Leitungszeit Berufliche Schulen
Der Landtag von Baden-Württemberg hat im Rahmen des Landeshaushaltes für das Jahr 2022 160 zusätzliche Stellen geschaffen, die in eine zusätzliche Entlastung der Schulleitungen fließen sollen. Für die beruflichen Schulen ist diese Regelung der Leitungszeit jedoch ungenügend.
Der Landtag von Baden-Württemberg hat im Rahmen des Landeshaushaltes für das Jahr 2022 160 zusätzliche Stellen geschaffen, die in eine zusätzliche Entlastung der Schulleitungen fließen
sollen. Geplant ist, dass die Zuweisung von Leitungszeit bei 1 bis 20 Klassen von 1,2 auf 1,25 Wochenstunden erhöht wird und bei 21 bis 40 Klassen von 1,0 auf 1,15 Wochenstunden. Eine Schule
ab 36 Klassen wird damit 4 Lehrerwochenstunden (LWS) mehr erhalten. Da es kaum Berufliche Schulen mit weniger als 36 Klassen gibt, wird dies für die meisten Beruflichen Schulen zutreffen.
Die GEW-Landesfachgruppen Berufliche Schulen gehen davon aus, dass dadurch ca. 40 Deputate an zusätzlicher Leitungszeit an den Beruflichen Schulen zur Verfügung stehen. Dieser Anteil entspricht in etwa dem Anteil der Schüler*innen an Beruflichen Schulen an der Gesamtschüler*innenzahl. Diese Erhöhung der Leitungszeit ist angesichts der rasant steigenden Aufgaben von Schulleitungen sicher zu begrüßen, sie ist allerdings bei weitem nicht ausreichend. Das KM selbst hat die Maßnahme als ersten Schritt in der Umsetzung der zweiten Stufe des Schulleitungskonzeptes bezeichnet.
Was brauchen Berufliche Schulen?
Die jetzige Regelung berücksichtigt in keiner Weise die unterschiedliche Größe der Beruflichen Schulen. Schulen mit 40 Klassen sind eher kleine Schulen, mittlere Schulen haben 60 bis 100 Klassen, große Schulen kommen auf bis zu 150 Klassen und ca. 3.500 Schüler* innen. Bei den weiteren Schritten muss deshalb die Zuweisung ab 41 Klassen von derzeit 0,5 auf 0,75 LWS erhöht werden. Notwendig ist weiterhin eine Erhöhung der Leitungszeit bei mehreren Schularten sowie ein Innovationspool an Anrechnungsstunden für Schul- und Unterrichtsentwicklung. Darüber hinaus muss – wie angekündigt – auch die Kürzung des Allgemeinen Entlastungskontingents zurückgenommen werden.
„Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert“ – ein zweischneidiges Schwert.
Das Schulleitungskonzept des KM sieht vor, dass alle Schulen ab 1.000 Schüler* innen das Angebot einer Schulverwaltungsassistenz erhalten sollen. Das KM führt dazu unter dem Titel „Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert“ Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden. Neben der Schulverwaltungsassistenz geht es dabei auch um die Frage der EDV- und Netzwerkbetreuung, die perspektivisch von Fremdanbietern übernommen werden soll. Eine Schulverwaltungsassistenz kann die Schulleitungen an großen Schulen von Verwaltungsaufgaben sicher entlasten. Beruflichen Schulen müssen im Rahmen
der beruflichen Qualifizierung die Arbeits- und Berufswelt abbilden. Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt spiegelt sich nicht erst seit Corona an den Beruflichen Schulen wider. Selbst für große Schulen wird es immer schwieriger, die EDV- und Netzwerkbetreuung zu leisten. Eine Übernahme dieser Aufgaben durch Fremdanbieter kann die Schulen deshalb durchaus entlasten. Entscheidend wird am Ende aber die Frage der Finanzierung sein. Das KM hat mittlerweile sehr deutlich gemacht, dass das Ziel der Verhandlungen mit den Schulträgern die Reduzierung von Anrechnungsstunden und die Rückführung von Lehrerwochenstunden in den Unterricht sei. Im bisherigen Modellversuch zur Schulverwaltungsassistenz müssen die Schulen die Assistenz mit bis zu 12 LWS an Anrechnungsstunden gegenfinanzieren. Die Fortführung dieses Finanzierungsmodells ist völlig indiskutabel. Eine Verwaltungsassistenz kann Schulleitung nicht ersetzen sondern nur ergänzen, eine Entlastung wird es deshalb nur geben, wenn die eigentliche Leitungszeit unangetastet bleibt. Berücksichtigt werden muss dabei auch, dass die Umsetzung des Qualitätskonzeptes des KM überhaupt erst in den kommenden Schuljahren an den Schulen ankommen wird. Ohne dass entsprechend Leistungszeit zur Verfügung gestellt wird, wird auch dieses Konzept scheitern.
Im Bereich Digitalisierung gilt, dass die Zahl der digitalen Endgeräte in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist und damit auch der entsprechende Aufwand für die Betreuung. Die Einbindung von Fremdanbietern kann deshalb zunächst nur den steigenden Aufwand kompensieren. EDV-Netzwerke, Software und Endgeräte sind zudem an den Beruflichen Schulen kein „nice to have“, sondern integraler Gegenstand des Fachunterrichts – das bedeutet, diese Systeme müssen funktionieren, auch kurzfristig. Fremdanbieter, die dann erst nach Terminvereinbarung in die Schule kommen, helfen hier nicht wirklich
weiter. Eine ernsthafte Kompensation von Anrechnungsstunden kann es deshalb nur geben, wenn zumindest an großen Schulen bzw. an Schulzentren feste Stellen vor Ort geschaffen werden. Darüber hinaus muss auch geklärt werden, ob es die entsprechenden Fachkräfte überhaupt auf dem Arbeitsmarkt gibt und ob das Land bzw. die Schulträger eine attraktive Bezahlung bieten, um diese dann zu gewinnen.
Für die GEW-Berufliche Schule ist deshalb klar, dass sich die Debatte über die Neuausrichtung der Schulträgerschaft nicht dazu eignet, LWS einzusparen.