Schulreform der Landesregierung
Kopflos in die Vergangenheit
Am 2. Mai trafen sich Grüne, CDU, SPD und FDP, um in einer Bildungsallianz Schulreformen auszuloten. Das Staatsministerium hatte zwei Tage vorher einen eigenen Plan veröffentlicht. SPD und FDP sahen keinen Spielraum mehr für Veränderungen.
Am 30. April legte Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Pläne für die Schulreform der Landesregierung vor, erhob sie sogleich zum Diktat und ließ damit die Bildungsallianz platzen. Anlass des parteiübergreifenden Treffens war die erzwungene Rückkehr zu G9. Bemerkenswert ist, dass die Ausgestaltung eines zukünftigen G9 Gymnasiums zur Nebensache gerät. Kretschmann sorgt sich primär um die Lenkung der Schülerströme und die Grundschulempfehlung.
Seine Ausführungen unterstreichen vor allem eines: Die latente Krise des Schulsystems und die völlige Unfähigkeit, darauf adäquate Antworten zu finden.
Krisenhafte Entwicklung des baden-württembergischen Schulsystems
Das Schulsystem Baden-Württembergs befindet sich seit mehr als zwei Jahrzehnten in einer krisenhaften Entwicklung. Mindestens drei Ebenen sind dabei relevant:
- Die Strukturfrage:
Die Eltern haben bereits in den 2000er-Jahren das ursprüngliche dreigliedrige Schulsystem durch ihr Schulwahlverhalten zur Implosion gebracht. - Die Ressourcenfrage:
Das entscheidende Problem sind inzwischen nicht mehr die Finanzen, sondern das fehlende Personal. Das Land musste in den vergangenen Jahren jährlich knapp 6.000 Lehrkräftestellen neu besetzen Aber nur 3.500 bis 4.500 Stellen konnten mit voll ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden. Der Mangel an Bewerber*innen ist primär Ergebnis der demographischen Entwicklung und wird sich in den kommenden zehn Jahren eher verschärfen. Er wird sich kurzfristig auch durch Sondermaßnahmen wie zum Beispiel den Direkteinstieg nicht lösen lassen. - Die Qualitätsfrage:
Ein erheblicher Anteil der Schüler*innen erreicht Mindeststandards nicht. Außerdem hängt der Bildungserfolg in hohem Maße von der sozialen Herkunft ab. Diese Erkenntnis ist alles andere als neu. Bereits die erste Pisa-Studie machte das vor 25 Jahren deutlich. Inzwischen steigt der Anteil noch, und das Land steuerte in den vergangenen Jahren nicht ausreichend gegen.
Baden-Württemberg leistete sich über Jahrzehnte hinweg ein dreigliedriges Schulsystem. Es gab drei Abschlüsse (Hauptschulabschluss, Realschulabschluss, Abitur) und für jeden dieser Abschlüsse eine Schulart, die exklusiv auf diesen Abschluss vorbereitete. Die Schüler*innen wurden nach der 4. Klasse mittels Grundschulempfehlung aufgeteilt. Dieses System ist in den 2000er-Jahren durch eine „Abstimmung mit den Füßen“ der Eltern implodiert. So sank die Übergangsquote auf die Hauptschule zwischen 1995 und 2011 von 37 auf 23 Prozent. Die Vorstellung, man könne mit der Grundschulempfehlung die Schülerströme lenken, hat sich als Illusion erwiesen. Da gleichzeitig die Zahl der Schüler*innen sank, halbierte sich in den 2000ern die Zahl der Schüler*innen, die auf die Hauptschule wechselten. 2011 gab es für circa 23.000 Schüler*innen noch circa 1.100 Hauptschulen. Für circa 75.000 Schüler*innen gab es knapp 800 Realschulen und Gymnasien. Die GEW hat mit einem Schulstrukturgutachten (Bargel-Gutachten) bereits 2010 deutlich gemacht, dass es bei diesem Schulwahlverhalten nicht mehr möglich sein wird, ein gegliedertes Schulsystem mit mehreren Schularten flächendeckend anzubieten.
