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Arbeitszeiterfassung

Aus der Pflicht eine Chance machen

Es führt kein Weg daran vorbei: Über kurz oder lang müssen alle Beschäftigten ihre Arbeitszeit erfassen. Die GEW sieht darin Chancen. Das Kultusministerium will die Einführung hinauszögern und verweist auf das ausstehende neue Arbeitszeitgesetz.

Foto: Shutterstock/GEW

Ja, was ist denn nun mit der Arbeitszeiterfassung? Haben die Gerichte nicht klargestellt, dass die Arbeitszeit von Beschäftigten erfasst werden muss? Und gilt das nicht auch für die Lehrkräfte? Aber warum handelt das baden-württembergische Kultusministerium nicht? Wollte der Bundesarbeitsminister nicht ein Gesetz zur Arbeitszeit erlassen? Ja, und was will eigentlich die GEW?

Berechtigte Fragen, die nach Antworten suchen.

EuGH und BAG mit eindeutigen Urteilen

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung sind klar und eindeutig. Der EuGH hat 2019 den Mitgliedsländern ins Pflichtenheft geschrieben, dafür zu sorgen, dass Beschäftigte die Arbeitszeitvorschriften einhalten können. Arbeitgeber seien deshalb dazu verpflichtet, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten. Ohne vollständige Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit seien die Schutzrechte der EU-Arbeitszeitrichtlinie (Höchstarbeitszeiten, Ruhe- und Pausenseiten) von 2003 ein zahnloser Tiger.

Die Entscheidung des EuGH wurde von der GEW und den anderen Gewerkschaften begrüßt. Dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch für Arbeitgeber in Deutschland gilt, unterstrich das BAG mit einem Urteil im Sommer 2022. Dort stellte das BAG außerdem klar, dass die Einführung und Ausgestaltung von Arbeitszeiterfassungssystemen mitbestimmungspflichtig sind und nicht ohne die betrieblichen Interessenvertretungen umgesetzt werden können. Auslöser für das Urteil war eine Klage eines Betriebsrats, der die Einführung der Arbeitszeiterfassung durchsetzen wollte.

Auch angetrieben durch das BAG-Urteil legte das Bundesarbeitsministerium im Frühjahr 2023 einen Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitszeitgesetzes vor, um dieses an die Rechtsprechung des EuGH anzupassen. Seither liegt das Projekt allerdings auf Eis, was wahrscheinlich weniger an der Kritik liegt, als an anderen Baustellen der Ampelregierung, die aktuell als vorrangiger erachtet werden. Wichtig ist: die Urteile des BAG und des EuGH entfalten vollumfänglich Wirkung und sind höherrangiger als die bestehenden Gesetze. Daran erinnerte auch die Präsidentin des BAG, als sie im Zug der Diskussion um die Auslegung der BAG-Entscheidung Anfang 2023 daran erinnerte, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland bestehe – unabhängig von der geplanten Änderung des Bundesarbeitszeitgesetzes.

Und was ist mit den Lehrkräften?

Für die Lehrkräfte gilt keine Ausnahme von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Die Pflicht besteht für tarifbeschäftigte Lehrkräfte und für verbeamtete Lehrkräfte. Beamt*innen gelten dabei grundsätzlich im Sinne der EU-Richtlinien gleichermaßen wie Arbeitnehmer*innen als Beschäftigte, für die die Vorgaben der Richtlinie gelten.

Zweifel wurden sowohl vom Bundesarbeitsministerium als auch von einem Gutachten für das sächsische Kultusministerium im Sommer 2023 von Prof. Dr. Burkhard Boemke verworfen.

Das sind die Fakten:

  • Die Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie der Pausen ist seit 2019 europaweit Pflicht. Dies ist eine Maßnahme zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
  • Die elektronische Erfassung ist kein zusätzlicher Aufwand.
  • Für Lehrkräfte gibt es keine Ausnahmeregelung.
  • Das Kultusministerium sitzt das Thema aus, denn bisher werden noch keine Bußgelder bei Nichtumsetzung auferlegt.
  • Die GEW fordert die sofortige Umsetzung.

