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SBBZ geistige und körperlich-motorische Entwicklung

Präsenzunterricht erfordert klare Kriterien – und die sind (noch) nicht erfüllt

Viele Kinder und Jugendliche an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sind ganz besonders auf den Unterricht vor Ort angewiesen – auch in Coronazeiten. Die GEW sieht die bereits für 11. Januar angekündigten Öffnungen trotzdem kritisch.

Foto: GEW / Shutterstock
Foto: GEW / Shutterstock

Die GEW Baden-Württemberg begrüßt, dass das Kultusministerium (KM) die Interessen der Schüler*innen an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) für geistige Entwicklung (GENT) und für körperliche und motorische Entwicklung (KMENT) besonders beachtet. Diese Schüler*innen können kaum durch Fernlernangebote gefördert werden.

Die GEW kritisiert allerdings, dass die SBBZ bei der Öffnung der Schulen ab dem 11. Januar allein gelassen werden. „Es ist ein Skandal, dass die Landesregierung einige SBBZ bereits ab dem 11. Januar wieder öffnet, ohne unsere Forderungen zum Schutz aller am Schulleben Beteiligten vor dem Coronavirus vollständig umgesetzt zu haben. Das Land riskiert mit diesem Schritt die Gesundheit seiner Beschäftigten. Das ist inakzeptabel“, mahnt GEW-Landesvorsitzende Monika Stein.

Das Kultusministerium muss sicherstellen, dass diese SBBZ nur öffnen, wenn diese Kriterien erfüllt sind:

  • ausreichende personelle Versorgung, um so kleine Gruppen zu ermöglichen, dass die Raumgröße die Einhaltung des Mindestabstands ermöglicht;
  • umfassende Ausstattung der SBBZ mit FFP2-Masken, Alltagsmasken, Handschuhen und anderen persönlichen Schutzausrüstungen wie Schürzen und so weiter, um den Beschäftigten ein Höchstmaß an Infektionsschutz zu ermöglichen;
  • Ausstattung der Fahrdienste mit genug Fahrzeugen und Personal, um eine Beförderungssituation zu ermöglichen, in der möglichst wenig Infektionen möglich sind.

Angesichts des deutlich erhöhten Ansteckungsrisikos an den SBBZ GENT und KMENT müssen die Beschäftigten das Recht haben, sich ab sofort gegen Covid-19 impfen zu lassen, genauso wie Personal, das in stationären Pflegeeinrichtungen tätig ist. Außerdem weist die GEW darauf hin, dass es auch in inklusiven Bildungsangeboten und kooperativen Organisationsformen Schüler*innen mit den Bildungsansprüchen „geistige Entwicklung“ beziehungsweise „körperlich-motorische Entwicklung“ gibt und dass das KM für die Beschulung dieser Schüler*innen ein Konzept vorlegen muss.

Die GEW macht nachdrücklich darauf aufmerksam, dass die SBBZ insgesamt die am schlechtesten versorgte Schulart sind. Dort herrscht ein strukturelles Lehrkräftedefizit von neun Prozent. Die Schulleitungen brauchen deshalb weitere Spielräume:

  • Einschränkung des Unterrichtsangebots und Kürzung der Stundentafel.
  • Die Möglichkeit, Schüler*innen vorübergehend vom Schulbesuch auszuschließen, wenn von ihnen ein zu hohes Infektionsrisiko gegenüber den Mitschüler*innen und den Lehrkräften und Betreuungspersonen ausgeht.

Die GEW fordert das Kultusministerium auf, umgehend wesentlich größere Anstrengungen zu unternehmen, um zusätzliches Personal in den SBBZ zu ermöglichen.

Gesundheitsschutz aller gewährleisten

Die GEW begrüßt, dass alle weiteren Schulen im Land nicht zum 11. Januar geöffnet werden. Die GEW begrüßt außerdem, dass das Kultusministerium die weitere Öffnung vom aktuellen Pandemiegeschehen abhängig machen will.

Der GEW leuchtet allerdings nicht ein, warum in Baden-Württemberg eine andere Situation herrscht als in anderen Bundesländern, in denen der Präsenzunterricht bis 31. Januar ausgesetzt bleibt. Immerhin will das KM die weitere Öffnung der Schulen ab dem 18. Januar davon abhängig machen, wie sich das Pandemiegeschehen entwickelt. Die GEW fordert, dass für diese Prüfung klare Kriterien angewandt werden und verweist auf die Vorschläge des Robert Koch-Instituts (RKI): „Wechselunterricht in allen Klassenstufen ab einer Inzidenz von 50“.

Die GEW hält es angesichts der derzeitigen Infektionszahlen nur unter klaren Auflagen für vertretbar, eine Schulöffnung ab 18. Januar ins Auge zu fassen. „Eine Öffnung der Grundschulen ohne FFP2-Masken für die Lehrkräfte ist unverantwortlich. Die GEW fordert das Kultusministerium auf, umgehend zu handeln!“, kritisiert Stein den unzureichenden Arbeits- und Gesundheitsschutz an den Kitas und Schulen im Land.

Die GEW fordert folgende Maßnahmen für eine eventuelle Schulöffnung der Grundschulen und der SBBZ. Wenn diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden, ist eine vollständige Öffnung der Schulen unverantwortlich:

  • Ausstattung der Grundschulen mit FFP2-Masken für die Lehrkräfte
  • Ausstattung der Grundschulen mit Alltagsmasken
  • Die Möglichkeit, dass SBBZ in eigener Verantwortung intelligente Wechselmodelle anbieten können (zum Beispiel Halbierung der Klassen, tageweiser Wechsel zwischen Präsenzunterricht und selbständigem Lernen zuhause)
  • Für Grundschulen muss die Betreuung für den Wechselbetrieb ermöglicht werden. Dazu muss das Kultusministerium mit den Kommunen dringend in Verhandlungen treten, wie das zeitnah durch Lehramtsstudierende, pädagogische Assistent*innen und andere Freiwillige geschehen kann, ohne die finanzielle Last auf die Kommunen abzuwälzen.
Kontakt
Michael Hirn
Stellvertretender Landesvorsitzender und verantwortlicher Redakteur der b&w