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Landesregierung korrigiert die Fehlentscheidung des Jahres 2012

Es ist ein Meilenstein, was der Landtag Ende April mit den Stimmen der Grünen und der SPD im ersten Nachtragshaushalt beschlossen hat: Er bewilligte für die Jahre 2015/16 neue, zusätzliche Lehrerstellen, und zwar 758 für das Jahr 2015, 389 weitere für 2016. Der hartnäckige Protest der GEW hat sich gelohnt.

Der Verzicht der grün-roten Landesregierung auf die Streichung von 1.800 Stellen im laufenden Jahr und die Reduzierung der geplanten Streichungen in 2016 auf 400 wegfallende Stellen ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der zahlreichen Entwicklungsprozesse, die an den Schulen des Landes auf den Weg gebracht wurden. Im Doppelhaushalt 2013/14 war noch eine Streichung von 11.692 Lehrerstellen bis zum Jahr 2020 differenziert nach Jahren und Schularten ausgewiesen. Schon im Sommer 2014 hat die Landesregierung diesen Plan aufgegeben. Der Grund für diese Entscheidung waren aktualisierte Prognosezahlen des Statistischen Landesamts, die von einem geringeren Rückgang der Schülerzahlen ausgehen. Im Doppelhaushalt 2015/16 ist nur noch die Gesamtzahl der Stellenstreichungen von 2016 bis 2020 festgelegt. Die jährliche Aufteilung auf die Schularten soll jeweils bedarfsorientiert festgelegt werden. Es sollen bis 2020 nur noch 1.733 Stellen gestrichen werden. Das sind 8.506 weniger als ursprünglich beabsichtigt. Der Stellenabbau ist jeweils zum Schuljahresende, das heißt zum 1. August des jeweiligen Jahres, vorgesehen.
Die 1.000 „Wegfallvermerke“ (Streichungen) für 2013 wurden vollzogen und entsprechend weniger Lehrer/innen eingestellt. Im Jahr 2014 wurden die Streichungen durch zusätzliche Mittel reduziert. Statt 1.200 fielen nur 363 Stellen weg.


Zusammen mit dem Verzicht auf die von der GEW seit Jahren kritisierten Stellenstreichungen schafft die Landesregierung endlich auch neue, zusätzliche Stellen. Der Beschluss des Landtags vom 29. April 2015 über die Schaffung zusätzlicher Lehrerstellen sieht für 2015/16 im Einzelnen vor:

200 + 200 Stellen für Inklusion

Die Landesregierung hat einen vorläufigen Bedarf an Lehrerstellen für die Umsetzung der Inklusion festgelegt. 1.553 Stellen will die Landesregierung dafür schaffen. Konkret sollen in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 200 neue Stellen geschaffen werden. 200 weitere Stellen wurden aus anderen Bereichen umgeschichtet.


Mit dieser Bedarfsdefinition für die Inklusion hat die Landesregierung die ursprünglich vom Kultusministerium genannte Zahl von 3.000 bis 4.000 Stellen deutlich unterschritten. Der reale Bedarf hängt davon ab, wie viele Eltern sich für eine inklusive Beschulung ihres Kindes entscheiden. Der Bedarf hängt aber auch davon ab, wie die inklusiven Bildungsangebote ausgestattet werden. Die GEW geht deshalb davon aus, dass die Zahl der für die Inklusion erforderlichen Lehrerstellen deutlich nach oben korrigiert werden muss. Nicht nur die allgemeinen Schulen, auch die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (bisher Sonderschulen) brauchen weiterhin eine gute Ausstattung.


206 + 109 Stellen für Realschulen
Bereits im vergangenen Jahr hat Kultusminister Stoch für die Weiterentwicklung der Realschulen rund 500 zusätzliche Stellen versprochen. Sie sind notwendig, damit die Lehrkräfte an den Realschulen mit der veränderten Zusammensetzung der Schülerschaft umgehen können. Künftig bietet die Realschule auch den Hauptschulabschluss an. Das erfordert einen zieldifferenten Unterricht und beinhaltet neben Binnendifferenzierung auch Maßnahmen in getrennten Lerngruppen. Mit 206 Stellen im Jahr 2015 und 109 Stellen in 2016 wird die Unterstützung der Realschulen kontinuierlich aufgebaut. Außerdem stellt der Landtag zusätzliches Geld für die Qualifizierung  der Lehrkräfte und die Begleitung der Schulen zur Verfügung.