Rechtlicher Rahmen und aktuelle Regelungen

Für alle baden-württembergischen Lehrkräfte – Beamt*innen und per Verweisung aus dem Tarifvertrag der Länder auch die Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis – gilt:

  • Die wöchentliche Arbeitszeit der Lehrkräfte beträgt 41 Stunden por Woche.
  • In einem Zeitraum von einem Jahr darf die Arbeitszeit in keiner Woche 55 Stunden überschreiten.
  • Die tägliche Arbeitszeit (täglich heißt hier: an jedem Tag, an dem man arbeitet) darf zehn Stunden nicht überschreiten, sofern nicht Mehrarbeit nach § 67 Abs. 3 LBG angeordnet oder genehmigt ist.
  • Spätestens nach einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden ist die Arbeit durch eine Pause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen; sie kann in zwei Zeitabschnitte aufgeteilt werden.
  • Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist eine Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden (Mindestruhezeit) sowie einmal innerhalb eines Siebentageszeitraums eine daran unmittelbar anschließende Ruhezeit von mindestens weiteren 24 Stunden zu gewähren.

Die Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung legt in § 2 das Deputat für die Schularten fest, in § 1 ist die Zeitdauer von Unterrichtsstunden definiert:

„(1) Die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung umfasst die Zahl der Unterrichtseinheiten mit je 45 Minuten, die vollbeschäftigte Lehrkräfte an öffentlichen Schulen im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten wöchentlich zu unterrichten haben. Beträgt die Dauer einer Unterrichtseinheit mehr oder weniger als 45 Minuten, verringert oder erhöht sich die Unterrichtsverpflichtung entsprechend.

(2)Unterrichtsähnliche Tätigkeiten werden in folgendem Umfang auf die Unterrichtsverpflichtung angerechnet:

  1. Bei einem Einsatz in Gruppen mit unterrichts-ähnlichem Angebot, für das eine Vor- und Nachbereitung wie für den Unterricht nach Absatz 1 erforderlich ist, wird für 45 Minuten einer solchen Einheit eine Wochenstunde auf die Unterrichtsverpflichtung angerechnet.
  2. Bei einem Einsatz in Gruppen mit unterrichts-ähnlichem Angebot, für das eine Vor- und Nachbereitung nur eingeschränkt erforderlich ist, wird für 1,5 dieser Einheiten mit je 45 Minuten eine Wochenstunde auf die Unterrichtsverpflichtung angerechnet.
  3. Bei einem Einsatz in Gruppen mit unterrichts-ähnlichem Angebot, für das keine oder nur eine geringfügige Vor- und Nachbereitung erforderlich ist, wird für zwei dieser Einheiten mit je 45 Minuten eine Wochenstunde auf die Unterrichtsverpflichtung angerechnet.“

Anmerkungen:

  • Absatz 1 enthält keinerlei Angaben darüber, wieviel Zeit für Vor- und Nachbereitung des „Regelunterrichts“ notwendig ist oder angerechnet werden darf.
  • Es in der Verordnung keinerlei Definition, was „unterrichtsähnliche“ Tätigkeiten sind. Hier wäre es Aufgabe jeder GLK einer jeden Schule, das was an dieser Schule angeboten ist entsprechend zu bewerten.