Die Politik reagierte mit Veränderungen der Schulstruktur. Die schwarz-gelbe Landesregierung führte 2010 die Werkrealschule ein. Damit gab es erstmals eine Schulart, die auf zwei verschiedene Abschlüsse vorbereitete: Hauptschul- und Werkrealabschluss. Die Hauptschule sollte gerettet werden, indem sie auch einen mittleren Bildungsabschluss anbieten konnte. Ihr Niedergang konnte so nicht aufgehalten werden.
Nach dem Regierungswechsel 2011 entwickelte die grün-rote Landesregierung das Konzept der Gemeinschaftsschule. Damit sollte die Entscheidung über einen Bildungsabschluss vom Ende der Grundschule an das Ende der Sekundarstufe I verlegt werden und eine Schulart geschaffen werden, die auch in der Fläche tragfähig ist. Allerdings wurde das Konzept mehr als halbherzig umgesetzt. Die Gymnasien wurden von vornherein für sakrosankt erklärt. Aber auch für den Aufbau einer zweiten Säule neben dem Gymnasium fehlten klare Ziele und Vorgaben des Kultusministeriums. Das Land setzte auf eine „vegetative Schulentwicklung“ und hoffte, dass sich die Schullandschaft harmonisch und von alleine in Richtung Gemeinschaftsschule entwickeln würde. Tatsächlich haben viele Hauptschulen in der Umwandlung zur Gemeinschaftsschule die Überlebenschance gesehen. Und viele Realschulen haben versucht, sich dem Veränderungsprozess zu entziehen. Da aber auch die Realschulen vom veränderten Schulwahlverhalten betroffen sind, sollten diese ab 2016 schließlich als dritter Schritt einen Hauptschulabschluss anbieten, um auf die zunehmende Heterogenität der Schüler*innen zu reagieren.
Inzwischen bieten alle Schularten außer dem allgemeinbildenden Gymnasium mehrere Bildungsabschlüsse an, die Grundschulempfehlung verlor damit ihre Bedeutung.
Nach dem Regierungswechsel 2016 traf die neue grün-schwarze Landesregierung die Entscheidung, die Schulstrukturdebatte „einzufrieren“, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Die Realität lässt sich aber nicht einfrieren. Nur zwei Beispiele: Die Zahl der Werkrealschulen sinkt weiter. 2022/2023 gab es noch 229 Werkrealschulen, davon 22 mit weniger als 16 Schüler*innen in der Eingangsklasse. 2021/2022 wurden an den Gymnasien 2.731 Schüler*innen in Realschulen abgeschult, was das System weiter destabilisiert.
Die Initiative zum Volksantrag G9 hat den Versuch, die Schulstruktur „einzufrieren“, endgültig zum Platzen gebracht. Der Volksantrag ist das Aufbegehren bestimmter sozialer Schichten, die Angst um den Bildungserfolg ihrer Kinder haben und deshalb ihre Interessen in den Vordergrund stellen. Inzwischen geht es nicht mehr um die Frage, wie G9 gestaltet werden soll. In den Fokus sind zwei Aspekte gerückt:
- Wie viele Personalstellen sollen in G9 gesteckt werden? Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil die dafür notwendigen Lehrkräfte an anderer Stelle dringender gebraucht werden.
- Die Landesregierung hat offenkundig die Panik erfasst, dass mit G9 die Schulstruktur in der Sekundarstufe vollends erodiert. Die Botschaft des Papiers der Landesregierung ist klar: Die Übergangsquote auf das Gymnasium darf auf keinen Fall steigen, die Verhältnisse dürfen sich nicht ändern.
Zurück zu Ideen aus der Mottenkiste der Bildungspolitik
Nach den Vorstellungen von Grün-Schwarz soll es zukünftig zwei gleichwertige Wege zum Abitur geben:
- „Das allgemein bildende Gymnasium erhält ein akademisches Profil. Die Schülerinnen und Schüler sollen auf ein Studium vorbereitet werden.
