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Werkrealschule

Mit Leib und Seele für die Werkrealschule

Werkrealschulen leiden wie alle Schularten unter Personalmangel und unzureichender Unterstützung für die Schulleitungen. Doch der Schulart fehlt zusätzlich die Wertschätzung. Die Schillerschule in Ettlingen gibt trotzdem ihr Bestes.

Stefanie Wagner, Schulleiterin der Schillerschule in Ettlingen
Stefanie Wagner, Schulleiterin der Schillerschule in Ettlingen

Rektorin Stefanie Wagner empfängt mich herzlich in ihrem Büro im Altbau der Ettlinger Schillerschule, das sie sich gerade wegen Umbauarbeiten mit der Konrektorin teilt. Das sei eine Interimslösung und dem Neubau geschuldet, erzählt Wagner. 2024 soll der Anbau fertig sein. Und war wohl auch bitter nötig. Es sei für die 24 Klassen der Grund- und Werkrealschule einfach zu wenig Platz. Zwei Klassen sind zurzeit noch in Containern untergebracht, auch Fachräume müssen als Klassenzimmer genutzt werden. Der Altbau selbst ist in die Jahre gekommen. Auch hier müsste dringend Hand angelegt werden. „Die Stadt als Schulträger ist da zum Glück finanziell recht großzügig“, betont sie mit Blick aus dem Fenster. Auch sollen sie bald ein Ganztagsbetrieb sein. Ein Beschluss der Stadt.

Aus allen Ecken im Landkreis Karlsruhe kommen die Schüler*innen an die Werkrealschule (WRS). Die Schillerschule, einzige noch bestehende WRS im südlichen Landkreis, beschult Kinder- und Jugendliche von Karlsruhe bis Bad Herrenalb. Die Schüler*innen kommen aus unterschiedlichen sozialen Schichten zusammen und lernen gemeinsam. „Aber es funktioniert“, schiebt Wagner hinterher. Dass dieser Schulart zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird, darüber sind wir uns schnell einig. In den Medien versinke sie leider schnell, nebst für die Landesregierung brisanteren Themen: G8/G9, Grundschulempfehlung Ja/Nein, oder die akute Leseschwäche vieler Kinder. Obgleich die WRS als tragende Konstante fungiere, sowohl in der Flüchtlings- als auch inklusiven Beschulung.

Es geht auch anders

Eine Gemeinschaftsschule sollte die Schillerschule einmal werden. Aufgrund der immensen Kosten scheiterte der Vorschlag jedoch im Gemeinderat. Von einer schwindenden Schülerschaft ist die WRS jedoch nicht betroffen. Die Zahlen blieben über die Jahre hinweg konstant. Zweizügig sind sie immer noch in der Sek I. Wagners Schule profitiert von dem vergrößerten Einzugsgebiet.

Wagner setzt da an, wo andere wahrscheinlich schon kopfschüttelnd ablehnen würden: Inklusion ist für sie machbar und auch tragbar. Bis zu einem gewissen Grad natürlich. Die Voraussetzungen dafür müssen jedoch gegeben sein. Ausreichende Förderstunden, zusätzliche Unterstützung in den Regelklassen, gut ausgebildete Lernbegleiter*innen sind daher unerlässlich. Seit diesem Jahr hat sie eine Sonderpädagogin an der Schule. „Mit einem vollen Deputat ist das schon eine ganz große Hausnummer“, nickt sie zustimmend. Viele Schulen haben aufgrund der schlechten Lehrerversorgung nur stundenweise oder gar keine Unterstützung durch Sonderschullehrkräfte. Sie könne so gleich ganz anders planen. Planung sei sowieso die halbe Miete.

Werte wolle sie vermitteln. Das sei wichtig. Gerade in der Sek I. „Ein freundliches Hallo öffnet dir auf dem Ausbildungsmarkt schon mal die eine oder andere Tür.“ Höflichkeit, gute Ausdrucksformen und Pünktlichkeit gehören für Wagner ebenfalls zum guten Umgang. Auch sei so das Klima viel besser in den einzelnen Klassen.