Aber die Landesregierung hat anlässlich der Einführung dieses Paragrafen in ihrer Begründung mitgeteilt: „Unterricht in diesem Sinne sind nicht nur lehrerzentrierte Unterrichtsformen, sondern auch individuelle und kooperative Lernformen, in denen Lehrkräfte als Lernbegleiter tätig werden. [...] Unter unterrichtsähnlichen Tätigkeiten sind häufig wiederkehrende Tätigkeiten zu verstehen, bei denen sich Lehrkräfte mit Schülerinnen und Schülern in unterrichtsähnlicher Form beschäftigen. Tätigkeiten wie beispielsweise die Betreuung von Referendaren oder Fortbildungen sind nicht hierunter zu fassen.“ (Quelle: Mitteilung der Landesregierung, Landtags-Drucksache 15/5183)

Arbeitszeiterfassung und Organisation der Arbeitszeit

In der Diskussion um die Arbeitszeit und deren Erfassung wird häufig die Frage aufgeworfen, ob dann nicht auch das Deputatsmodell zur Disposition steht. Das ist aber ein gedanklicher Kurzschluss. Die Arbeitszeiterfassung hat nichts mit der Frage der Organisation der Arbeit der Lehrkräfte zutun. Oder anders formuliert, um die Arbeitszeit zu erfassen, muss das Deputatsmodell nicht reformiert werden.

Ob eine Reform oder gar die Abschaffung des Deputatsmodells notwendig ist, wird zwar auch immer wieder diskutiert, hat aber im Kern nichts mit der Diskussion um die Erfassung der Arbeitszeit zu tun.

Eigentlich ist die Antwort einfach. Die Zeit, die Lehrkräfte für ihre Aufgaben benötigen beziehungsweise aufwenden, ist Arbeitszeit. Dennoch herrscht große Unsicherheit, welche Zeiten das den sind. Klar ist nur – und das bestätigen alle Studien zur Arbeitszeit der Lehrkräfte: Lehrkräfte arbeiten (und zwar unter Berücksichtigung der unterrichtsfreien Ferientage!) weit über dem Limit.

Zur Orientierung und zum besseren Verständnis, was die Arbeitszeit der Lehrkräfte umfasst, ist eine Einteilung der Arbeitszeit in drei Kategorien hilfreich.

I. Arbeitszeit von Lehrkräften für die Arbeit an der Schule:

  1. Wenn die Lehrkraft die Schule betritt, beginnt ihre Arbeitszeit am Arbeitsplatz Schule – egal, was sie dort tut!
  2. Innerhalb dieser Zeit an der Schule findet der Unterricht (in der Regel: Regeldeputat mal 45 Minuten) statt.
  3. Die Schülerpause ist eine organisatorische Unterbrechung des Schulalltags für Schüler*innen, aber sie ist für Lehrkräfte keine Pause im arbeitsrechtlichen Sinn.
  4. Erst wenn die Lehrkraft die Schule verlässt, endet ihre Arbeitszeit am Arbeitsplatz Schule.

Am Arbeitsort Schule finden beispielsweise statt:

  • Unterricht, unterrichtsähnliche Unterrichtsformen, Förderunterricht, AGs
  • Leitungsaufgaben, Aufgaben im Auftrag der Schulleitung im Rahmen der Schulorganisation (LmRW, Beratungstätigkeit, sonderpädagogische Diagnostik, Kooperationen)
  • Konferenzen, Dienstbesprechungen, Aufsichten, Prüfungen, Personalversammlungen
  • Durchführung von Aufgaben, für die es ggfls. Anrechnungen gibt (Lernmittelverwaltung, PC-Betreuung, Betreuung von Schulpraktikant*innen, Anwärter*innen und Referendar*innen, ...)
  • Gespräche mit Kolleg*innen, Schulleitung, Sekretariat, Hausmeisterdienst, Schüler*innen, Eltern, schulischen Kooperationspartnern, Schulsozialarbeiter*innen, Kita, Jugendamt
  • Telefonate mit oben genannten Beteiligten
  • Klassenleitungsaufgaben (Namensschilder anbringen, Material im Klassenzimmer pflegen, Klassenraum pflegen, Geld zählen, Klassenordner pflegen, ...)

Auch Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie Korrekturen können am Arbeitsort Schule erledigt werden.

