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Parlament muss nachbessern

Novellierung des Landeshochschulgesetzes für Dezember geplant

Aktuell befindet sich die Neufassung des Landeshochschulgesetzes in den parlamentarischen Lesungen. Im Dezember soll über die Änderungen abgestimmt werden. Die GEW hat Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge zusammengestellt.

Eine Mitarbeiterin und zwei Mitarbeiter sitzen im Grünen vor einem Gebäude des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Foto: © imago

Die Nachricht von der Gesetzesänderung mit der Möglichkeit zur Stellungnahme erreichte die GEW kurz vor der Sommerpause. Zahlreiche parlamentarische Nachfragen zuvor hatten eher den Eindruck hinterlassen, dass mit einer Novellierung des Landeshochschulgesetzes (LHG) noch in diesem Jahr kaum zu rechnen sei. Jetzt war auch noch die Frist zur Abgabe der Stellungnahme mit Ende August äußerst knapp bemessen. Die GEW hat es trotz der widrigen Umstände geschafft, die Schwachpunkte im Gesetzentwurf zu erkennen – und Verbesserungsvorschläge gemacht.

Wir haben die wichtigsten Kritikpunkte im Überblick zusammengestellt.

Lehrer*innenbildung

In der Neufassung des LHG ganz und gar vergessen wurde die Lehrer*innenbildung. Daher betont die GEW in ihrem Schreiben an das Wissenschaftsministerium, den aktuellen Stand der sogenannten Professional Schools of Education (PSE) zu reflektieren und an den jeweiligen Standorten nachzubessern.

Die Professional Schools of Education haben vielfältige Aufgaben, unter anderem in der Forschung, der Nachwuchsförderung, bei der Implementierung neuer Themen (zum Beispiel Inklusion und Digitalisierung) oder der qualitativen Aufwertung des Lehramtsstudiums. Um die Potentiale der Professional Schools of Education zu sichern und auszubauen, müssen diese aber als leistungsfähige zentrale, wissenschaftliche Einrichtung etabliert werden.

Gleichstellung

Die GEW hat sich außerdem für eine Unterstützung der Gleichstellungsfragen eingesetzt, beispielsweise mit dem Vorschlag, das Mitwirkungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten zu stärken und so eine erfolgreiche Weiterentwicklung von Wissenschaftlerinnen – auch in Bezug auf deren Bezahlung – zu fördern.

Datenschutz

Besondere Bedeutung in der Novellierung kam dem Datenschutz zu. So soll jede Hochschule ab sofort eine eigene Ordnung erlassen – was zu einer totalen Überforderung vor allem an kleinen Hochschulen und Forschungsinstituten führen wird. Die GEW sieht ganz klar, dass die Regelung des Datenschutzes eine Aufgabe der Landesregierung und nicht der Hochschulen ist und fordert eine einheitliche Landesverordnung.

Darüber hinaus ist aus Sicht der GEW eine entsprechende Ausstattung der Hochschulen notwendig, sodass diese effektiv die Daten schützen können (zum Beispiel Technik, IT und sachkundige Mitarbeiter*innen). Vor allem in Bezug auf die zukünftigen Entwicklungen (unter anderem Digitalisierung in der Lehre und Rechtssicherheit bei Prüfungen) wäre eine Kommunikations- und Informationsplattform, die im Rahmen von Forschung und Lehre entwickelt und ausgebaut werden sollte, sinnvoll.

Rektorat

Fast schon erfreulich sind die Änderungen im Bereich des Rektorats. So sieht das Gesetz eine Erhöhung der Zahl der nebenamtlichen Rektoratsmitglieder auf fünf Personen vor, die den Hochschulen die Möglichkeit einräumt, strategische Aufgaben arbeitsteilig zu bewältigen.

Die GEW begrüßt außerdem die Bestellung einer Stellvertretung für die Kanzler*in. Die Beteiligung von Senat und Hochschulrat suggeriert allerdings, aus verschiedenen geeigneten und qualifizierten Personen auswählen zu können, die in kleinen Hochschulverwaltungen gar nicht vorhanden sind.

Die GEW schlägt daher vor, in kleinen Hochschulen auch weniger Personen benennen zu können.

Studentische Belange

Die wohl gravierendsten Einschnitte durch die Novellierung ergeben sich für die Studierenden: So schlägt die Landesregierung mit § 9 Abs. 1a zum Beispiel vor, dass Personen ihr Gesicht nicht mehr verhüllen dürfen, sobald die Seminarleitung entscheidet, dass ein Verhüllungsverbot der „Erreichung des Ziels einer konkreten Lehrveranstaltung“ dienlich ist. Eine nicht nur in Zeiten von Corona äußerst fragwürdige Forderung, die Tür und Tor für Diskriminierung öffnet, da die Regelung vor allem Frauen mit muslimischem Hintergrund betrifft.

Auch an anderer Stelle wird tiefgreifend in Grundrechte eingegriffen: Konkret handelt es sich um die Einführung der § 62 Abs. 2 Punkt 8 und § 62a. Denn durch diese Paragraphen kann die Hochschule, sofern ein Verstoß gegen die Hausordnung der Hochschule besteht (zum Beispiel Hausrecht, Sachbeschädigung und Belästigung), nun selbst nach Ordnungsverstoß von Studierenden die Exmatrikulation umsetzen. Das bedeutet, dass die „geschädigte“ Instanz gleichzeitig auch die urteilende Instanz wäre, was den allgemeinen Gewaltenteilungsgrundsätzen widerspricht.

Die GEW setzt sich in ihrer Stellungnahme dafür ein, dass die Neuerungen in den Paragrafen 9 und 62 nicht umgesetzt werden, sodass Studieren auch weiterhin Selbstbestimmung und Selbstorganisation bedeutet.

Das Gesetz befindet sich nun im November und voraussichtlich Dezember in den entsprechenden Lesungen. Wir sind gespannt, welche unserer Vorschläge Berücksichtigung finden.