Über 80 Prozent der Beschäftigten im wissenschaftlichen Bereich sind befristet angestellt, viele solcher Verträge haben Laufzeiten von weniger als einem Jahr. Schon lange bemühen sich Gewerkschaften und Personalräte um eine grundlegende Verbesserung der Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wir wollen weniger befristete Stellen und klarere Regeln und Perspektiven für den akademischen Nachwuchs.
Bis zum Jahresende 2015 sollen die Verhandlungen über die Richtlinien der Hochschulen in Baden-Württemberg zur Befristung der Arbeitsverträge von akademischen Mitarbeiter/innen abgeschlossen sein. Die GEW macht sich für verbindliche Rahmenvorgaben mit den Personalvertretungen und Gewerkschaften stark. Mit dem „Templiner Manifest“ und dem „Herrschinger Kodex“ hat die GEW wichtige Grundlagen für eine Neuorientierung in der Wissenschaft gelegt.
Die Hochschulen in Baden-Württemberg haben Selbstverpflichtungserklärungen zum Umgang mit Befristungen zugesagt und die Landesrektoren der Universitäten einen Entwurf für neue Richtlinien vorgelegt. Mit der „Perspektive 2020“ sind die Hochschulen aufgefordert, gute Arbeit in der Wissenschaft in die Praxis umzusetzen. Die GEW hat dafür einen Formulierungsvorschlag, wie eine gute Selbstverpflichtung für die Hochschulen ausschauen könnte.
GEW-Vorschläge für den Umgang mit befristeten Stellen
- Mindestens drei Monate vor Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages sollte geklärt sein, wie das Arbeitsverhältnis weiter geht.
- Für Beschäftigungsverhältnisse gilt sowohl im wissenschaftlichen wie im nichtwissenschaftlichen Bereich gleichermaßen, dass Aufgaben, die auf Dauer angelegt sind, auch ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis erfordern.
- Mindestlaufzeiten für Arbeitsverträge sowohl im wissenschaftlichen wie nichtwissenschaftlichen Bereich, d. h. möglichst keine Kurzzeitbefristung, eine Mindestlaufzeit auf Qualifikationsstellen, eine sachgrundlose Befristungen nur da, wo unbedingt nötig, eine Anpassung der Laufzeit des Arbeitsvertrages an Projektlaufzeiten und Dauerverträge für Daueraufgaben.
- Die Hochschule strebt an, dass bei Qualifikationsstellen, die aus Mitteln Dritter finanziert werden, die für die Qualifikation der Beschäftigten erforderliche Lehrerfahrung ohne die Vergabe von unbezahlten Lehraufträgen erworben werden kann. (Beispielsweise könnte mit der DFG die Verankerung einer hochschuldidaktisch begleiteten Lehre in bestimmten Umfang vereinbart werden).
- Dienstaufgabenbeschreibung bei Vertragsbeginn bereitstellen. Eine bereits zu Beginn der Beschäftigung erstellte Dienstaufgabenbeschreibung (DAB) stellt sicher, dass alle Seiten um die Ziele, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Beschäftigungsverhältnisses wissen.
- Entwicklungsperspektiven für Promovierende schaffen. Bei Arbeitsverhältnissen mit dem Qualifikationsziel einer Promotion soll die Dauer in der Regel 36 Monate nicht unterschreiten. Dabei sehen die Promotionsordnungen vor, dass zur Sicherung der Rahmenbedingungen des Doktorandenverhältnisses eine Betreuungsvereinbarung abgeschlossen wird, in der auch die angestrebte Dauer der Promotion enthalten ist.
- Die Hochschule soll im Hinblick auf die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie die durchgehende Anwendung der Optionsregelung im WissZeitVG hinsichtlich Elternzeit anstreben. Gleichzeitig soll die Hochschule darauf achten, dass die individuellen Arbeitszeiten dieser Zielsetzung der Vereinbarkeit nicht zuwiderlaufen. Die in der Hochschule geltenden familienfreundlichen Regelungen sollen auch für den akademischen/wissenschaftlichen Bereich verbindlich umgesetzt werden.
- Aktive Personalentwicklung verbessern; beispielsweise verbindliche regelmäßige Mitarbeiter/innengespräche.
- Die vertragliche Situation bei wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräften soll überprüft und wo möglich, die Laufzeit verlängert werden. Dazu gehört auch, sicherzustellen, dass die wesentliche Tätigkeit der eigenen Ausbildung nutzt im Sinne des LHG.
- Die Hochschule soll bestrebt sein, akademischen Mitarbeiter/innen nach der Promotion eine verlässliche Perspektive auf ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zu bieten, beispielsweise durch Tenure-Track-Verfahren.
Um die Umsetzung dieser Punkte überprüfen zu können, sollen die Hochschulen und Universitäten verpflichtet werden, ein Beschäftigungsmonitoring einzuführen.