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Fragen über Fragen…

Das Kultusministerium (KM) hat Anfang Mai alle Lehrkräfte des Landes zur Fortbildung befragt. Aufbauend auf den Ergebnissen möchte das KM die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte grundlegend neu aufstellen. Die GEW bezweifelt, dass die Befragung dazu einen konstruktiven Beitrag leistet.

Foto: Bert Butzke

Rund 117.000 Lehrkräfte bekamen über ihre Schulleitung nach den Osterferien ein Schreiben von Kultusministerin Susanne Eisenmann. In dem freundlichen Brief wurden sie aufgefordert, sich ca. 20 Minuten Zeit zu nehmen, um 25 Fragen online zu beantworten. Darunter Fragen zur beruflichen Situation und zu den Angeboten, den Inhalten und der Qualität der Fortbildungen. Allein 2 der 15 Seiten bezogen sich auf digitale Fortbildungsformate. Abschließend wurden noch Fragen zu den Struktur- und Rahmenbedingungen gestellt, und die Lehrkräfte konnten in einem freien Textfeld weitere Aspekte ergänzen. Die Kultusministerin wünschte sich, dass möglichst viele Lehrkräfte den Fragebogen ausfüllen. Die Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen, und die Ministerin hat den Lehrkräften in dem Anschreiben zugesichert, dass sie über die Ergebnisse informiert werden.

Susanne Eisenmann betonte, dass der Fragebogen in Zusammenarbeit mit den Hauptpersonalräten entwickelt worden sei. Das stimmt. Allerdings konnten die drei HPRs die Befragung nicht verhindern – sie mussten entscheiden, ob sie den Fragebogen unverändert lassen oder versuchen, ihn zu verbessern. Der HPR GHRWGS hat sich entschieden, Anregungen einzuspeisen. Auch die Interessen der oft kleineren und in Sachen Fortbildung und IT schlechter ausgestatteten GHWRGS-Schulen sollten berücksichtigt werden. Bedenken gegenüber der Befragung hatten die HPRs und die GEW sehr wohl.
Das KM hat den Fragebogen hausintern entwickelt. Zunächst war geplant, dass der Fragebogen zusammen mit Wissenschaftler/innen entwickelt wird und dass die Ergebnisse mit wissenschaftlicher Expertise aufbereitet werden. Davon war im März plötzlich nicht mehr die Rede und die Ministerin war der Meinung, dass man die Expert/innen nicht brauche. Vorrang hatte, dass die Ergebnisse der Befragung noch in diesem Schuljahr vorliegen. Sie sollen in die schon länger laufenden Planungen des KM für eine Neuordnung der Lehrkräftefortbildung eingehen. Der Kultusministerin geht Schnelligkeit vor Gründlichkeit. So blieb der Fragebogen recht oberflächlich und undifferenziert. Eine Frage zum „Transfer in den Unterricht“ lautete z.B.: „Die Inhalte der bisherigen Fortbildungen konnte ich in den Unterricht einbringen.“ Bei dieser Frage hätte man auf Grundlage der Erkenntnisse aus der schulpädagogischen und fachdidaktischen Forschung einen differenzierteren Ansatz erwartet. Die Auswahl der Antworten könnte beispielsweise lauten: a) ich habe etwas gelernt, b) ich habe meine Unterrichtsplanung daraufhin geändert, c) ich habe den Unterricht anders gestaltet, d) die SuS haben davon profitiert, e) die SuS haben daraufhin mehr gelernt.

Die GEW fordert, dass die Lehrkräftefortbildung grundlegend neu aufgestellt wird. Dafür ist für die GEW Zeit und externer, auch wissenschaftlicher Sachverstand notwendig. Insbesondere fehlt bei der Lehrkräftefortbildung eine koordinierende und steuernde Instanz, die die Interessen und Kompetenzen der verschiedenen Akteure in eine langfristige Planung umsetzt. Die GEW hat deshalb schon zu Beginn der Legislaturperiode die Einrichtung einer Enquetekommission zur Qualitätsentwicklung an den allgemeinbildenden Schulen gefordert. Das wollte die CDU nicht – auch weil es zu lange dauere, bis die Ergebnisse vorliegen würden. Man sieht in der Diskussion um die Lehrkräftefortbildung und die Qualitätsdiskussion insgesamt, dass Aktionismus keine nachhaltigen Veränderungen ermöglicht.

Da die Landesregierung keine gründliche Analyse der Lehrkräftefortbildung leisten wird, hat die GEW zusammen mit der Max-Träger-Stiftung, dem Verband badischer Lehrer/innen und der Johannes-Löchner-Stiftung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Tübingen (Prof. Colin Cramer und Mitarbeiter/innen) eine unabhängige wissenschaftliche Expertise in Auftrag gegeben. Anders als für die Befragung des KM ist dafür Zeit erforderlich: Die Ergebnisse der Studie werden 2018 vorliegen. Bis dahin haben die Landesregierung und das KM noch nicht alle Probleme der Lehrkräftefortbildung gelöst, und die Ergebnisse der Expertise werden einen Beitrag zur Frage „Welche Probleme gibt es in der Lehrkräftefortbildung und wie muss sie verändert werden?“ leisten.