Neubeginn in der Schule ist meist durch Extremsituationen gekennzeichnet. Die Neueinsteiger/innen befinden sich in einem Wechselbad zwischen Überleben und Entdecken. Sie haben einerseits oft das Gefühl den vielfältigen Anforderungen nicht gewachsen zu sein, andererseits Freude am selbstständigen Arbeiten.
Untersuchungen belegen, dass sich die meisten Neueinsteiger/innen nicht genügend auf ihren Beruf vorbereitet fühlen und ihren eigenen Erziehungs- und Unterrichtsstil erst noch entwickeln müssen (vgl. Böhmann/Hoffmann, Berufseinstieg als Grenzerfahrung, in: Pädagogik 12/1998). Deshalb ist es notwendig, dass institutionalisierte Hilfen für Berufseinsteiger/innen eingeführt werden und die Betroffenen nicht gar keine oder nur zufällige Unterstützung erhalten.
Nur ein organisierter und von allen Beteiligten unterstützter und strukturierter Berufseinsteig für Junglehrer/innen kann den Berufseinstieg erleichtern und Professionalität ermöglichen.
Problemfelder des Berufseinstiegs
Die Phase des Berufseinstiegs für Junglehrer/innen ist leider sehr oft durch den so genannten Praxisschock gekennzeichnet. Dieser, meist durch Überforderung geprägte Einstieg, entsteht durch die unterschiedlichsten Belastungen im Schulalltag. Zu nennen wären hier vor allem der Disziplinstress in schwierigen Klassen, der Erwartungsdruck durch Kollegen/innen und Schulleitung („Die Jungen machen das schon“) und auch die weitere Überprüfung der Berufeinsteiger/innen durch Schulleitung und Schulamt. Diese Überprüfungen orientieren sich leider immer noch stark an zu bewertenden einzelnen Unterrichtsstunden, weniger am erzieherischen Wirken, der Zusammenarbeit mit den am Schulalltag Beteiligten oder der Wahrnehmung besonderer Aufgaben. Die geschilderten Aspekte sind aber alles Merkmale der Leistungsbeurteilung in der Verordnung des Kultusministeriums.
Dazu kommen noch Bereiche, wie etwa die Arbeit mit den Eltern, Unterrichtsprojekte, Schulentwicklung und die sehr hohen Erwartungen an das eigene Wirken.
Als zusätzliche Belastung wird von vielen Junglehrer/innen auch die fehlende Kooperation in den Lehrerkollegien genannt. Für die „Neuen“ verläuft die Integration oft sehr schleppend. Hiermit wird im Gegensatz zum erwünschten Teamverhalten eher der „Einzelkämpfer“ gefördert und somit eine sinnvolle Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern erschwert. In dieser wichtigen Phase fehlen den Junglehrern/innen vor allem verlässliche und kompetente Ansprechpartner/innen.
Der Berufeinstieg in die Schulen beginnt unstrukturiert, d.h. die Aufnahme der jungen Kollegen/innen an den Schulen ist weder geregelt noch geplant und verläuft ohne professionelle Begleitung. Bei auftretenden Problemen ist die Hilfestellung eher zufällig.
Erschwerend hinzu kommt die bisherige Praxis der Stellenzuweisung. Sie verläuft bisher überwiegend nach den Gesichtspunkten des Bedarfs. Die individuellen Qualifikationen der Lehrer/innen und die Bedürfnisse der Schule werden kaum berücksichtigt. Dabei lägen hier Chancen für eine Qualitätsverbesserung an Schulen und eine Erhöhung der Motivation durch zufriedene Mitarbeiter/innen.
Oft müssen die Neueingestellten dann Klassen übernehmen, die an der Schule als unmöglich gelten, frei nach dem Motto „die Jungen schaffen das schon“.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich die meisten Berufseinsteiger/innen nur in geringem Maße durch ihre Ausbildung für die Aufgaben in der Schule qualifiziert fühlen. Viele wichtige Qualifikationen werden in der Ausbildung kaum oder in nicht ausreichendem Umfang erworben. Beklagt werden oftmals die völlig ineffektiven Pflichtveranstaltungen im Studium und am Seminar, welche in keiner Weise auf Eigentätigkeit und Eigenständigkeit abzielen. Leider ist die Ausbildung noch immer fast ausschließlich auf das perfekte Halten einer 45 Minute dauernden Stunde angelegt. Diese erworbene Qualifikation ist aber nur ein Bruchteil der benötigten Fähigkeiten und Fertigkeiten im zukünftigen Schulalltag.
All diese Faktoren zusammen können zu frühzeitigem Ausbrennen und zu Frustration führen. In letzter Konsequenz verfestigen sich diese Anfangsschwierigkeiten zu problematischen Haltungen und Handlungsmustern im Schulalltag.