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Grundschulen im Leistungsvergleich

Auf der Suche nach Verantwortlichen

Die Ergebnisse der jüngsten IQB-Studie zeigen dass die Leistungen der Schüler*innen in den Grundschulen möglichst schnell besser werden müssen. Aber wie? Die GEW hat sich mit Bernd Sitzler, Referatsleiter Grundschule im KM, ausgetauscht.

von links nach rechts: Monika Stein, Bernd Sitzler, Corinna Blume, Barbara Bürgy und Ricarda Kaiser
von links nach rechts: Monika Stein, Bernd Sitzler, Corinna Blume, Barbara Bürgy und Ricarda Kaiser

Wer und was ist für die im Bundesvergleich schlechter werdenden Leistungen der Grundschüler*innen verantwortlich? Diese Frage richtet sich oft vor allem an Lehrkräfte. Auch politisch Verantwortliche suchen Ursachen in der fehlenden pädagogischen und fachlichen Umsetzung des Bildungsplans. Also auch bei den Lehrkräften. Bei dieser Einschätzung geht die GEW nicht mit.

Im Dezember waren Monika Stein (GEW-Landesvorsitzende), Ricarda Kaiser (stellvertretende GEW-Landesvorsitzende), Corinna Blume und Barbara Bürgy (beide Vorsitzende der Landesfachgruppe Grundschulen) zu Besuch bei Bernd Sitzler. In einem offenen und konstruktiven Gespräch ging es zunächst darum, dem Referatsleiter im Kultusministerium (KM) die Aufgabendichte der Grundschullehrkräfte, die Auswirkungen des Lehrkräftemangels, die Folgen der Corona-Pandemie, die vollen Vorbereitungsklassen und andere Herausforderungen der täglichen Arbeit vor Augen zu führen.

Lösungsansätze und Unterstützungsmöglichkeiten wurden ebenso erörtert. Bernd Sitzler berichtete über die aktuellen Modell- und Unterstützungsprojekte des Kultusministeriums. Dazu gehören bereits bekannte Vorhaben wie die sozialindexbasierte Ressourcenzuweisung, das Projekt STARKE BASIS oder die Einführung weiterer zentraler standardisierter Lernstandserhebungen in Klasse 2 und 4. Neue Instrumente werden derzeit erprobt. Dazu gehören beispielsweise Arbeiten in Klasse 4, die Lehrkräfte bei der Beratung der Eltern im Aufnahmeverfahren in die weiterführenden Schulen unterstützen soll. Auch im Rahmen der sozialindexbasierte Ressourcenzuweisung sind bereits Modellprojekte installiert, die nach und nach landesweit ausgeweitet werden sollen.

An Projekten und Messinstrumenten fehlt es nicht. Im Gegenteil, es ist eher schwierig, bei all der Dynamik beim Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), IBBW oder dem KM den Überblick zu behalten und die Zusammenhänge der einzelnen Maßnahmen nicht zu verlieren. Die GEW unterstützt Entwicklungen, wenn sie zur Qualitätsentwicklung, Bildungsgerechtigkeit und zur Entlastung der Kolleg*innen beitragen.

Die GEW-Vertreterinnen haben aber sehr klar geäußert, dass es ohne personelle Unterstützung schlicht nicht geht. Zunehmend würden Lehrer*innen versuchen, ihren Beschäftigungsumfang zu reduzieren, weil sie der Belastung nicht mehr standhalten. Es sei undenkbar und vor allem nicht zielführend, in der sehr angespannten Situation weitere Anforderung obendrauf zu packen.

Unveränderte Ausstattung

Bei der Ausstattung herrscht in den Grundschulen seit Jahren Stillstand. Fast überall, nur nicht in den Grundschulen, haben sich in den vergangenen Jahren die Ausstattung mit Poolstunden zur Differenzierung und Förderung der Schüler*innen sukzessive etabliert. Monika Stein ließ keine Zweifel offen: „Wenn wir nicht strukturell umsteuern, die frühkindliche Bildung und den Primarbereich nicht besser ausstatten, wird es keine Verbesserungen in den Leistungen der Grundschüler*innen geben.“

Daran wären aber alle interessiert. Es gibt ein gesellschaftliches Interesse und gemeinhin auch einen politischen Konsens darüber, allen Kindern und Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, die bestmöglichen Bildungschancen zu ermöglichen. Bildungsforscher*innen unterstützen die Forderung nach mehr Investitionen in die frühe Bildung. Es gibt also kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem.

Ebenso muss das Grundschullehramt aufgewertet und attraktiver gemacht werden, um Lehrkräfte für diese wichtige Arbeit zu begeistern. Die Beförderung nach A 13 beziehungsweise E 13 sind nach den Entwicklungen in unseren Nachbarbundesländern unerlässlich.

„Die Lehrkräfte mit zusätzlichen Anforderungen in die Verantwortung zu nehmen, wird das Problem nicht lösen!“

Aus Sicht der GEW ist der Lehrkräftemangel die Hauptursache für das unbefriedigende Abschneiden der Grundschulen in Baden-Württemberg bei den Ergebnissen der IQB-Studie. Die Lehrkräfte mit zusätzlichen Anforderungen in die Verantwortung zu nehmen, wird das Problem nicht lösen!

Bernd Sitzler hat sich die Zeit für einen intensiven Austausch mit der GEW genommen und nimmt unsere Anregungen mit. Etwas ändern können nur die politischen Entscheidungsträger*innen. Es wird dringend Zeit, mutige Entscheidungen für die Aufwertung der Grundschulbildung zu treffen. Die GEW sorgt dafür, dass sich kein Verantwortlicher und keine Verantwortliche mehr sagen kann, sie hätten nicht gewusst, wie sehr die Grundschulen am Limit arbeiten.

Kontakt
Ute Kratzmeier
Referentin für allgemeinbildende Schulen
Telefon:  0711 21030-25
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