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PIA wird jetzt reguläre Ausbildung

Das Kultusministerium wird die seit dem Schuljahr 2012/13 als Schulversuch erprobte Praxisintegrierte Erzieher/innenausbildung (PIA) in die Regelform überführen. Im April hat das KM hierzu eine Verordnung vorgelegt.

Ziel von PIA ist es, die Erzieher/innenausbildung in Zeiten eines eklatanten Fachkräftemangels attraktiver zu machen und zusätzliche Bewerber/innen zu gewinnen. Es soll in allen drei Ausbildungsjahren eine Vergütung bezahlt werden. Außerdem sollen neue Zielgruppen, vor allem Männer und auch Quereinsteiger/innen, gewonnen werden. Grundsätzlich ist dies mit PIA auch gelungen. Im Schuljahr 2016/17 besuchen 1.378 Schüler/innen PIA, davon immerhin 16 Prozent Männer. Auch ältere Bewerber/innen konnten gewonnen werden.

In der konventionellen Ausbildung gehen die angehenden Erzieher/innen zwei Jahre auf die Fachschule für Sozialpädagogik und absolvieren im Anschluss ihr Anerkennungsjahr oder Berufspraktikum. Bei PIA erfolgen die Praxisausbildung und die schulische parallel, zwei bis drei Tage verbringen die Azubis der dreijährigen Ausbildung in der Schule, den Rest der Woche arbeiten sie in der Kita. Umgerechnet verbringen Auszubildende der PIA genauso viel Zeit in der Fachschule, wie diejenigen der konventionellen Ausbildung. Die GEW begrüßt grundsätzlich dieses Modell, es sollten aber die von der Kultusministerkonferenz (KMK) definierten Mindestvoraussetzungen für diese Fachschulausbildung eingehalten werden.

Die KMK-„Rahmenvereinbarung über Fachschulen“ definiert als Aufnahmevor-ausetzung für die Erzieher/innenausbildung (PIA sowie konventionell) einen mittlerer Schulabschluss und eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung oder eine nach den Bestimmungen der Länder als gleichwertig anerkannte Qualifizierung. Der gesamte Ausbildungsweg dauert dann in der Regel fünf Jahre, mindestens jedoch vier Jahre. Deshalb wird die Erzieher/innenausbildung in Stufe 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) eingeordnet, ist also vergleichbar mit einem Bachelor-Abschluss. Dies trägt den hohen qualitativen Anforderungen im Bereich Bildung, Erziehung und Betreuung Rechnung, die eine Erzieherin zu leisten hat. Zum Vergleich: Eine duale Ausbildung, die drei Jahre dauert und nicht in einer Fachschule erfolgt, wird in DQR Stufe 4 eingestuft.

Das Land Baden-Württemberg hat die Mindestanforderung von vier Jahren gewählt, bestehend aus: Einjähriges Berufskolleg für Sozialpädagogik (1BKSP), zweijährige Fachschule für Sozialpädagogik und Anerkennungsjahr/Berufspraktikum. Diese Anforderungen werden von der konventionellen, wie auch von der PIA-Ausbildung erfüllt. Nach Auffassung der GEW sollten diese Anforderungen nicht unterschritten werden. Eine Umwandlung in eine dreijährige duale Ausbildung – wie dies von manchen Trägern gefordert wird – hätte zur Folge, dass der Berufsabschluss der Erzieher/in nur in DQR Stufe 4 eingeordnet werden kann.

In anderen Bundesländern wird statt dem einjährigen Berufskolleg eine zweijährige Berufsausbildung gefordert, Baden-Württemberg hat dies bereits reduziert. Kritisch sieht die GEW auch, dass der Abschluss des Berufskollegs durch zahlreiche andere Qualifikationen ersetzt werden kann: Zum Beispiel durch die Tätigkeit als Tagesmutter oder eine mindestens zweijährige Vollzeittätigkeit mit Kindern in einer sozialpädagogischen Einrichtung (auch ein freiwilliges soziales Jahr oder der Bundesfreiwilligendienst in einer Kindertageseinrichtung) oder die Führung eines Familienhaushalts mit mindestens einem Kind für die Dauer von mindestens drei Jahren und ein sechswöchiges Praktikum in einer sozialpädagogischen Einrichtung. Die GEW ist nicht der Auffassung, dass diese Tätigkeiten eine hinreichende Qualifikation vermittelt, um eine Fachschulausbildung aufzunehmen. Darüber hinaus droht hier die Gefahr, dass die Erzieher/innenausbildung faktisch auf drei Jahre verkürzt wird – womit eine Einordnung in Stufe 6 DQR kaum noch möglich wäre. Die GEW fordert deshalb, diese Punkte aus der Verordnung zu streichen. Die Evaluation des KM zeigt außerdem, dass der Anteil dieser Personen bei lediglich 6 Prozent liegt. Ohne die Anerkennung dieser „Qualifikationen“ würde die Bewerber/innenzahl also nicht signifikant sinken.

Darüber hinaus lehnt die GEW nach wie vor eine Anrechnung von PIA-Auszubildenden auf die Fachkraft-Kind-Relation ab. Die Qualität der praktischen Ausbildung sollte außerdem durch landesweite Mindeststandards festgelegt und durch die Fachschulen kontrolliert werden. Hierzu sind Vorgaben zur Qualifizierung des Ausbildungspersonals und der Freistellung notwendig. Die Ausgestaltung des Ausbildungsvertrags darf darüber hinaus nicht dem Träger überlassen werden. Stattdessen ist ein standardisierter, landesweit einheitlicher Mustervertrag zu verwenden.