180 Stellen für Grundschulen sowie  7 + 14 für Medienbildung
An mehrzügigen Grundschulen wird mit zusätzlichen 180 Stellen (unabhängig vom Ergänzungsbereich) insbesondere die Sprachförderung ausgebaut – ein sehr wichtiger Schritt. Je besser die Grundlagen sind, die in der Grundschule (und in der frühen Bildung) gelegt werden, umso wirksamer ist die Unterstützung der Kinder. Jahrelang wurden die Grundschulen vernachlässigt. Die beschlossenen Stellen können nur ein erster Schritt sein. Mit dem neuen Bildungsplan wird die Medienbildung im Jahr 2016 an den Grundschulen verpflichtend eingeführt. Für den Aufbau und Betrieb eines pädagogischen Unterstützungssystems werden 21 Stellen geschaffen.

165 + 66 Stellen für Flüchtlinge

Die steigenden Flüchtlingszahlen stellen die Schulen vor große Herausforderungen. Bereits im Sommer 2014 konnten dafür kurzfristig knapp 200 Lehrkräfte eingestellt werden. Für VKL- und VABO-Klassen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen werden zusätzlich 231 Stellen geschaffen.
Die im Doppelhaushalt 2013/14 festgesetzte Zahl von 11.602 zu streichenden Stellen hatte nichts mit dem Stellenbedarf zu tun, der unter anderem durch die Einführung des Ganztags, der Inklusion und der Gemeinschaftsschulen verursacht wurde. Diese Zahl war ganz simpel die Summe der beabsichtigten Stellenstreichungen aus der Zeit der CDU/FDP-Landesregierung und den in der Finanzplanung der alten Regierung ab 2013 nicht mehr finanzierten Stellen aus der „Qualitätsoffensive Bildung“ (QOB) des Jahres 2008. 8.055 Lehrerstellen mit „kw“-Vermerk („künftig wegfallend“) und weitere 3.547 aus der QOB sollten bis 2020 gestrichen werden und so zur Haushaltssanierung beitragen. Im Zuge der QOB war unter anderem die Senkung des Klassenteilers von 33 bzw. 31 auf 30 umgesetzt worden. Die Senkung des Klassenteilers auf 28 Schüler/innen in der Grundschule hat die CDU/FDP-Regierung erst im Jahr vor den Landtagswahlen umgesetzt. Auch die Finanzierung der Beförderungen für 20 Prozent der Hauptschullehrkräfte, die Zulagen für Schulleitungen der Werkrealschulen und weitere Maßnahmen hatte die Vorgängerregierung nur bis 2012 finanziert. Sie fielen 2013 dem Rotstift der grün-roten Landesregierung zum Opfer. Sogar die  Wiederanhebung des Klassenteilers war zu diesem Zeitpunkt in der Diskussion. Das hing damit zusammen, dass die dafür notwendigen Stellen nicht (mehr) vorhanden waren und aus der Unterrichtsversorgung herausgeschnitten werden mussten.


Der Fokus der grün-roten Landesregierung lag zu Beginn der Wahlperiode auf der Sanierung des Landeshaushalts. Schließlich gilt ab 2020 die Schuldenbremse. Erhebliche Einschnitte gab es im Schulbereich, was den massiven Widerstand der GEW auslöste. Schließlich hatte die grün/rote Landesregierung „Bessere Bildung für alle“ versprochen und weitreichende Reformen auf den Weg gebracht. Erst jetzt werden die dafür notwendigen neuen Stellen an den Schulen geschaffen.
Für die Schulen und für die GEW ist das ein großer Erfolg. Dennoch wird der Kampf um Lehrerstellen auch nach 2016 weitergehen – egal welche Fraktionen die Regierung bilden. Denn die Schuldenbremse wird auch die nächste Landesregierung zum Griff in den Haushalt des Kultusministeriums verleiten. Es hat den größten Einzelhaushalt und es erscheint den politisch Verantwortlichen leichter hier zu kürzen, als in kleinen Ressorts Einsparungen zu erzielen.
Die grün-rote Landesregierung hat verstanden: Neustellen statt Stellenstreichungen – nur so können Bildungsangebote verbessert werden, ohne dass sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verschlechtern.