Wiederaufnahme des Schul- und Kitabetriebs
GEW hält Leopoldina-Empfehlungen für unrealistisch
GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz kritisiert die Vorschläge der einflussreichen Expertinnen und Experten zur schrittweisen Öffnung der Grundschulen und Kitas. Den Infektionsschutz zu gewährleisten, sei eine Mammutaufgabe für die Beschäftigten.
Die GEW Baden-Württemberg hält die Empfehlungen der nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina zur schrittweisen Öffnung der Grundschulen und Kitas für unrealistisch. „Da werden Pädagogen zu Polizisten gemacht, die nur damit beschäftigt sein werden, die Abstands- und Hygieneregeln für den Schutz vor Corona durchzusetzen“, sagt Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg, in Stuttgart.
Am Ostermontag hatten die einflussreichen Expertinnen und Experten empfohlen, Schulen sobald wie möglich wieder zu öffnen – angefangen bei Grundschulen sowie Unter- und Mittelstufen. Kitas sollten bis zu den Sommerferien im Notbetrieb bleiben und nur Fünf- bis Sechsjährige mit höchstens fünf Kindern im Raum auf den Übergang in die Grundschule vorbereitet werden.
Die Wissenschaftler schlagen vor, Kita-Kinder sowie Schülerinnen und Schüler räumlich zu trennen. „Das scheitert in vielen Einrichtungen an fehlenden Räumlichkeiten“, betont Moritz. Da die meisten Klassenräume sehr eng seien, könnten 15 Schülerinnen und Schüler nicht wie empfohlen mindestens 1,5 Meter Abstand halten. Angesichts des Lehrkräftemangels und eines hohen Anteils von Pädagoginnen und Pädagogen sowie Erzieherinnen, die zur Risikogruppe gehörten, sei ein Schichtbetrieb an vielen Einrichtungen nicht möglich.
Infektionsschutz muss gewährleistet sein
Auch die Idee, dass ausgerechnet die Grundschüler mit dem Wiedereinstieg in die Schule starten sollen, stößt bei der GEW-Landesvorsitzenden auf Unverständnis. „Für mich steht der Infektionsschutz für die Kinder und die Beschäftigten im Vordergrund. Wir müssen dabei berücksichtigen, dass Grundschülerinnen und Grundschüler den stärksten Bewegungsdrang haben und diesen am wenigsten kontrollieren können. Gerade in den Pausen ist das für die Lehrkräfte eine Mammutaufgabe“, gibt Moritz zu bedenken.
Das Kultusministerium hält Schutzausrüstung derzeit weder aus Arbeitsschutzgründen noch aus pädagogischen Gründen in den Grundschulen und Kitas für zwingend oder geboten. Selbstverständlich müssten die Hygienevorschriften eingehalten werden. Das Land will dafür sorgen, dass in den Schulen und Kitas ausreichend Seife und Einweghandtücher sowie Desinfektionsmittel zur Verfügung stehen.
Außerdem ist die Frage nach dem Umgang mit Risikogruppen bei Wiederaufnahme des Schul- und Kitabetriebs noch offen. „Die Entscheidung darüber, ob schulisches Personal, das zur Risikogruppe gehört, freigestellt wird, sollte nicht der Schulleitung überlassen bleiben“, findet die GEW-Landeschefin. Das Kultusministerium müsse regeln, wer nach welchen Vorgaben über die schulische Präsenz von Menschen entscheidet, die Risikogruppen angehören.