Der Anspruch an ihre Schule ist hoch, so auch an ihre Schüler*innen. „Sie sollen später gute Chancen haben auf dem Arbeitsmarkt“, erzählt sie. Mindestens eine 10. Klasse gibt es jedes Jahr. Viele machen auch weiter. Legen die Realschulprüfung ab, wechseln später in die gymnasiale Oberstufe. „Der Trend dahin ist schon relativ gewachsen“, erzählt Wagner. Das Tollste sei allerdings, wenn Schüler*innen Jahre später zu Besuch kämen und ihre Schulzeit in schöner Erinnerung behalten hätten, erzählt Wagner lächelnd. Es gebe sogar ein paar mit Hochschulabschluss. „Das macht mich dann richtig stolz.“ Es gebe natürlich immer ein oder zwei Schüler*innen, die ohne Abschluss abgingen. „Aber das ist ja eine wirklich kleine Zahl“, legt sie nach.

Auf dem Ausbildungsmarkt ist die Schule gut vernetzt. Das Boris-Berufswahlsiegel hat die Schillerschule in diesem Jahr wieder inne. In Klasse 8 finden die Berufsorientierungstage statt; in den Klassen 9 und 10 Praktika. Auch hält sie Kontakt zu unterschiedlichen Firmen. Das hilft den Schüler*innen ungemein bei der Lehrstellensuche.

Von der knappen Lehrer*innenversorgung ist an der Schillerschule bisher nichts zu spüren. Selbst ihre zwei Vorbereitungsklassen sind mit voll ausgebildeten Lehrkräften besetzt. Das sei die Tage nicht selbstverständlich, betont Wagner. Beim Thema „Direkteinstieg“ winkt sie ab. Zu unkoordiniert sei die Sache, zu aufwendig. „Ich wüsste gar nicht, wie wir das zeitlich auch noch stemmen sollten“, legt Wagner nach. Sie selbst hat den klassischen Weg zum Lehramt eingeschlagen. Nach dem Studium an der PH war Wagner einige Zeit in Pforzheim tätig. Erst als Lehrerin, dann als Konrektorin. An der Schillerschule ist sie jetzt seit zwölf Jahren. Sie lebt für ihre Arbeit. Und für ihre Schüler*innen.

Das Profil der Schule ist vielfältig. Kreativ sind sie unterwegs. Musikalisch sowieso. Einen Chor und eine Schul-Band gibt es. Auch setzt Wagner auf sportliche Betätigung. Grundsätzlich lassen die motorischen Fähigkeiten der Schüler*innen immer mehr nach, erzählt sie seufzend.

Personalratswahlen 2024

Pläne für die Zukunft hat Wagner einige. Sie kandidiert nun für den GEW-Personalrat. Es sei an der Zeit, Dinge zu verändern. Eine starke Vertretung innerhalb des Personalrates für die WRS-Kolleg*innen liegt ihr am Herzen. Vor allem im Schulleitungsbereich tue sich einfach zu wenig, meint Wagner. Sie plädiert für mehr Entlastung in der Schulleitungsarbeit. Man habe nie so richtig Zeit für irgendwas. „Vor allem in Zeiten, an denen man personell am Limit läuft“, müsse auch sie für kranke Kolleg*innen einspringen. Zusätzliche Verwaltungsaufgaben rauben ihr viel Zeit für Grundständiges. „Ich verbringe manchmal Stunden damit, irgendwelche Dokumente runterzuladen oder Abfragen auszufüllen“, erzählt sie. Aktuell schlägt sie sich mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung herum.

Das von Kultusministerin Theresia Schopper auf der GEW-Schulleitungstagung in Stuttgart 2022 versprochene Entlastungspaket geistere offensichtlich wie eine rhetorische Fata Morgana durch die Bildungslandschaft. Getan habe sich dahingehend laut Wagner eigentlich nichts. „Letztendlich fehlt es auch an Sekretariatsstunden und die stellt der Schulträger und nicht das Land“, seufzt sie. Da müsse einfach mehr passieren.

Wichtig ist ihr die Besoldungsangleichung in der Sek I. „Es kann ja wohl nicht sein, dass bei gleicher Arbeit am Monatsende weniger auf dem Gehaltszettel steht“, argumentiert sie. Da müsse man auf jeden Fall ansetzen. Natürlich wisse sie auch, dass jetzt die Studienzeit für das Sek I-Lehramt an den Pädagogischen Hochschulen länger dauere als früher. Man könne aber nicht langjährige Lehrkräfte schlechter bezahlen als Dienstanfänger*innen.

Kontakt
Maria Jeggle
Redakteurin b&w
Telefon: 0711 21030-36