Zum Inhalt springen

Schlamperei kann teuer werden

Beamt/innen im Ruhestand müssen nach einem Arztbesuch ihre Rechnung zahlen und dann der Beihilfe einreichen. Da nur ein Teil der Kosten übernommen wird, müssen sie das Restrisiko durch eine andere Versicherung abdecken. Das kann zu Problemen führen.

Diese rechtliche Konstruktion führt in der Regel dazu, dass erkrankte Beamt/innen drei verschiedene Gesprächs- bzw. Verhandlungspartner haben:

1. Die erkrankte Person wendet sich zunächst an einen „Behandler“ (Arzt, Krankenhaus, Pflegeheim, Physiotherapeut usw.). Dadurch entsteht ein Behandlungsvertrag. Der Behandler stellt seine Leistungen der erkrankten Person in Rechnung.

2. Ist die erkrankte Person beihilfeberechtigt, reicht sie diese Rechnung bei der Beihilfestelle (Landesamt für Besoldung und Versorgung) ein und bittet um Erstattung. In der Regel übernimmt das Landesamt 70 Prozent der erstattungsfähigen Kosten.

3. Die erkrankte Person reicht die Rechnung außerdem bei ihrem Versicherungsunternehmen ein und bittet um Erstattung. Bei „behilfekonformen“ Verträgen übernimmt die Versicherung den restlichen Anteil – in der Regel 30 Prozent - der erstattungsfähigen Kosten.

Es kann in allen drei Fällen zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen: mit den Behandlern wegen der Qualität ihrer Leistungen oder der Höhe ihrer Rechnung, mit der Beihilfestelle oder der Krankenversicherung wegen nicht oder nur teilweise erstatteter Rechnungsbeträge. Nur bei einer Auseinandersetzung mit dem Landesamt darf die GEW uneingeschränkt rechtliche Hilfe leisten. Denn nur die Beihilfe resultiert aus dem Dienstverhältnis. Bei Auseinandersetzungen mit Behandlern oder Krankenversicherungen würde die GEW gerne helfen, sie darf es aber bei den Behandlern gar nicht und bei privaten Krankenversicherungen allenfalls sehr eingeschränkt nach vorheriger Einzelfallprüfung durch den GEW-Rechtsschutz. Denn es handelt sich um privatrechtliche Verträge - und nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz ist die Beratungsbefugnis der Gewerkschaften und Verbände auf ihre Mitglieder und die rechtliche Ursache aus der Tätigkeit im Satzungsbereich beschränkt. Deshalb raten wir unseren Mitgliedern nachdrücklich, sich selbst intensiv darum zu kümmern, dass keine ungerechtfertigten oder zu hohen Kosten entstehen oder dass falsch abgerechnet wird.

Schon vor der Behandlung aufpassen

Insbesondere bei der Behandlung in Privatkliniken bzw. Rehabilitationseinrichtungen (auch bei Reha- Kuren, Sucht- oder Anschlussheilbehandlungen) sollte man sich vorher (!) über deren Kosten und das Abrechnungsverfahren informieren. Das Landesamt zahlt nur, was für die Leistungen eines vergleichbaren Krankenhauses zu erstatten wäre. Es empfiehlt sich vor Behandlungsbeginn eine beihilfekonforme Kostenvereinbarung abzuschließen. Nur wenn die Einrichtung zusichert, dass sie sich an den Sätzen der öffentlichen Krankenhäuser orientiert, ist man auf der sicheren Seite. Andernfalls muss man mit - teilweise sehr erheblichen - eigenen Kosten rechnen.

Diese genaue Vor-Kalkulation ist auch bei der privaten Krankenversicherung anzuraten. Denn selbst eine „behilfekonforme“ Versicherung übernimmt nicht in jedem Fall den „Rest“. Vorsicht ist vor allem bei Rehabilitationsmaßnahmen und Kuren angebracht: Man sollte vorher (!) von der privaten Krankenversicherung eine schriftliche Auskunft einholen, ob sie einen Kostenanteil übernimmt.

