Die Zahlen in der amtlichen Schulstatistik sind beeindruckend. An den öffentlichen und privaten allgemeinen Schulen wurden im ersten Schuljahr nach der Novellierung des Schulgesetzes bereits 6.453 Schüler/innen mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot (BA) zielgleich oder zieldifferent an einer allgemeinen Schule unterrichtet. Die beruflichen Schulen sind dabei nicht berücksichtigt – Inklusion im Sinne des Schulgesetzes findet dort derzeit praktisch nicht statt.
Die 6.453 Schüler/innen mit BA verteilen sich sehr unterschiedlich auf die Schularten. Mit 56 Prozent wurde über die Hälfte der Schüler/innen mit BA an den Grundschulen unterrichtet. Knapp 22 Prozent besuchten eine Gemeinschaftsschule, 18 Prozent eine Haupt-/Werkrealschule. Zusammen bewältigen diese Schularten also rund 95 Prozent der inklusiven Angebote. Die dortigen Lehrkräfte und Schulleitungen müssen die Herausforderungen ohne ausreichende Ressourcen und Unterstützung bewältigen.
Bei den Förderschwerpunkten der inklusiv beschulten Schüler/innen mit BA gibt es deutliche Unterschiede. Zwei Drittel der Schüler/innen haben einen BA mit Förderschwerpunkt „Lernen“. Jeweils rund 9 Prozent hatten den Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ bzw. „emotional-soziale Entwicklung“. 7 Prozent hatten einen BA mit Förderschwerpunt „Sprache“, rund 5 Prozent den Förderschwerpunkt „körperlich-motorische Entwicklung“. Den Förderschwerpunkt „Hören“ hatten rund 2 Prozent, den Förderschwerpunkt „Sehen“ rund 1 Prozent.
Die inklusiven Anteile der Förderschwerpunkte entsprechen den Größenordnungen, weichen aber vom Anteil der Schüler/innen an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) ab. Insgesamt wurden an den öffentlichen und privaten SBBZ im Schuljahr 2015/16 rund 49.000 Schüler/innen mit BA unterrichtet. Davon besuchten rund 33 Prozent ein SBBZ „Lernen“ (früher Förderschulen). Rund 18 Prozent wurden an einem SBBZ „geistige Entwicklung“, rund 16 Prozent an einem SBBZ „emotional-soziale-Entwicklung unterrichtet. Weitere 12 Prozent besuchten ein SBBZ „Sprache, rund 4 Prozent ein SBBZ „Hören“ und rund 2 Prozent ein SBBZ „Sehen“. Der Förderschwerpunkt „Lernen“ ist in der Inklusion also deutlich überrepräsentiert.
Im ersten Schuljahr nach der Schulgesetzänderung ist die Gesamtzahl der Schüler/innen mit BA deutlich gestiegen. Im Schuljahr 2014/15 wurden in der Schulstatistik ca. 52.500 Schüler/innen mit BA gezählt. Im Schuljahr 2015 waren es bereits 55.500, davon ca. 49.000 an den SBBZ und rund 6.500 in der Inklusion an den allgemeinen Schulen.
Für die rund 3.000 zusätzlichen Schüler/innen wurden zwar neue Stellen geschaffen. Diese reichen aber nicht aus, um das ohnehin bestehende strukturelle Defizit im sonderpädagogischen Bereich zu beseitigen. Sie reichen auch nicht aus, um den durch die höheren Schülerzahlen gestiegenen Bedarf zu decken. Sie reichen nicht aus, den zusätzlichen Bedarf zu decken, der für sinnvolle inklusive Lösungen notwendig ist. Und schon gar nicht reichen die Stellen aus, um die berechtigten Forderungen der Lehrkräfte und Schulleitungen an den allgemeinen Schulen und den SBBZ nach mehr Zeit für die mit der Inklusion verbundenen Aufgaben zu erfüllen. Die Folge sind Überlastung und Frustration an den SBBZ und an den allgemeinen Schulen mit inklusiven Angeboten. Weder an den SBBZ noch in der Inklusion kann den Schüler/innen so die Bildung ermöglicht werden, die ihnen zusteht. Und nicht zuletzt leidet unter den schlechten Rahmenbedingungen und den überlasteten Lehrkräften und Schulleitungen auch die Qualität des Unterrichts der Kinder ohne Behinderung.