II. Arbeitszeit von Lehrkräften für die Arbeit außerhalb der Schule (deren zeitliche Lage Lehrkräfte nicht alleine festlegen können):

  1. Hier beginnt die Arbeitszeit ab dem Zeitpunkt, zu dem sich Lehrkräfte dorthin begeben, egal ob von zu Hause oder von der Schule aus. Die Arbeitszeit endet, wenn sie wieder zurück am Ausgangsort sind (so ist dies im Arbeitsrecht für alle Erwerbstägigen festgelegt)
  2. Was Lehrkräfte doch machen ist nicht relevant, nur die aufgewendete Zeit zählt. (auch dies gilt in anderen Berufen und ist allgemeines Arbeits(zeit)recht.

(Unvollständige) Liste derartiger Tätigkeiten:

  • Besuch von Schüler*innen im Praktikum
  • Hausbesuche bei Schülerfamilien
  • Außerunterrichtliche Veranstaltung (Theaterbesuch mit einer Schulklasse, Sporttag, Schullandheim, ...)
  • Elternabend /Elternsprechtag, sofern dieser nicht an der Schule stattfindet
  • Kooperation mit außerschulischen Partner*innen (Kita, Verein, andere)
  • Teilnahme an Fortbildungen
  • Organisation von Unterrichtsmaterial oder Medien
  • Prüfungsabnahme, Schulfremdenprüfungen. IHK-Prüfungen
  • Personalratssitzungen am Schulamt, RP oder KM
  • Personalversammlungen

III. Arbeitszeit von Lehrkräften für Arbeit, für die sie den Ort und (in begrenztem Rahmen) auch die zeitliche Lage ohne andere Beteiligte festlegen können:

  1. Lehrkräfte legen fest, wo und wann sie ihre Arbeit beginnen, wann sie Pause machen oder aufhören.
  2. Lehrkräfte können nur in begrenztem Ausmaß bestimmen, ob sie diese Arbeit machen (Beispiele: Die Korrektur der letzten Klassenarbeit muss zurückgegeben sein, bevor die nächste Klassenarbeit geschrieben wird. Die Unterrichtsvorbereitung muss zwingend vor Unterrichtsbeginn erfolgt sein.)

(Unvollständige) Beispielliste der Tätigkeiten, die hierunter fallen:

  • Unterrichtsvorbereitung und Nachbereitung
  • Erstellen von Tests, Klassenarbeiten, Prüfungsaufgaben
  • Korrekturen, Notengebung, Zeugnisse erstellen
  • Laufende Fortbildung

Für alle drei Kategorien gilt: „Ich klicke, wenn ich anfange, ich klicke, wenn ich die Arbeit beende.“

Eigentlich reicht eine Kategorie aus: Immer dann, wenn Lehrkräfte etwas für die Schule arbeiten, schalten („klicken“) sie ihre Zeiterfassung ein, und wenn sie die Tätigkeit beenden, schalten („klicken“) sie die Arbeitszeiterfassung aus.

Bußgelder drohen dem Kultusministerium (noch) nicht

Am Gutachten aus Sachsen lässt sich gut die generelle Taktik der Kultusminister*innenkonferenz (KMK) ablesen, die kein großes Interesse an der Erfassung der Arbeitszeit hat. Die Hoffnung des sächsischen Staatsministeriums war es nämlich, mit dem Gutachten Argumente zu finden, die ein Herausnehmen der Lehrkräfte aus der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung legitimieren würden. Das Gutachten erachtet es jedoch als rechtlich notwendig und überdies mit der Lehrtätigkeit vereinbar, die Arbeitszeit zu erfassen. Dass zur Arbeitszeit auch Zeiten etwa am heimischen Schreibtisch gehören und erfasst werden können, wird millionenfach von Arbeitnehmer*innen in Deutschland seit Jahren praktiziert.

