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Konkurrenz der Fortbildungskonzepte?

Im März hat Kultusministerin Susanne Eisenmann den Beschluss der Landesregierung zur Qualifizierung der Hauptschullehrkräfte (Aufstiegskonzept) bekannt gegeben. Die genauen Regularien dafür waren bis zum Redaktionsschluss der b&w noch nicht bekannt. Gleichzeitig wird für HS-/WRS-Lehrkräfte eine Fortbildungsreihe ausgeschrieben. Viele Lehrkräfte sind verunsichert.

as_seen / photocase.de

Das Aufstiegskonzept und die Fortbildungen unterscheiden sich deutlich. Bei dem im März verkündeten Konzept sollen HS-/WRS-Lehrkräfte für die Arbeit an Realschulen, Gemeinschaftsschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren qualifiziert werden. Sie erwerben die entsprechende Lehrbefähigung, die nach einer einjährigen Einführung in die Laufbahn mit der Besoldung nach A13 verbunden ist. Das Kultusministerium unterscheidet vier Gruppen:
Gruppe 1: Lehrkräfte, die bereits an Realschulen eingesetzt sind (Beginn Herbst 2016).
Gruppe 2: Lehrkräfte, die bereits an SBBZ eingesetzt sind (geplanter Beginn Herbst 2017).
Gruppe 3: Lehrkräfte, die bereits an Gemeinschaftsschulen eingesetzt sind oder perspektivisch dauerhaft an Realschulen oder an Gemeinschaftsschulen eingesetzt werden (geplanter Beginn Herbst 2017).
Gruppe 4: Lehrkräfte, die bislang noch an Haupt- und Werkrealschulen eingesetzt sind, jedoch perspektivisch an ein SBBZ wechseln werden (geplanter Beginn Herbst 2018).

Für Lehrkräfte, die an den HS/WRS bleiben, plant die Landesregierung keine Beförderungsmöglichkeit nach A13. Das ist für die GEW inakzeptabel. Ärgerlich und inhaltlich nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Qualifizierung für die Gruppe 3 umfangreicher und wesentlich aufwändiger geplant ist als die für die Gruppe 1.
Die Fortbildungsreihe gab es bereits im letzten Jahr. HS/WRS-Lehrkräfte werden dabei für die Arbeit an RS, GMS oder SBBZ fortgebildet. Auswirkungen auf die Besoldung und die Laufbahn haben diese Fortbildungen nicht. Wenn die jeweilige Lehrkraft zu einem späteren Zeitpunkt das Qualifizierungskonzept durchläuft, sollen Module aus der Fortbildungsreihe angerechnet werden können. Unklar ist noch, wie viele Module angerechnet werden.

Verwirrung entsteht, weil die Fortbildungsreihe bereits Ende April ausgeschrieben wurde und die Lehrkräfte sich bis Mitte Mai dafür anmelden mussten. Das Aufstiegskonzept wurde noch nicht ausgeschrieben. Die Lehrkräfte fragen sich zu Recht, ob eine Zulassung zur Fortbildungsreihe eine Zulassung zum Aufstiegskonzept im kommenden Schuljahr verhindert. Das hat vermutlich Lehrkräfte davon abgehalten, sich für die Fortbildungsreihe anzumelden. Das Kultusministerium sollte umgehend für Klarheit sorgen. Im Interesse der Lehrkräfte sollte bei einer parallelen Anmeldung das Aufstiegskonzept vorrangig behandelt werden.
Allerdings verzögert sich die Ausschreibung für das Aufstiegskonzept noch. Das Kultusministerium arbeitet mit Hochdruck an der Umsetzung. Es ist aber im Verzug. Bis zum Redaktionsschluss der b&w wurde das Beteiligungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat GHWRGS noch nicht gestartet. Eigentlich steht das Aufstiegskonzept seit geraumer Zeit im Raum. Warum das Kultusministerium so lange braucht, um das seit Jahren angedachte Konzept vorzulegen, ist unbekannt. Die Landesregierung hat den Start im Herbst öffentlich zugesagt. Falls der Zeitplan scheitert, ist die Landesregierung dafür verantwortlich, wenn wieder ein Jahr vergeht, ohne dass die HS-/WRS-Lehrkräfte die seit langem versprochene Qualifizierung beginnen können. Es wäre zynisch, wenn dies Absicht wäre. Immerhin spart das Land das Geld für die Besoldung nach A13, wenn sich die Qualifizierungen verzögern.

 Kritik der Pädagogischen Hochschulen

Die Landesrektorenkonferenz der PHs hat sich nach dem Beschluss der Landesregierung zu den Weiterqualifizierungen für Hauptschullehrkräfte an die Öffentlichkeit gewandt. Sie weist darauf hin, dass die von der Landesregierung eingesetzte Expertenkommission zur Lehrerbildung 2013 explizit gefordert hatte, die fachwissenschaftliche und fachdidaktische Ausbildung der Lehrkräfte durch „forschende Mitglieder“ der Hochschulen zu erbringen. Hier ein Auszug aus der Stellungnahme:
„…Die Pädagogischen Hochschulen entwickelten deshalb zusammen mit dem Wissenschaftsministerium und dem Kultusministerium ein differenziertes Konzept zur Weiterqualifizierung für Haupt- und Werkrealschullehrkräfte, bei der die Expertise der Pädagogischen Hochschulen genutzt werden kann. Für den Bereich der Sonderpädagogik wurde vom Kabinett auch ein entsprechendes Programm beschlossen, an dem zwei Pädagogische Hochschulen beteiligt sind.
Umso überraschender ist es nun, dass in dem einjährigen Weiterqualifizierungskonzept der Landesregierung für die Lehrkräfte, die bereits an Real- oder Gemeinschaftsschulen eingesetzt sind bzw. die perspektivisch dauerhaft dort eingesetzt werden sollen, auf die fachwissenschaftliche und fachdidaktische Expertise der Pädagogischen Hochschulen und Universitäten gänzlich verzichtet wird, obwohl die PHs in Vorgesprächen mit dem Kultusministerium bereits ein Qualifizierungskonzept erarbeitet hatten, das Studienmodule der Pädagogischen Hochschulen mit schulpraktischen Modulen der Staatlichen Seminare sinnvoll kombiniert hätte.
In aktuellen Auseinandersetzungen mit dem Thema Lehrerbildung und Lehrerweiterbildung wird die enorme Bedeutung der forschungsorientierten Fachdidaktiken und Fachwissenschaften für die Professionalisierung der Lehrkräfte nahezu einhellig hervorgehoben. Auch für eine systematische Weiterqualifizierung ist Fachlichkeit, wie sie die Hochschulen bieten, unabdingbar. Die Pädagogischen Hochschulen des Landes bekunden weiterhin ihre Bereitschaft, sich auf der Grundlage wahrlich geringer Ressourcenkompensationen an der Weiterqualifizierung der Lehrkräfte zu beteiligen und halten eine entsprechende Anpassung des Weiterqualifizierungskonzepts der Landesregierung für unumgänglich.“

b&w