- Gleichzeitig richten wir die Schularten neben dem Gymnasium mit gezielter Profilierung neu aus. Realschulen und Gemeinschaftsschulen erhalten hierzu ein dezidiert lebenspraktisches und berufliches Profil. Sie bieten den Schülerinnen und Schülern nach der zehnten Klasse durch feste Kooperationen oder Oberstufenverbünde mit den beruflichen Gymnasien einen klaren Weg in Richtung Abitur.“ (Pressemeldung des Staatsministeriums vom 2. Mai)
Zunächst fragt man sich, was daran neu sein soll. Bereits heute steht Schüler*innen mit mittlerem Bildungsabschluss der Weg in das Berufliche Gymnasium offen. Mehr als 50 Prozent der Schüler*innen erwerben in Baden-Württemberg ihre Hochschulzugangsberechtigung an Beruflichen Schulen. Lediglich circa 36 Prozent der Realschulabsolvent*innen planen, eine Berufsausbildung aufzunehmen, mehr als die Hälfte wechselt an eine berufliche Vollzeitschule.
Neu ist nur der ideologische Unterbau. Die Landesregierung differenziert zwischen einem „akademischen“ sowie einem „lebenspraktischen und beruflichen“ Bildungsgang. In dieser Logik wäre das Gymnasium lebensunpraktisch und würde nicht aufs Berufsleben vorbereiten. So wird eine längst überholte Argumentation reaktiviert: Die Schüler*innen werden nach der Grundschule in „theoretisch“ und „praktisch Begabte“ getrennt. Erstere besuchen das Gymnasium, zweitere die anderen Schularten.
Hier kommt ein Verständnis des allgemeinbildenden Gymnasiums zum Ausdruck, das selbst zu Kretschmanns Schulzeit schon fragwürdig war: eine elitäre, für eine kleine Minderheit konzipierte, wissenschaftpropädeutische Schulart, die ausschließlich auf ein wissenschaftliches Studium mit anschließender Karriere an einer Universität vorbereitet. Diese Vorstellung ist von der Realität längst überholt:
- Das Gymnasium ist mit einer Übergangsquote von 45 Prozent längst zur neuen „Hauptschule“ geworden. Darüber hinaus hat sich die Frage, welcher Abschluss ein*e Schüler*in erwirbt, durch die Angebote vor allem der Beruflichen Schulen längst von der Schulart und dem Übergangsverhalten nach der Grundschule entkoppelt.
- 2022 hatten 31,3 Prozent der Auszubildenden im Bereich der IHK ein Abitur oder eine Fachhochschulreife.
- Die Hochschullandschaft hat sich durch die Trennung in Bachelor und Master geändert. Studiengänge und Hochschulabschlüsse haben zunehmend einen berufsqualifizierenden Charakter.
- Die dualen Studiengänge boomen in Baden-Württemberg.
Kretschmann redet wieder einmal von der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung, meint damit aber die strikte Trennung zwischen beiden Systemen. Fakt ist aber, dass das Abitur längst nicht mehr ausschließlich auf ein Studium vorbereitet und dass die Akademisierung der Berufsausbildung längst voranschreitet. Die Grenze zwischen akademischer und beruflicher Bildung verwischt immer mehr. Gleichwertigkeit kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass beides zusammenwächst und nicht als Gegensatz. Diesen Entwicklungen muss sich das Schulsystem und das Gymnasium stellen. Wer das Gymnasium verändern will, muss zunächst fragen, welche Aufgaben es angesichts der veränderten Rahmenbedingungen leisten soll. Es wird sich der Herausforderung stellen müssen, dass der Wunsch der Eltern und Schüler*innen nach einer Hochschulreife ungebrochen ist und dass für viele Schüler*innen das Abitur der Zugang zu einer beruflichen Qualifikation bedeutet, die sich immer weniger in „berufliche“ und „akademische“ Bildung trennen lässt. Kretschmann will das Rad der Zeit zurückdrehen. Das ist eine Illusion und wird bestenfalls dazu führen, dass sich Eltern und Schüler*innen andere Wege zur Hochschulreife suchen – etwa über die beruflichen Schulen.
