Zum Inhalt springen

Studium in Corona-Zeiten

Regelung zu Online-Prüfungen unerwartet verabschiedet

Neue Prüfungsregeln an den Hochschulen im Land erlauben Videoaufsichtsprogramme. Das bedeutet einen massiven Eingriff in die Privatsphäre Einzelner. Die GEW setzt sich für eine zeitliche Befristung ein – damit Bildung nicht Überwachung bedeutet!

Foto: Pixabay / CC0

Der Wissenschaftsausschuss zum vierten Hochschulrechtsänderungsgesetz hat unerwartet die Regelungen zu Online-Prüfungen (PDF) an den Hochschulen des Landes verabschiedet. Die neuen Regeln öffnen Tür und Tor für die sogenannte Proctoring-Technologie, die durch Authentifizierung durch Gesichtserkennung oder auch der Analyse der Tipp- und Mausaktivitäten für die Beaufsichtigung von digitalen Prüfungsformaten zuständig ist. Die GEW Baden-Württemberg sieht hierin einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und fordert die zeitliche Einschränkung der neuen Regelungen.

Wer bereits unter Corona-Bedingungen geprüft wurde, dem erscheinen die neuen Regelungen zu Online-Prüfungen, die am 25. November im Wissenschaftsausschuss verabschiedet wurden, zunächst sinnvoll und auch nützlich. Denn hier regelt das Land endlich, dass auch Prüfungen, die unter Einsatz elektronischer Informations- und Kommunikationssysteme erbracht werden, zulässig sind.

Der Haken an der Sache: Diese Prüfungen müssen unter einer Form der Videoaufsicht durchgeführt werden. Nun können Hochschulen selbst die notwendigen Informations- und Kommunikationssysteme zur Verfügung stellen, damit Prüfungen regelkonform umgesetzt werden – oder sie geben den Auftrag zur Videoaufsicht an Dritte weiter.

Und genau dieser Satz öffnet Tür und Tor für das sogenannte Proctoring. Solche Online Proctored Exams umfassen im Allgemeinen Folgendes:

  • Bei Prüfungsteilnehmer*innen erfolgt eine Authentifizierung durch Gesichtserkennung.
  • Videoüberwachung des Gesichts, Screencast der Aktivitäten auf dem Bildschirm
  • Audio-Mitschnitt zur Verhinderung von „Einsagen“ im „Prüfungsraum“
  • Überprüfung des Arbeitsplatzes oder des Prüfungsraums (360°-Ansicht) vor Prüfungsbeginn und gegebenenfalls auch während der Prüfung
  • Überprüfung des Rechners und technische Vorrichten zur Verhinderung anderer Fenster, Analyse der Tipp- und Mausaktivitäten und die Verhinderung mehrerer Monitore
  • Protokoll der Internetaktivität, Logging aufgesuchter Websites, Analyse des Standortes

Zwar sind diese Online-Prüfungen in der Regelung als freiwillig für die Studierenden beschrieben. Die Alternative der analogen vor Ort Prüfungen steht aber bereits jetzt an den Hochschulen zur Disposition, da das organisatorisch ein sehr hoher Aufwand bedeutet.

Die Regeln für Online-Prüfungen auch unter Bedingungen von Proctoring  werden voraussichtlich am Mitte Dezember in der zweiten Lesung zum Hochschulrechtänderungsgesetz verabschiedet.

Die GEW sieht in den Regelungen wesentliche Grundrechte ausgehebelt und einen massiven Eingriff in die Privatsphäre Einzelner. Wir fordern die Landesregierung auf, sich dringend für eine zeitliche Befristung von Online-Prüfungsformaten einzusetzen – damit Bildung nicht Überwachung bedeutet!