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Barrierefreie Hochschulen?

Vier Prozent der Studierenden sind mobilitätsbeeinträchtigt. Die Dokumentation „Studieren im Rollstuhl“ gibt einen kleinen Einblick in den Alltag von Tanja und den Herausforderungen, die ihr als Rollstuhlfahrerin am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) begegnen.

2009 ratifizierte auch die Bundesrepublik Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention bzw. UN-BRK), die damit auch hier rechtsverbindlich wurde. Gemäß Artikel 24 der UN-BRK soll sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen „ohne Diskriminierungen und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung (…) und lebenslangem Lernen haben.“

Dennoch spielt das Thema Inklusion in der Bildungspolitik, obwohl es ein fundamentaler Bestandteil von Chancengleichheit ist, eine untergeordnete Rolle, auch im Hochschulalltag selten zur Sprache kommt. Dabei waren laut der 20. Sozialerhebung im Jahr 2012 14 Prozent aller Studierenden „gesundheitlich beeinträchtigt“. Mehr als 40 Prozent von ihnen leiden unter einer psychischen Erkrankung.[1] Art und Umfang der Beeinträchtigungen sind sehr heterogen. Laut einer Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit (best-studie) des Deutschen Studentenwerks (DSW) aus dem Jahr 2011 trat bei 25 Prozent der Studierenden die Beeinträchtigung erst während des Studiums auf. Von den beeinträchtigten 14 Prozent hat lediglich ein Anteil von 8 Prozent einen Schwerbehindertenausweis. Bei 94 Prozent der Studierenden ist die Beeinträchtigung darüber hinaus nicht direkt zu sehen. Maßnahmen für eine bessere Inklusion müssen deshalb unbedingt auch nicht-sichtbare Beeinträchtigungen wie zum Beispiel psychische Erkrankungen mitberücksichtigen.

Hochschulzugang ist für viele Menschen mit Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen bereits derzeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Laut best-studie des DSW wurden 47 Prozent der Betroffenen bei ihrer Studienwahl durch ihre Beeinträchtigung beeinflusst. 9 Prozent wurden sogar von der Aufnahme ihres Wunschstudiums abgehalten.[2] Die Hochschulen selbst sind in der Regel nicht angemessen auf Studienbewerber/innen mit Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen vorbereitet, Informationen und Beratungsangebote sind kaum vorhanden oder werden nicht transparent und in angemessener Form kommuniziert. Auch sind Dozierende nicht ausreichend sensibilisiert und geschult für den Umgang mit Studierenden, die eine Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen aufweisen.

 


[1] www.studentenwerke.de/sites/default/files/01_20-SE-Hauptbericht.pdf

[2] www.best-umfrage.de/PDF/beeintraechtigt_studieren_2011.pdf

 

Die GEW fordert die Landesregierung zur umfassenden Umsetzung von Inklusion an Hochschulen auf, schnellstmöglich politische Rahmenbedingungen zu schaffen, um das Hochschulpersonal entsprechend zu professionalisieren und Studierende im Rahmen ihres Studiums für den Umgang mit Inklusion zu sensibilisieren.

Zu diesem Zweck sollen die vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb der Hochschule (Möglichkeiten zu Nachteilsausgleichen, Beratungsangebote, Unterstützung und Einbindung der Interessenvertretung behinderter Studierender, Zurverfügungstellung von Hilfsmitteln), aber auch darüber hinaus (z.B. Eingliederungshilfe) evaluiert und verbessert werden.

Konkrete Forderungen für das Studium und die Arbeit der Beschäftigten sind:

  • Die konsequente Einführung und Durchsetzung des Nachteilsausgleichs für alle Hochschulangehörigen.
  • Einrichtung bzw. Ausbau von Beratungsstellen für Hochschulangehörige. Im Bereich Studium können dort z.B. individuelle Hilfsangebote unterbreitet werden. Hierzu zählen exemplarisch angepasste Prüfungsleistungen, barrierefreie Skripte und Vorlesungsmaterialien, aber auch der Zugang zu entsprechenden Ressourcen.
  • Für die Lehre ist die Vermittlung von Standards der barrierefreien Didaktik an alle Lehrenden erforderlich.
  • Die Studentenwerke werden aufgefordert, ihr Angebot ebenfalls barrierefrei auszugestalten.