Übertragung Tarifergebnis auf Beamt*innen
Mitglieder im Ruhestand wehren sich
Anders als von der GEW gefordert, will die Landesregierung das Tarifergebnis nicht zeit- und wirkungsgleich auf die beamteten Kolleg*innen übertragen. Bei den Versorgungsempfänger*innen plant sie sogar weitere Kürzungen!
Die Gehälter sollen für Beamt*innen im November 2024 um 3,6 Prozent und ab Februar 2025 um weitere 5,6 Prozent angehoben werden. Damit liegen die Beamt*innen und Ruhegehaltsempfänger*innen unter der Tarifeinigung. Der Sockelbetrag mit 200 Euro ist meist weit mehr wert, als die geplanten 3,6 Prozent. Die Inflationsprämie soll an die Mitglieder im Ruhestand nur in der Höhe des individuellen Ruhegehaltssatzes ausbezahlt werden. Sie erhalten somit maximal 2.152 Euro. Meist weniger. Vor allem die Kolleg*innen in den unteren Besoldungsgruppen, bekommen viel weniger.
Die GEW und vor allem die Vorsitzenden der Mitglieder im Ruhestand (MiR) finden das nicht akzeptabel. Deshalb haben sie die MiR dazu aufgerufen, mit einem Protestbrief ans Finanzministerium dagegen zu protestieren, möglichst mit einer persönlichen Ergänzung.
Das Ergebnis war überwältigend! Innerhalb von 16 Tagen erreichten die GEW 937 Protestbriefe aus dem ganzen Land, davon 257 mit persönlichen Begründungen! Vielen Dank!
Am 22. Februar fand im Finanzministerium die erste Beratung zur Umsetzung des Tarifergebnisses statt. Noch vor dem Termin haben die Mitglieder im Ruhestand die Pakete mit den Briefen an den Ministerialdirektor Christian Järkel, Leiter der Abteilung 1 im Finanzministerium, und an Rieke Eicher, Leiterin Referat 15, Versorgung und Beihilfe, übergeben.
Wen die Kürzungen der Inflationsprämie hart treffen
Die Briefe zeigen: Die Empörung ist groß. Das Unverständnis auch. Die Rückmeldungen machen auch deutlich, wen die Kürzungen besonders betreffen: Die Frauen. Sie konnten oft wegen Kinderbetreuung und späterer Pflege der Eltern kaum in Vollzeit arbeiten. Die Mehrheit kommt auf Ruhegehaltssätze von 45 bis 55 Prozent. Und das vorwiegend in den Gehaltsgruppen A10, A11 und A12.
Dass die Kürzungen des Inflationsausgleichs gerade die Kolleg*innen mit den geringen Versorgungsbezügen betrifft, wird als sehr ungerecht empfunden. Sie haben maximal 71,75 Prozent, zum Teil auch nur 39 Prozent ihres früheren Gehalts. Und entsprechend weniger Prämie. Ihre Rechnungen müssen sie zu 100 Prozent zahlen! „Kann mir die Landesregierung erklären, wieso ich als Pensionär von der Inflation weniger betroffen sein soll als aktive Beamt*innen?“, schreibt ein Kollege.
Diese Benachteiligung betrifft besonders auch die Kolleg*innen, die in den 80er-Jahren wegen Lehrkräfteüberschuss nicht eingestellt wurden. Erst Jahre später wurden sie mit Abschlägen und mit maximal einem Drei-Viertel-Deputat übernommen. Das führt zu einem geringeren Ruhegehaltssatz und jetzt zu mehr Kürzung!
Inzwischen waren schon Kinder da, die Kita-Plätze rar, also wurde die Arbeitszeit halbiert. Meist hieß das – so äußerten viele – halber Lohn bei drei Viertel Arbeit. Und damit wieder weniger Pension für die Leistung! In dieser Zeit wurde auch dafür geworben, aus „arbeitsmarktpolitischen Gründen“ Teilzeit zu arbeiten. Die Quittung kommt jetzt!
Pädagogisches Engagement führte auch zur Kürzung von Bezügen und Pension. Um den schulischen Anforderungen gewachsen zu sein, haben viele auch ihre Stundenzahl reduziert, um nicht durch Erkrankung durch Überforderung auszufallen. Ihnen tut die jetzt erlebte mangelnde Wertschätzung besonders weh.
Der engagierte pädagogische Einsatz an den Schulen ist jetzt in Zeiten von Lehrkräftemangel auch noch im Ruhestand erwünscht. Zahlreiche Kolleg*innen arbeiten aus Verantwortungsgefühl und auch wegen Geldknappheit weiter. Das erhöht aber nicht den Ruhegehaltssatz. Also Kürzung der Prämie!
Nicht wenige MiR berichteten, dass sie kaum Rücklagen bilden können, weil sie die Ausbildung ihrer Kinder und teilweise der Enkel finanziell unterstützen müssen. Und das Warten auf die Beihilfe-Rückerstattung wird als Ärgernis genannt, besonders, wenn immer mehr nicht erstattet wird.
Auch treibt zahlreiche Kolleg*innen um, dass der so dringend nötige Lehrberuf durch solche Maßnahmen nicht attraktiv bleibt. Und sie verstehen nicht, dass andere Bundesländer das besser machen, aber das reiche Baden-Württemberg nicht.
Oft wird beklagt, dass Geld für Projekte wie THE LÄND oder Stuttgart 21 da sei, aber nicht für Beschäftigte, die sich mit ihrer Lebensleistung für die Ausbildung der Jugend eingesetzt haben. Wobei häufig ihr freiwilliges soziales Engagement dem Land Kosten erspart. „Wenn wir schon als Beamte nicht streiken dürfen, dann soll die Alimentations- und Fürsorgeverpflichtung nicht bloßes Gerede sein!“ schreibt beispielsweise eine Kollegin.
Es war ergreifend zu lesen, wie sehr manche Mitglieder im Ruhestand auf die gleichwertige Teilhabe an der Inflationsausgleichsprämie angewiesen sind! Eine Kollegin schreibt: „Ich bin mit 52 Jahren wegen Post Covid im Ruhestand, alleinerziehend und bekomme einen Ruhegehaltssatz von 38 Prozent. Für mich wäre der volle Inflationsausgleich eine echte finanzielle Entlastung. Es fühlt sich für mich sehr ungerecht an. Wenn ich gesund wäre, hätte ich mit A14 den Inflationsausgleich, ganz ehrlich, nicht unbedingt gebraucht. Jetzt bin ich krank, pflegebedürftig und bekomme nicht mal die Hälfte. Das Geld ist doch dafür da, die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzufedern.“
Die GEW bleibt in der Sache dran! Danke für all die Beiträge, denn die GEW ist so stark, wie ihre Mitglieder sie machen.