Eine „zweite Säule“ kann so nicht entstehen
Baden-Württemberg hat jenseits des Gymnasiums eine zerklüftete Schullandschaft. Bereits in den 2010er-Jahren wurde deshalb gefordert, eine einheitliche zweite Säule bis hin zum Abitur zu errichten. Sie sollte so attraktiv sein, dass Eltern sie auch wählen. Die neuen Vorschläge sind nicht nur eine klare Absage an diese zweite Säule. Sie sollen auch Entwicklungen zurückdrehen.
Die Landesregierung schlägt Verbünde von Realschulen und Werkrealschulen vor. Diese Möglichkeit gibt es aber bereits. Bei Verbundschulen bleiben die bestehenden Schularten erhalten, sie werden lediglich organisatorisch zusammengefasst. Unabhängig davon kann das Land gar keine Verbundschulen einrichten. Das können nur die örtlichen Schulträger.
Realschulen bieten inzwischen einen Hauptschulabschluss an. Das Konzept sieht ausdrücklich vor, dass an den Realschulen ab Klasse 6 eine äußere Differenzierung in G- und M-Niveau möglich sein soll. Ein WRS/RS-Schulverbund wird darauf hinauslaufen, dass die Hauptschulen im Verbund erhalten bleiben und es im Verbund wieder zwei getrennte Schularten gibt. Der Werkrealschulabschluss soll abgeschafft werden. Man kann diesen Abschluss sicher in Frage stellen. Im Kontext des Konzeptes werden die Werkrealschulen so aber in reine Hauptschulen zurückgeführt.
Alles in allem bedeutet das Konzept der Landesregierung: Eine Renaissance der Hauptschule, ein Abbau der Durchlässigkeit im Schulsystem und eine Rückkehr zu einem strikt nach Abschlüssen gegliederte System.
Der Vorschlag, dass Realschulen und Gemeinschaftsschulen feste Kooperationen beziehungsweise Verbund-Oberstufen mit beruflichen oder allgemeinbildenden Gymnasien bilden sollen, ist schon heute möglich. Diese Diskussion wurde bereits vor einigen Jahren geführt, als es um die Einführung von Oberstufen an der Gemeinschaftsschule ging. Allerdings ohne große Wirkung. Schüler*innen mit mittlerem Bildungsabschluss können jetzt schon in eine gymnasiale Oberstufe wechseln. Der Wechsel in ein allgemeinbildendes Gymnasium ist aufgrund der Zugangsvoraussetzungen nur schwer möglich. Die Beruflichen Gymnasien bieten eine Vielzahl von Schwerpunktfächern an. Eine Kooperation würde bestenfalls die Wahlmöglichkeiten der Schüler*innen beschränken. Unabhängig davon bleibt die Frage, warum das Land nicht die Oberstufen an den Gemeinschaftsschulen systematisch ausbaut.
Und schließlich: Die Debatte um eine starke zweite Säule wurde vor zehn Jahren geführt. Gemeint war dabei die Gemeinschaftsschule mit Oberstufe. Dazu hätte man aber ab 2016 die Gemeinschaftsschule weiter ausbauen und flächendeckend eine Oberstufe einführen müssen. Genau dies hat die grün-schwarze Landesregierung nicht gemacht. Jetzt ist die Frage, ob das Zeitfenster für die Einführung einer zweiten Säule neben dem Gymnasium nicht längst vorbei ist.
Die Lenkung von Schülerströmen – eine Gespensterdebatte
Die verschärfte Grundschulempfehlung und die Hoffnung, dass sich damit die Schülerströme in Richtung der zweiten Säule lenken lassen, ist eine Konsequenz des Konzepts. Das ist eine Gespensterdebatte. Eigentlich ist es befremdlich, dass sie im Zusammenhang mit der G9-Diskussion geführt wird. Sachlich hat das eine wenig mit dem anderen zu tun. Es gibt weder eine überzeugende Begründung, warum ein G9 zwangsläufig zu einer höheren Übergangsquote auf das Gymnasium führen wird, noch warum dies ein Problem sein soll, außer dass das Schulsystem an das veränderte Schulwahlverhalten angepasst werden muss. Die Debatte um die Verschärfung der Grundschulempfehlung ist deshalb in hohem Maße widersprüchlich.
