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Landeshaushalt 2025/2026

Durchsichtiger Streit über fehlende Stellen für Lehrkräfte

Mitte Dezember verabschiedete der Landtag den Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026. Das Kultusministerium kann für die Sprachförderung rund 220 Millionen Euro ausgeben. Lehrkräftestellen werden nicht genug geschaffen. Die Schulen leiden.

Im Oktober und November herrschte Aufregung im Landtag und der Öffentlichkeit. Angeblich hatte das Kultusministerium bei der Planung des Doppelhaushalts keine Stellen für steigende Schüler*innenzahlen angemeldet. Ministerpräsident Winfried Kretschmann machte deutlich, dass das nicht stimmt. Er sprach vor der Presse von einem bekannten Bedarf von 990 Stellen und nahm den angeblichen Fehler auf seine Kappe. Die CDU kritisierte die fehlenden Stellen und kündigte Bereitschaft an, noch einige Stellen zu schaffen. Allerdings sollte das Kultusministerium das Geld dafür im eigenen Haushalt zusammensuchen.

Schließlich einigten sich Grüne und CDU: Statt der notwendigen 990 Stellen sollen nur 300 Stellen geschaffen, werden. Die rund 14 Millionen Euro jährlich dafür kommen zur Hälfte aus dem Programm „Lernen mit Rückenwind“, das von 60 auf 52,5 Millionen gekürzt wird. Die andere Hälfte kratzt das Kultusministerium aus den Mitteln für Vertretungslehrkräfte, und Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz zusammen. Die 300 Stellen reichen aber nur für ein Drittel der Schüler*innen, die zusätzlich in den Schulen ankommen. Auch für alle anderen zusätzlichen Bedarfe werden keine neuen Stellen geschaffen. So werden sich die Unterrichtsversorgung und die Bildungsqualität in den kommenden Jahren verschlechtern und die Belastung der Lehrkräfte weiter steigen.

Was für die Sprachförderung vorgesehen ist

Die Landesregierung ist stolz darauf, die Sprachförderung der Kinder vor und nach der Einschulung mit dem neuen Sprachfit-Programm erheblich auszubauen. Dafür stehen jährlich rund 110 Millionen Euro zur Verfügung. So werden bestehende Programme fortgeführt oder erweitert: Die alltagsintegrierte Sprachbildung in den Kindertagesstätten soll ausgebaut werden. Das gilt auch für die Sprachförderung der Schüler*innen an den Grundschulen. Schließlich soll das Programm „Lernen mit Rückenwind“ fortgeführt werden, um die Schulen bei der Arbeit mit Schüler*innen in besonderen Problemlagen zu unterstützen.

Neu eingeführt werden zwei Bausteine: Verpflichtende Sprachfördergruppen für circa 30 Prozent der Kinder im Jahr vor der Einschulung. Diese Kinder zeigen bei der Einschulungsuntersuchung des Gesundheitsamts sprachliche Defizite. Sie müssen im letzten Kita-Jahr künftig vier Stunden pro Woche eine Sprachfördergruppe besuchen, die an der Kita oder der Grundschule durchgeführt wird. Außerdem sollen rund zehn bis 15 Prozent der Kinder anstelle der Einschulung eine verpflichtende Juniorklasse besuchen. Das betrifft Kinder, bei denen sich in einem zweiten Test vor der Einschulung herausstellt, dass sie die Voraussetzungen für die Einschulung in die 1. Klasse noch nicht erfüllen.

Ein Kommentar von Michael Hirn

Es war ein bemerkenswertes politisches Theaterstück mit dem durchsichtigen Versuch von Grünen und CDU, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben: Erst kann das Kultusministerium sich beim Finanzministerium nicht mit den begründeten Stellenanforderungen durchsetzen. Dann werden die notwendigen Stellen von den Spitzen der Koalition nicht für so wichtig gehalten, dass sie es in den Haushaltentwurf schaffen. Nachdem der Haushaltsentwurf öffentlich wird, erhebt sich großes Wehklagen, weil angesichts der wachsenden Aufgaben zu wenig Stellen geschaffen werden. Die CDU zeigt sich zunächst gönnerhaft, spielt den Ball dann aber zurück zum KM. Und dort muss das Programm „Lernen mit Rückenwind“ um 12,5 Prozent gekürzt werden. Obwohl es ein Programm ist, dass gerade Schulen zugutekommt, an denen es besonders viele Schüler*innen mit schlechten Bildungschancen gibt.

