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Mut zur Menschlichkeit

Kein Thema hat uns in den vergangenen Jahren so intensiv beschäftigt wie die große Zahl der Flüchtlinge, die zurzeit in Deutschland, in Baden-Württemberg, in unseren Städten und Gemeinden, an unseren Schulen und Kitas ankommen.

Baden-Württemberg wird allein in diesem Jahr weit mehr 100.000 Flüchtlinge aufnehmen, davon bis zu 30.000 Kinder und Jugendliche. Viele kommen unbegleitet – ohne Vater und Mutter. Sie kommen zu uns mit der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Niemand bestreitet, dass in den Landeserstaufnahmestellen, auch in der Anschlussunterbringung, schwierige Situationen bestehen – für die Helferinnen und Helfer, für die Flüchtlinge und für die Bevölkerung. Die tägliche Arbeit bedeutet für alle direkt Beteiligten große Kraftanstrengungen.

Ich danke allen, die weit über ihre berufliche Verpflichtung hinaus, als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, in den Kirchen, im caritativen Bereich, als Ehrenamtliche hervorragende Arbeit leisten. Die Hilfsbereitschaft und Selbstverständlichkeit, mit der sich viele GEW-Mitglieder – nicht zuletzt Mitglieder im Ruhestand – ehrenamtlich in unterschiedlichster Weise in die Arbeit mit Flüchtlingen einbringen, beeindruckt mich sehr.

An den Schulen sind inzwischen mehr als 2.000 Klassen für Flüchtlinge entstanden. Der Landtag hat weitere 600 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Ob so viele Lehrkräfte auf dem Arbeitsmarkt gefunden werden, noch dazu mit der notwendigen Qualifikation, ist allerdings mehr als fraglich.

Für mich stellt sich nicht die Frage „Schaffen wir das oder schaffen wir das nicht?“. Viele ältere Kolleg/innen erinnern sich noch daran, wie der Südwesten nach dem Zweiten Weltkrieg 1,6 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten und aus Ostdeutschland aufgenommen hat. Ich stelle mir aber eine andere Frage: Wie gelingt es uns, den Rechtspopulisten, der AfD, den Neonazis und jeder Form von Gewalt, Rassismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Einhalt zu gebieten? Wie können wir gemeinsam verhindern, dass unsere demokratische Kultur zerstört wird?

Eine Antwort kenne ich: Alle Kräfte links von der AfD müssen zusammenstehen und gemeinsam gegen Fremdenhass und Gewalt Position beziehen, für Respekt gegenüber Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, für Demokratie werben.

Nicht jede/r kann und muss sich ehrenamtlich engagieren. Um eines jedoch bitte ich aber alle:

  • Sorgen Sie dafür, dass Diskriminierung, Gewalt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keinen Platz in der Schule, in der Kita, an der Hochschule, in jeder Dienststelle und Bildungseinrichtung haben.
  • Machen Sie in Ihrer pädagogischen und erzieherischen Arbeit für Kinder und Jugendliche erfahrbar, dass die vielen Flüchtlinge Menschen mit Einzelschicksalen sind.
  • Zeigen Sie Zivilcourage und treten Sie undemokratischen Äußerungen und Handlungen entgegen.
  • Zeigen Sie Mut zu Menschlichkeit.

Nicht nur wir sind gefordert. Auch Europa steht in der Verantwortung, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Wir brauchen endlich eine friedensstiftende Außenpolitik, ein Umdenken bei den Rüstungsexporten, eine faire Handelspolitik und Soforthilfe in Krisengebieten.