Dennoch haben die Kultusminister*innen der Bundesländer jenseits von einzelnen Modellversuchen zur Arbeitszeitgestaltung aktuell nicht vor, tätig zu werden. Sie argumentieren, dass sie die geplante Neufassung des Arbeitszeitgesetzes mit den vorgesehenen Vorgaben abwarten. Das baden-württembergische Kultusministerium ist hier ganz auf Linie der KMK. In einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der SPD-Abgeordneten Katrin Steinhülb-Joos und Stefan Fulst-Blei stellte Kultusministerin Theresa Schopper klar, dass „eine zeitnahe Einführung einer Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften derzeit nicht geplant ist.“ Neben dem Verweis auf die KMK wird die Abwartehaltung so erklärt: Die Nichtumsetzung des EuGH Urteils kann aktuell nicht mit Bußgeldern geahndet werden, dies würde sich erst mit der Umsetzung des Bundesgesetzes ändern. Wer den Gesundheitsschutz und die Rechtsprechung ernst nimmt, muss jetzt aber handeln.

Die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein kritisiert die Haltung des KM: „Arbeitgeber*innen in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes erfassen schon lange die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten. Und jenseits der Lehrer*innen dokumentieren alle anderen Beschäftigten im Schuldienst, in der Schulverwaltung und im Kultusministerium ihre Arbeitszeit. Es wird Zeit, dass es eine Arbeitszeiterfassung für alle 130.000 Lehrkräfte in Baden-Württemberg gibt. Wenn die Lehrer*innen dokumentieren können, dass sie seit Jahren jonglieren und mehr arbeiten, weil an Schulen bereits zum Schuljahresbeginn nicht alle Stellen besetzt sind und den knapp 2.000 Stellen in der Vertretungsreserve gut 7.000 dauerhafte Ausfälle gegenüberstehen. Diese Unterrichtsversorgung auf Pump macht krank und führt zu weiteren Ausfällen.“

Warum soll ich meine Arbeitszeit erfassen, wenn das KM das eh nicht will?

Warum wohl will das KM das nicht? Weil die Verantwortlichen dort genau wissen, dass Lehrkräfte viel mehr als 41 Stunden wöchentlich arbeiten und trotzdem immer noch neue Aufgaben reinpacken. Damit muss Schluss sein!

Manche meiner Kolleg*innen haben Angst, sie würden wegen der vielen Ferien gar nicht auf 41 Stunden pro Woche kommen.

Das ist eine großartige Fehleinschätzung, weil den meisten gar nicht wirklich bewusst ist, was außer Unterricht alles zur Arbeitszeit gehört. Und natürlich, auch die wissenschaftlichen Studien haben solche „Kandidat*innen“ identifiziert, aber 80 Prozent der Befragten waren eindeutig über dem zulässigen Arbeitszeitlimit und 15 Prozent sogar weit jenseits von Gut und Böse. Die übrigen circa fünf Prozent mag es, wie in allen anderen Berufen, geben, aber die sind nicht unser dringendstes Thema.

Ich bin im Personalrat, Schwerbehindertenvertrauensperson, BfC ... Wie soll ich das denn erfassen?

Wenn wir nicht mehr in Deputaten und Ermäßigung vom Deputat denken, ist das überhaupt kein Problem. Denn es geht ja nicht darum, was ich tue, sondern, wieviel Zeit ich dafür aufwende.

Also: Ich beginne zu arbeiten: Klick! Ich höre auf zu arbeiten: Klick!

Was ist, wenn meine Schulleitung die Zeitmessung als Kontrollinstrument für meine Leistung verwendet?

Kann sie nicht, denn die vom Arbeitgeber zu verantwortende Erfassung der geleisteten Arbeitszeit muss datensparsam erfolgen – es wird nur erfasst, was gesetzlich erforderlich ist: Anfang, Ende und Pausen. Nur die Beschäftigten sowie die zur Vertraulichkeit verpflichteten Personalvertretungen haben jederzeit Zugriff auf die gespeicherten Daten.

Wo finde ich mehr, einfach zu lesende Infos?

