Zum Inhalt springen

Gehört mein Wochenende mir?

Das Kultusministerium (KM) hat für Lehrkräfte an Grundschulen einige Fortbildungen am Samstag geplant. Der Hauptpersonalrat GHWRGS (HPR) hat dem Fortbildungsprogramm für 2017 deshalb nicht zugestimmt. In einer Einigungsstelle zwischen KM und HPR wurde vereinbart, dass die Fortbildungen alternativ auch an Unterrichtstagen angeboten werden.

Foto:imago

Bei dem Streit zwischen HPR und KM ging es um die Fortbildungen „Erfolgreiche Klassenführung“ für Grundschulen mit bis zu zehn Lehrkräften und um „Mit Fortbildungsplanung Schule gestalten“ für GHWRGS-Schulen mit bis zu 15 Lehrkräften. Diese Lehrkräftefortbildungen (LFB) sollten am Freitag/Samstag an der Fortbildungsakademie in Bad Wildbad durchgeführt werden. Diese Termine begründete das KM damit, dass sie von Lehrgangsleitungen und Lehrkräften an kleinen Grundschulen gewünscht würden. Der HPR nimmt an, dass diese Einschätzung nur auf einzelnen Meinungen beruht und nicht verallgemeinerbar sei.

Den GEW-Mitgliedern im HPR GHWRGS war es wichtig, Fortbildungen an Samstagen zu verhindern. Sie sind im Kontext zusätzlicher Belastungen von Grundschullehrkräften äußerst fragwürdig: Grundschullehrkräfte haben mit 28 Stunden das höchste Deputat der wissenschaftlichen Lehrkräfte. Ihre Arbeit umfasst eine immer weiter steigende Fülle von Aufgaben: z.B. Beratung der Eltern, Kooperation mit Kitas und den weiterführenden Schulen oder Gestaltung der individuellen Bildungsbiographie jedes Kindes. Beim Ausbau des Ganztages, der Integration von Flüchtlingskindern und durch die Inklusion fand für Lehrkräfte an Grundschulen eine Ausweitung ihrer Arbeit statt. Insbesondere bedeutet die gängige Praxis einer unterschiedlichen Anrechnung auf das Deputat von unterrichtsähnlichen Tätigkeiten (§ 1 Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung) mit weniger oder gar keiner Vorbereitung mehr Arbeit in der Schule.
Die Grundschule hat als einzige Schulart keine Poolstunden in der Pflichtstundenzuweisung. Diese Stunden werden für Förderkonzepte oder für kulturelle und sportliche Angebote dringend benötigt. Differenzierung und Förderung finden derzeit ausschließlich im Rahmen des Pflichtunterrichtes im Klassenverband statt. Bei den heterogenen Klassen an den Grundschulen weitet das den Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts aus. Die unzureichende Ausstattung mit zeitlichen und personellen Ressourcen führt dazu, dass sich die Kolleg/innen zunehmend überfordert und überlastet fühlen.

Diese Belastungssituation wird durch eine Arbeitszeitstudie bestätigt, die von der GEW Niedersachsen beauftragt wurde (www.arbeitszeitstudie.gew-nds.de). Dort wurde für Grundschullehrkräfte eine durchschnittliche Arbeitszeit von 45,06 Stunden in den Schulwochen ermittelt. Bei einer Umrechnung auf die wöchentliche Arbeitszeit (ferienbereinigt, 30 Urlaubstage) kommt die Studie auf 41,2 Stunden wöchentliche Arbeitszeit. Der Wert für Grundschullehrkräfte in Baden-Württemberg dürfte tendenziell höher ausfallen, da es in Niedersachsen keine unterrichtsähnliche Tätigkeiten gibt, die nur teilweise auf das Deputat angerechnet werden.

Es gibt bereits Fortbildungen an den Wochenenden bzw. in den Ferien. Auf der Ebene der zentralen LFB an den Akademien beschränken sie sich im GHWRGS-Bereich auf zwei Drittel der schulischen Wunschkurse sowie die berufsbegleitenden Führungsfortbildungen. Der HPR wollte bei der aktuellen Auseinandersetzung verhindern, dass weitere Fortbildungen außerhalb des Unterrichts stattfinden. Zusätzliche Fortbildungsangebote an Samstagen würden die Erholung der Kolleg/innen einschränken.
Die strittigen Fortbildungen werden ab dem 2. Halbjahr 2017 für 3 Jahre sowohl unter der Woche als auch am Freitag/Samstag stattfinden. Die Lehrkräfte können also wählen, welcher Termin ihnen lieber ist. Danach wird das KM dem HPR die Anmeldezahlen vorlegen. Vom Interesse der Kolleg/innen wird abhängen, wie sich die Termine der Fortbildungen künftig entwickeln. Die Lehrkräfte sollten also sehr bewusst entscheiden, zu welchen Terminen sie sich anmelden.