Nach dem PISA-Schock im Jahr 2000 hat die Frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen enorm an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewonnen. In der Folge wurde in Baden-Württemberg 2006 der „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung für die baden-württembergischen Kindergärten“ von der damaligen CDU/FDP-Regierung ausgegeben. Den Plan gibt es mittlerweile 11 Jahre!
Der Orientierungsplan wird in der Kita-Praxis sehr geschätzt. Ihm liegt ein umfassendes, ganzheitliches Bildungsverständnis zugrunde, das an der Eigenmotivation der Kinder anknüpft. Die pädagogischen Zielvorgaben orientieren sich an den Entwicklungsfeldern des Kindes, die als grundlegend für die Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation von Geburt an angesehen werden. Die Gestaltung des Kindergartenalltags steht seither unter dem Motto: „Die Welt mit den Augen der Kinder sehen“. Die Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen wurden geschult und sind seitdem dabei, ihre frühpädagogische Arbeit und die Einrichtungen im Sinne des Orientierungsplans weiterentwickelt. Doch nach der anfänglichen Euphorie ist jetzt mehr und mehr Ernüchterung zu spüren. Denn übrig geblieben sind gestiegene Erwartungen und höhere Arbeitsbelastung durch viele zusätzliche Aufgaben, die ohne zusätzliche Ressourcen bewältigt werden müssen. Seit Jahren verschlechtern sich daher die Arbeitsbedingungen der frühpädagogischen Fachkräfte in den Krippen, Kindergärten und Kindertagesstätten.
Dass die Aufnahme von U3-Kindern, die Ausweitung der Öffnungszeiten, die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und der Flüchtlingskinder trotz des Fachkräftemangels so gut gelingt, ist in erster Linie dem hohen Verantwortungsbewusstsein und Engagement der frühpädagogischen Fachkräfte zu verdanken. Doch sie leiden zunehmend unter einem Umsetzungsdilemma. Denn einerseits identifizieren sie sich mit den Anforderungen des Orientierungsplans, aber andererseits fehlen die notwendigen Ressourcen, diese in hoher Qualität umzusetzen.