Bereits in den 2000er-Jahren konnten Schülerströme nicht mit der Grundschulempfehlung gelenkt werden. Die „verbindliche Grundschulempfehlung“ wird derzeit mythologisiert. In Baden-Württemberg gab es nie eine wirklich verbindliche Grundschulempfehlung. Sie würde bedeuten, dass die Schüler*innen am Ende der Grundschule eine Empfehlung für eine weiterführende Schulart erhalten und sie zwingend befolgen müssen. Um ein stabiles mehrgliedriges Schulsystem zu erhalten, müsste außerdem eine Abschulung untersagt werden. Das würde aber dazu führen, dass das Gymnasium auch einen Hauptschul- und mittleren Bildungsabschluss anbieten müsste. Spätestens an diesem Punkt hätte sich die Grundschulempfehlung ad absurdum geführt.
Das wollte die Politik nie. Deshalb war die Grundschulempfehlung immer nur für die Schüler*innen mit Hauptschul-Empfehlung verbindlich. Schüler*innen mit Gymnasialempfehlung konnten sich ihre Schulart aussuchen. Derzeit erhalten rund 50 Prozent aller Schüler*innen eine Gymnasialempfehlung. Lediglich circa 80 Prozent von ihnen wechseln auf das Gymnasium, weitere 16 Prozent auf die Realschule und knapp vier Prozent auf die Gemeinschaftsschule. Das eigentliche Problem der Landesregierung scheint vor allem in der Aussicht zu liegen, dass die 25 Prozent der Schüler*innen, die derzeit mit einer Gymnasialempfehlung auf die Realschule wechseln, künftig das Gymnasium besuchen. Was aber spricht eigentlich dagegen, dass Schüler*innen mit einer Gymnasialempfehlung dann auch das allgemeinbildende Gymnasium besuchen?
Schließlich widersprechen sich die Ziele der Landesregierung: Während mit dem Konzept zur Schulstruktur offensichtlich die Zahl der Schüler*innen am Gymnasium verringert werden soll, beklagt Wissenschaftsministerin Petra Olschowski, dass es zu wenige Studierende gibt. Sie will Studienplätze ausbauen und startet unter dem wenig geistreichen Titel „The Nerd-Länd“ eine Werbekampagne.
Letztlich geht es nicht um die Grundschulempfehlung. Es geht auch nicht darum festzustellen, welcher Bildungsgang beziehungsweise Abschluss für ein Kind sinnvoll ist (was im Alter von zehn Jahren sowieso kaum möglich ist). Stattdessen sollen die Schülerströme nach den politischen Vorgaben gelenkt werden. So will die Landesregierung verhindern, dass die Realschulen leerlaufen. Das Gymnasium soll nicht zur neuen Volks- oder Gemeinschaftsschule werden. Dies widerspricht nicht zuletzt Kretschmanns Auffassung von einem elitären Bildungsgang Gymnasium mit einem akademischen Profil. Wenn Eltern künftig wollen, dass ihr Kind ohne entsprechende Grundschulempfehlung ein Gymnasium besucht, muss das Kind dafür eine Aufnahmeprüfung machen. Die soll es aber offenkundig nur für das Gymnasium geben.
Ministerpräsident Kretschmann und die grün-schwarze Koalition sind sehr unsanft aus ihrer Illusion gerissen worden, sie könnten die Schulstruktur über Jahre hinweg einfach einfrieren. Kretschmann hat mit Entsetzen festgestellt, dass er und seine Regierungskoalition weder einen Zukunftsplan für die Weiterentwicklung des Schulsystems noch die Kraft haben, einen solchen zu entwickeln. Die Vorschläge zur Schulstruktur sind über weite Strecken substanzlos, weil bereits möglich. Dort wo sie Veränderungen bedeuten, sind sie der Versuch, die Uhr zurückzudrehen. Ganz offensichtlich soll das Thema G9 möglichst rasch und geräuschlos vor der Landtagswahl 2026 abgeräumt werden. Das ist offenkundig gescheitert. Es gibt weder einen tragfähigen Zukunftsplan für das Schulsystem noch einen parteiübergreifenden Schulfrieden.