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Hochschulfinanzierungsvertrag Perspektive 2020: Mit politischen Zahlen jongliert

Im Juli 2014 präsentierten Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und Finanzminister Nils Schmid die Eckpunkte für den Hochschulfinanzierungsvertrag „Perspektive 2020“ als Nachfolgevertrag des Solidarpaktes II. Die hochgelobte Finanzierung ist allerdings nicht so gut, wie sie scheint.

Das Eckpunktepapier sieht vor, zwischen 2015 und 2020 insgesamt 1,091 Milliarden Euro mehr für die Finanzierung von Baden-Württembergs Hochschulen auszugeben und weitere 600 Millionen für ein Bausonderprogramm bereitzustellen. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass sich die versprochene zusätzliche Finanzierung aus den freiwerdenden BAföG-Mitteln des Bundes und bereits heute fließenden Geldern zusammensetzt. Für eine klare Prioritätensetzung des Landes als Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg ist dies allerdings zu wenig.


Die GEW begrüßt, dass die ab dem Wintersemester 2015 vom Bund übernommenen BAföG-Mittel zu 100 Prozent in der Bildung verbleiben. Je zur Hälfte fließen die jährlich rund 120 Millionen Euro in schulische Bildung und in die Hochschulen. Des Weiteren begrüßt es die GEW, dass bis 2020 pro Jahr 100 Millionen zusätzlich als Bausonderprogramm den Hochschulen zur Verfügung stehen. Ob dies allerdings ausreicht, den Sanierungsstau der Hochschulen aufzuholen oder gar zu beseitigen, werden erst die kommenden Jahre zeigen. Investitionen in die stark unterfinanzierte Lehre und die prekär Beschäftigten sind dies allerdings noch nicht.

Die neben dem Bausonderprogramm zusätzlich vereinbarten 1,091 Milliarden Euro des Eckpunktepapieres fließen in die Grundfinanzierungssteigerung von jährlich 3 Prozent bis zum Jahr 2020 (d.h. pro Jahr ein Plus von 73 zu Beginn bzw. fast 100 Millionen Euro im Jahr 2020). Nur die Grundfinanzierungssteigerung ergibt so in der Summe zwischen 2015 und 2020 2,16 Milliarden Euro. Um diese Summe zu finanzieren, schichtet die Landesregierung zur einen Hälfte die bereits vorhandenen Qualitätssicherungsmittel (QSM) – über die die Studierenden bisher mitentscheiden konnten – in Höhe von 1,065 Milliarden Euro bis 2020 um, bzw. „veredelt“ diese. Zur anderen Hälfte – und das sind die zusätzlichen 1,091 Milliarden Euro – nutzt sie die freigewordenen BAföG-Mittel, die Gelder des bereits bestehenden Ausbauprogramms 2012 und die rechnerischen Tarifsteigerungen der Beschäftigten.


Viele Mittel werden verrechnet
Für diese 1,091 Milliarden Euro zusätzliche Mittel verbucht die Landesregierung auf sechs Jahre bis 2020 insgesamt 360 Millionen Euro der jährlich eingesparten 60 Millionen Euro an BAföG-Mitteln – eine politische Zahlen-Jonglage, wenn so jedes Jahr aufs Neue die eingesparten 60 Millionen Euro bis 2020 eingespeist werden. Für die verbleibenden 731 Millionen Euro verlängert die Landesregierung das Ausbauprogramm 2012 mit 164 Millionen Euro für sechs Jahre – Geld also, das für die Jahre zuvor an den Hochschulen bereits eingeplant war und dessen Streichung faktisch eine Haushaltskürzung bedeutet hätte. Schließlich verrechnet die Landesregierung noch 567 Millionen Euro für die vollständige Finanzierung der Besoldungs- und Tarifsteigerungen. Auch hier handelt es sich streng genommen nicht um zusätzliches Geld, das den Hochschulen zur Verfügung steht, sondern lediglich um die durch Tarifsteigerungen errungenen Gehaltssteigerungen der Beschäftigten. Ein zusätzlicher Ausbau der Lehre geht damit nicht einher.


In der Summe stehen so das Sonderbauprogramm und die freigewordenen BAföG-Mittel als Neuinvestition bzw. Erhöhung der Grundfinanzierung. Dass bisherige Sonderprogramme in die Grundfinanzierung überführt werden, ist zu begrüßen, mit zusätzlichen Geldern hat dies allerdings wenig gemein, insbesondere dann nicht, wenn wie bei den QSM-Geldern ein Abbau studentischer Mitbestimmung damit einhergeht.


Ein weiteres erhebliches Problem ergibt sich dadurch, dass diese zusätzlichen Mittel „reine Sachmittel“ sind, die ohne die erforderliche rechtliche Absicherung nicht für dauerhafte Arbeitsverträge genutzt werden können. Damit aber verfehlt die Landesregierung ein weiteres Mal ihr im Koalitionsvertrag formuliertes Ziel, „gute Arbeitsbedingungen“ an den Hochschulen zu fördern, denn Daueraufgaben erfordern unbefristete Arbeitsverträge statt aneinandergereihte Ein-Jahres-Verträge. Dafür aber brauchen die Hochschulen die notwendigen Stellen oder zumindest Stellenhülsen.