabel abgelehnt, da es bei der anhaltend hohen Teuerungsrate von über acht Prozent eine massive reale Lohnkürzung bedeutet.

Bisher fanden zwei Verhandlungsrunden am 24. Januar und am 22. und 23. Februar statt. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 27. bis 29. März 2023 terminiert. Die Verhandlungen finden in Potsdam statt. Verdi leitet dort die Verhandlungen für die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Die Gewerkschaften verhandeln bundesweit für rund 2,5 Millionen Beschäftigte. Im Organisationsbereich der GEW wird für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst verhandelt, beispielsweise für Erzieher*innen sowie Sozialarbeiter*innen. Im Sozial- und Erziehungsdienst arbeiten vor allem Frauen. Sie stellen über 80 Prozent der Beschäftigten. Im Kita-Bereich sind sogar 94 Prozent der Beschäftigten weiblich.

Tarifrunde betrifft auch Beschäftigte bei freien und kirchlichen Trägern

In Baden-Württemberg arbeiten 236.000 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Darunter sind viele pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, in der Schulkindbetreuung, der Sozialarbeit und der Behindertenhilfe. Alleine in der frühkindlichen Bildung arbeiten rund 45.000 Beschäftigte direkt in kommunalen Einrichtungen.

Die Tarifrunde reicht weit über die Kommunen hinaus. Sie betrifft auch viele Beschäftigte bei den freien und kirchlichen Trägern. Sie haben in Baden-Württemberg eine große Bedeutung, weil sie den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) direkt anwenden oder sich ihre Gehälter und Arbeitsbedingungen zumindest indirekt am TVöD orientieren. So arbeiten allein in den Kitas von kirchlichen und freien Trägern knapp 60.000 Beschäftigte. Darüber hinaus sind direkt oder indirekt in Baden-Württemberg weitere 32.000 Beschäftigte in sozialen Diensten und Einrichtungen von den Verhandlungen betroffen.

Bedarf an Erzieher*innen steigt weiter

Es geht in der Tarifrunde um einen Ausgleich zur Bewältigung der Inflation, aber auch darum, den öffentlichen Dienst zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen und mit einem guten Gehaltsabschluss einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel zu leisten. Laut einer Prognose der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2021 fehlen alleine für eine kindgerechte Personalausstattung bei gleichzeitigem Kitaplatzausbau bis 2030 bundesweit mehr als 230.000 Erzieher*innen.

So steigt auch der Bedarf an Erzieher*innen in Baden-Württemberg weiter. Die aktuellen Ausbildungszahlen reichen nur, um den Ersatzbedarf bis 2025 zu decken, aber nicht, um das zusätzliche Personal für den dringend notwendigen weiteren Ausbau des Kita-Angebots zu gewinnen. Bis 2025 werden 40.000 Erzieher*innen fehlen, schätzt auch der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS).

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Landesgeschäftsführer, Pressesprecher
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