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Junge Menschen brauchen eine Ausbildungsgarantie!

Ende Oktober stellte der DGB ein Gutachten „Rechtsfragen einer landesrechtlichen Berufsausbildungsabgabe“ vor. Die landesrechtliche Regelung einer Ausbildungsplatzabgabe ist rechtlich möglich und die Abgabe kann einen ökonomischen Anreiz für mehr Ausbildungsplätze schaffen könne.

Die Arbeitgeber werden derzeit nicht müde, vor dem Hintergrund der enorm hohen Jugendarbeitslosigkeit in Süd- und Südosteuropa den Eindruck eines Ausbildungsparadieses Deutschland zu erwecken. Vertreter/innen der Wirtschaft verweisen dabei immer wieder auf die wachsende Zahl von unbesetzten Ausbildungsplätzen und einen drohenden Facharbeitermangel. Manche propagieren mittlerweile sogar einen Akademisierungswahn. Ausgelöst würde dies, weil die Zahl  der Jugendlichen rückläufig sei und der Wunsch nach höherwertigen Bildungsabschlüssen steige.


Betrachtet man die Ausbildungsbilanz in Baden-Württemberg etwas genauer, dann fällt diese eher ernüchternd aus. Zweifellos hat sich in den vergangenen Jahren der Ausbildungsmarkt für die Jugendlichen entspannt. Sicher gibt es in einigen Branchen und Regionen Schwierigkeiten, Auszubildende zu finden. Diese Entspannung ist aber fast ausschließlich auf den Bewerberrückgang zurückzuführen (2007: 83.552; 2014 ca. 65.424). Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge erreichte 2008 mit 82.216 ihren Höchstwert, dieser wurde nach der Krise nie wieder erreicht (2014: 74.391), auch in diesem Jahr erwartet der DGB einen leichten Rückgang.


Ende September 2014 hatten nach der offiziellen Statistik des Bündnisses für Ausbildung noch 8.803 Jugendliche in Baden-Württemberg vergeblich nach einem Ausbildungsplatz gesucht. Davon blieben 862 Bewerber/innen unversorgt, weitere 7.941 Bewerber/innen haben zwar mittlerweile eine Alternative gefunden (in der Regel einen schulischer Bildungsgang), wünschen sich aber weiterhin eine Berufsausbildung. Darüber hinaus sind 10.104 Jugendliche statistisch unbekannt verblieben. Darunter sind erfahrungsgemäß viele weitere Jugendliche, die noch eine Ausbildung suchen. Diese Zahlen sind seit Jahren konstant hoch. Die Zahl der Jugendlichen in den Schularten des Übergangssektors in den beruflichen Schulen wird auch 2014 wieder deutlich über 30.000 liegen.


Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist deshalb für viele Jugendliche nach wie vor unbefriedigend. Zu den Ursachen gehört auch, dass die Ausbildungsbetriebsquote (Anteil der Ausbildungsbetriebe an allen Betrieben) von 24,6 Prozent (2009) auf 22,6 Prozent (2012) kontinuierlich gesunken ist.


Daran ändert auch die leicht steigende Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze (2014: 5.903) nichts. Sie gibt es in einzelnen Betrieben und Branchen und ist auch auf Mängel bei der Ausbildungsqualität, unattraktive Arbeitsbedingungen und mangelnde berufliche Entwicklungsperspektiven zurückzuführen. Hier steht die Wirtschaft in der Pflicht, die Qualität der Ausbildungsplätze zu sichern und zu verbessern.


Die vielfach vertretene These, die Bewerberinnen und Bewerber seien schlecht qualifiziert und unflexibel, ist nicht zutreffend. Jugendliche haben 2014 im Durchschnitt höhere und bessere Schulabschlüsse als in der Vergangenheit. Betrachtet man außerdem die Schularten im Übergangssektor, dann wird deutlich, dass in den Schularten für Jugendliche mit oder ohne Hauptschulabschluss die Schüler/innenzahlen seit einigen Jahren rückläufig sind, während sie in den Schularten für Jugendliche mit mittlerem Bildungsabschluss steigen.


Jugendliche brauchen eine Berufs- und Lebensperspektive. Die Wirtschaft ist auf gut ausgebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter angewiesen. Die Betriebe in Baden-Württemberg müssen deshalb ihre Ausbildungsleistung deutlich erhöhen, um den Fachkräftebedarf auch in Zukunft decken zu können. Angesichts der sinkenden Ausbildungsbereitschaft der Betriebe fordern der DGB und die GEW die Landesregierung auf zu prüfen, ob eine landesrechtliche Berufsausbildungsplatzabgabe auch in Baden-Württemberg einen Beitrag zur Steigerung der betrieblichen Ausbildungsleistung leisten kann. Nach Angaben des DGB hat sich eine entsprechende Abgabe in der Altenpflegeausbildung in Baden-Württemberg positiv ausgewirkt. Die Zahl der Ausbildungsplätze in der Altenpflege ist seit Einführung der Umlage im Jahr 2006 um 15 Prozent gestiegen. Auch im Bauhauptgewerbe hat man gute Erfahrungen mit einer solchen Regelung gemacht.