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Pauschale Beihilfe

Bilanz und Perspektiven

Die pauschale Beihilfe ist dabei, sich zu etablieren. Sie schließt eine Gerechtigkeitslücke im System. Über 2.200 Beamt*innen haben sich für die neue Beihilfeform entschieden. Der DGB fordert ein weiteres Wechselfenster für Bestandsbeamt*innen.

Anspruchsberechtigte Beamt*innen können sich bei ihrer Verbeamtung zwischen der individuellen Beihilfe für die private Krankenversicherung und der pauschalen Beihilfe für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden. (Foto: Shutterstock/GEW)

Das Land Baden-Württemberg hat zum 1. Januar 2023 die pauschale Beihilfe als Alternative zum bestehenden Beihilfesystem eingeführt. Das bedeutet: Anspruchsberechtigte Beamt*innen können sich bei ihrer Verbeamtung seither zwischen der individuellen Beihilfe für die private Krankenversicherung (PKV) und der pauschalen Beihilfe für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) entscheiden. Wer sich für die GKV entscheidet, erhält die Hälfte des Kassenbeitrags von seinem Dienstherrn.

Vor Einführung der pauschalen Beihilfe mussten Beamt*innen, die freiwillig in einer GKV versichert waren, den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil alleine übernehmen. Auch in der PKV versicherte Beamt*innen können anstatt der klassischen Beihilfe die pauschale Beihilfe wählen. Alle Beamt*innen und Versorgungsempfänger*innen hatten bei der Einführung zum 1. Januar 2023 eine fünfmonatige Frist zum Wechsel in die pauschale Beihilfe.

Pauschale Beihilfe ist Erfolg des DGB

Die pauschale Beihilfe war und ist für die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) ein Erfolg, der die Wahlfreiheit und soziale Gerechtigkeit im Gesundheitsschutz für die Beamt*innen gestärkt hat. Wie notwendig ihre Einführung aus sozialen Gesichtspunkten war, wird klar, wenn in Erinnerung gerufen wird, warum Kolleg*innen bereits vor der Einführung der pauschalen Beihilfe lieber die GKV gewählt haben als die PKV mit der klassischen Beihilfe. Diese Entscheidung folgte weit überwiegend rein ökonomischen Abwägungen.

Bei den meisten freiwillig in der GKV versicherten Kolleg*innen handelte es sich um Menschen mit einem hohen Krankheitsrisiko, mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen sowie Teilzeitbeschäftigte. Für alle diese Menschen waren die Kosten der PKV trotz der Beihilfe höher als die alleinige Übernahme der GKV-Versicherung. All diese Kolleg*innen profitieren nun von der hälftigen Übernahme der Gesundheitskosten durch die pauschale Beihilfe.

Landtagsanfrage liefert erste Zahlen

In der Antwort des Finanzministeriums auf eine kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Grünen lässt sich ablesen, dass am 1. Januar 2024 2.213 Beamt*innen des Landes sich für die pauschale Beihilfe entschieden haben, davon sind 429 Pensionär*innen. Bei den aktiven Beamt*innen bei den Kommunen haben 282 die pauschale Beihilfe gewählt und 107 Pensionär*innen. Insgesamt sind das weniger als ein Prozent aller Beamt*innen.

Die allermeisten Beamt*innen haben dabei die pauschale Beihilfe mit der GKV kombiniert. Die Kombination PKV mit der pauschalen Beihilfe wurde nur von vier (!) aktiven Beamt*innen (alle aus dem Landesdienst) gewählt. Auch daran wird deutlich, dass die pauschale Beihilfe keine Gefahr für das klassische Beihilfesystem ist, wie vor allem von der privaten Versicherungswirtschaft befürchtet wurde, sondern eine Ergänzung.

Nur indirekt lässt sich erschließen, wie viele von diesen Beamt*innen seit dem 1. Januar 2023 neu eingestellte Beamt*innen sind. Bis zum 1. Juni 2023 haben sich im Landesbereich rund 1.600 Beamt*innen und Ruheständler*innen für die pauschale Beihilfe entschieden. Seither sind nochmals rund 600 Beamt*innen hinzugekommen. Da die Wechselfrist der Bestandsbeamt*innen nur bis zum 31. Mai 2023 gelaufen ist, muss es sich bei diesen 600 Kolleg*innen um Neueingestellte handeln. Umgekehrt dürfte die Zahl der Bestandsbeamt*innen, die die Wechseloption gezogen haben, geschätzt zwischen 1.500 und maximal 1.600 Beamt*innen liegen. Das heißt aber auch, dass nur circa die Hälfte der Beamt*innen die bereits in der GKV versichert waren, die pauschale Beihilfe beantragt haben und weiterhin die kompletten Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Nachbesserungsbedarf: DGB fordert neues Wechselfenster

Wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Die Beratungspraxis der GEW und die Rückmeldungen der Kolleg*innen legen eine Mischung aus Unkenntnis und Unsicherheit nahe, die eine höhere Wechselquote verhindert hat. Zum einen waren sich viele Kolleg*innen über die Wechselmöglichkeit und vor allem die Fristgebundenheit nicht bewusst. Zwar hatte das Finanzministerium alle Beamt*innen über die Wechselmöglichkeit informiert, aber offenkundig ist das Informationsschreiben häufig unbeachtet geblieben – eine Folge der Informationsüberflutung. Ein weiterer Grund – und möglicherweise der entscheidendere – war eine große Verunsicherung, ob die pauschale Beihilfe wirklich eine Verbesserung bringt.

Der DGB hat deshalb bereits im Herbst 2023 im beamtenpolitischen Spitzengespräch mit dem Staatsministerium vorgeschlagen, erneut für die Bestandsbeamt*innen ein Zeitfenster für einen Wechsel zu öffnen. Der Vorschlag wurde seitens des Staatsministeriums abgelehnt. Der DGB wird hier aber hartnäckig bleiben und auch Druck über die Fraktionen im Landtag erzeugen. Das letzte Wort sollte in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen sein.

Pauschale Beihilfe in immer mehr Bundesländern

Schweift der Blick über die Grenzen Baden-Württembergs, so wird die Etablierung der pauschalen Beihilfe sichtbar.

Mittlerweile gibt es die pauschale Beihilfe neben Baden-Württemberg in Berlin, Bremen, Brandenburg, Hamburg und Thüringen. Andere Bundesländer werden folgen. Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern haben die pauschale Beihilfe in ihren Koalitionsverträgen verankert. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen liegen sogar bereits Gesetzesentwürfe vor.

Kontakt
Martin Schommer
Referent für Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik
Telefon:  0711 21030-12