Die GEW erkennt an, dass das Programm Sprachfit eine Verbesserung für die Lernchancen der Kinder mit wenig Sprachkenntnissen ist. Wir hätten uns zwar einen anderen Ansatz mit einem wesentlichen Ausbau der frühen Hilfen und der alltagsintegrierten Sprachbildung an den Kitas gewünscht. Trotzdem ist das Programm und das Geld dafür eine gute Entscheidung des Kultusministeriums und der Landesregierung.

Aber 300 neue Lehrkräftestellen für alle anderen Bedarfe sind viel zu wenig. Grob geschätzt wären allein für die steigenden Zahlen der Schüler*innen und die beschlossenen Projekte des Kultusministeriums über 2.000 zusätzliche Stellen notwendig. Mit diesen 2.000 neuen Stellen hätten die Schulen jedoch nicht einmal genug Lehrkräfte für Maßnahmen, die seit Jahren überfällig sind: Ausreichend viele Lehrkräfte an den SBBZ und in der Inklusion, verbindliche Förderstunden an den Grundschulen, mehr Ganztagesschulen, Klassenlehrkräftestunden, Entlastung für Lehrkräfte und Schulleitungen.

Übrigens: 2.000 Stellen würden rund 180 Millionen Euro im Jahr kosten. Dass im gesamten Landeshaushalt von rund 68 Milliarden Euro keine 180 Millionen Euro gefunden werden können, zeigt, wie ernst es die Landesregierung mit der Verbesserung der Bildung und der Steigerung der Bildungsgerechtigkeit meint. Dabei wird über die Frage, wie viel Geld eigentlich zur Verfügung steht, heftig gestritten. SPD und FDP weisen darauf hin, dass es im Haushalt ungenutzte Reserven in Höhe von rund zehn Milliarden Euro gebe. Grüne und CDU bestreiten das. Egal wer Recht hat, für die GEW ist klar: Wenn die Politik wollte, könnte der Staat über eine Reform der Schuldenbremse und ein gerechteres Steuersystem das Geld auftreiben, das für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen und damit unserer Gesellschaft notwendig ist.

Die Landesregierung hat das Sprachfit-Programm bereits vor den eigentlichen Haushaltsplanungen beschlossen. So wurde die Gesamtsumme der Mittel, die auf alle Ministerien verteilt werden konnte, verringert. Dadurch war der Spielraum, den die Landesregierung den Ministerien als Vorgabe für die Anmeldungen zum Haushalt vorgegeben hat, wesentlich kleiner als bei früheren Haushaltsplanungen. Deshalb hat das Kultusministerium nur einen Teil des eigentlichen Bedarfs an neuen Stellen angemeldet. Und der Bedarf ist groß: Die Schüler*innenzahlen steigen an allen Schularten, die Stundentafeln an den Gymnasien und den Schulen der Sekundarstufe I sollen zum Beispiel für Coaching und Demokratiebildung ausgeweitet werden, es müssen weitere Ganztagesschulen eingerichtet werden, an den SBBZ und in der Inklusion fehlen über 10 Prozent der notwendigen Stellen, was zu massiven Kürzungen des Unterrichts führt.

Gestuftes Verfahren

Der Haushalt wird in einem gestuften Verfahren aufgestellt. Alle Ministerien melden im Frühjahr ihren Bedarf an das Finanzministerium. Diese Anmeldungen werden in Gesprächen zwischen den Spitzen der Ministerien und dem Finanzministerium priorisiert. Nach den Gesprächen erstellt das Finanzministerium einen Entwurf für den Haushalt, in dem nicht alle Anmeldungen enthalten sind. Die Haushalts- und Strukturkommission der Regierung entscheidet über strittige Vorhaben und erstellt einen Entwurf, der im September in den Landtag eingebracht wurde.

Der Landeshaushalt für 2025/2026 umfasst pro Jahr rund 68 Milliarden Euro. Das Kultusministerium verfügt mit rund 14,5 Milliarden Euro über den größten Einzelhaushalt aller zwölf Ministerien. Dem Wissenschaftsministerium stehen für seine Aufgaben rund sieben Milliarden Euro zur Verfügung.

Kontakt
Michael Hirn
Stellvertretender Landesvorsitzender und verantwortlicher Redakteur der b&w