Hier findest du meist kurze GEW-Infos, die zwar aus dem Jahr 2020 stammen, aber so aktuell sind, wie nie zuvor, unter anderem zu den Themen:

  • Vereinbarkeit Familie und Beruf
  • Das Deputat – eine Medaille mit drei Seiten
  • Altersermäßigung
  • Arbeitsbefreiung
  • Hohlstunden
  • Hilfe – die Schule fällt aus!
  • Erfassung der Arbeitszeit auch für Lehrkräfte?

Zum Weiterlesen:

Ein Herantasten an das Thema gibt es dennoch. So will die Landesregierung in der Verordnung zur Arbeitszeit der Lehrkräfte dem Kultusministerium zeitlich begrenzte Arbeitszeitmodelle ermöglichen. Zur Erfassung der Arbeitszeit selbst gibt es aber keine Ideen. Immerhin kam am 9. Oktober erstmals ein Gespräch mit dem KM über die Arbeitszeiterfassung zustande. Beide Seiten tauschten dabei ihre unterschiedlichen Positionen aus. Während die GEW klarmachte, nicht auf das Bundesgesetz warten zu wollen, sieht das KM aktuell keinen Handlungsbedarf. Es ist sich aber bewusst, dass sich das ändern und Handlungsdruck für die Landesregierung entstehen kann. Im nächsten Jahr sollen die Gespräche deshalb fortgesetzt werden.

Die GEW wird in diesem Schuljahr in Schulungen und auf Veranstaltungen das Thema Arbeitszeiterfassung diskutieren und für die Einführung werben. Die GEW nimmt die bestehenden Ängste und Vorurteile zur Arbeitszeiterfassung (unter anderem die Sorge vor Leistungskontrolle und Verlust der Freiheit, wann gearbeitet werden kann) sehr ernst.

Forderungen der GEW

Die GEW sieht in der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung eine Chance. Natürlich wird sie die seit Jahren wachsende Arbeitsüberlastung der Lehrkräfte nicht beheben, aber sie würde endlich die Überstunden sichtbar machen und Handlungs- und Lösungsdruck auf das Kultusministerium ausüben. Die GEW ist bereit, sich einzubringen und mit der Landesregierung und dem Kultusministerium darüber zu sprechen, wie die Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften aussehen soll.

Die Forderungen der GEW sind bekannt:

  • Erfassung muss datensparsam sein. Die Daten sollen nur in anonymisierter Form erfasst werden.
  • Erfasst werden ausschließlich Beginn, Ende und Pausen.
  • Es muss ein einfach bedienbares, manipulationssicheres elektronisches System sein.
  • Es sollten keine Tätigkeiten abgebildet werden, damit die Erfassung kein Instrument zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle wird.
  • Das Erfassungssystem muss mit den Personalräten entwickelt und vereinbart werden.

Erfasse deine Arbeitszeit!

Mit der Aktion „Mach mit – denk mit – klick mit!“ ruft die GEW ihre Mitglieder auf, ihre Arbeitszeit in eigener Regie probeweise zu erfassen und der GEW ihre Erfahrungen mitzuteilen.

Beteilige dich an der Aktion und gib uns Rückmeldung! Erfasse deine Arbeitszeit!

Rückmeldungen bitte an: arbeitszeiterfassung(at)gew-bw(dot)de

Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, da es tausende von Arbeitszeit-Apps gibt, die aber in der Regel für die Tätigkeit von Lehrkräften nicht verwendbar sind.

Selbstverständlich kann man auch mit Papier und Bleistift oder einer einfachen Excel-Tabelle erfassen, aber im digitalen Zeitalter gibt es eine Reihe anderer Möglichkeiten.

Mit welchem System letztendlich in Baden-Württemberg gemessen werden wird, wissen wir auch nicht. Das unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats! Auf die Messmethoden der zahlreichen wissenschaftlichen Studien könnte hier sicher zurückgegriffen werden.

Hier eine Auswahl:


Weiterführende Informationen

Kontakt
Martin Schommer
Referent für Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik
Telefon:  0711 21030-12