Aufpassen muss man auch bei der Inanspruchnahme von sogenannten „Wahlleistungen“. Ein Anspruch auf Beihilfe für Wahlleistungen (Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer) besteht nur, wenn man dem Landesamt erlaubt hat, bei der Gehaltsabrechnung 22 Euro monatlich einzubehalten (sogenannte „Wahlleistungsvereinbarung“). Andernfalls sind die Behandlungen im Krankenhaus in die Abrechnungspauschale eingeschlossen und man muss die dadurch nicht abgedeckten „Komfortleistungen“ aus eigener Tasche bezahlen. Immer wieder nimmt jemand Beihilfen für Wahlleistungen nicht in Anspruch, obwohl er diesen Zusatzbeitrag leistet, beispielsweise wenn kein Zweibettzimmer frei ist oder die ärztliche Behandlung ohne Chefarztvereinbarung im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung erfolgt. Dann erhält der Betroffene bei stationärer Behandlung in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus als Ausgleich eine pauschale Beihilfe pro Behandlungstag (Tagegeld) und zwar 11 Euro, wenn die Wahlleistung für Unterkunft nicht beansprucht wird, und 22 Euro pro Tag für nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“. Allerdings: Ist das Zweibettzimmer „Regelleistung“ (weil dieses Krankenhaus nur Zweibettzimmer hat), gibt es die 11 Euro nicht. Und „Chefarztbehandlung“ bedeutet nicht nur die Behandlung durch den Chefarzt persönlich, sondern bezieht sich auf alle behandelnden Ärzte, die privat liquidieren, also einzeln abrechnen dürfen.

Rechnung vor der Einreichung prüfen

Rechnungen darf man nicht unbesehen an die Beihilfestelle oder die Krankenkasse weiterleiten, sondern man muss sie selber prüfen und sei es nur auf Plausibilität: Es ist nicht immer ein Betrugsversuch, wenn sich Behandlungen oder Termine auf der Rechnung befinden, die nicht zutreffen, sondern es können bei den Behandlern und deren unterbezahlten Hilfskräften auch Schusseligkeit oder einfach ein Irrtum oder eine Verwechslung vorliegen. Es gibt aber auch Behandler, die einfach bei jeder Patientin, jedem Patienten standardmäßig Behandlungen abrechnen, die gar nicht stattgefunden haben. Das ist gerade bei älteren oder „multimorbiden“, also gleichzeitig an mehreren Krankheiten leidenden Patientinnen und Patienten recht einfach, denn es fällt kaum auf, wenn bei jedem Besuch eine Blutdruckmessung abgerechnet wird, der Arzt aber nur bei jeder zweiten Konsultation tatsächlich eine Messung vornimmt. Lehrkräfte im Ruhestand seien gewarnt: Ab Besoldungsgruppe A 12, so die Gerichte, reicht der Verstand der Beamtin und des Beamten aus, um eine Gehaltsabrechnung oder eine Arztrechnung eigenständig zu überprüfen. Unterlässt er das, bezahlt die Rechnung und reicht sie anschließend bei der Beihilfe und der Kasse ein, kann es zu einem bösen Erwachen kommen. Denn das Landesamt und die Versicherung haben inzwischen auch spitzgekriegt, dass manche Behandler schummeln. Sie prüfen deshalb schärfer nach und erstatten nur, was ihnen plausibel erscheint. Dann bleibt der Patient auf der Differenz sitzen.

Hiergegen gibt es ein probates Rezept: Die Behandler schreiben zwar bisweilen sehr enge Zahlungsfristen auf ihre Rechnung, aber in der Regel lassen sie den Patientinnen und Patienten vier Wochen Zeit. Das reicht, um die Rechnung bei der Versicherung und dem Landesamt einzureichen und den Rechnungsbetrag erst zu überweisen, wenn deren Erstattungsbeträge angekommen sind (notfalls müssen die Behandler auch mal etwas länger warten). Wer die Online-Abrechnung des Landesamts nutzt, hat derzeit in aller Regel schon nach 10 oder 14 Tagen den Bescheid in den Händen und findet zeitgleich das Geld auf seinem Konto vor. Da die früher geltende Mindestgrenze von 300 Euro je Antrag seit 1.7.2015 entfallen ist, muss man mit dem Einreichen jetzt nicht erst so lange warten, bis diese Mindestsumme erreicht ist.

Was tun bei Zweifeln?

Wer bei der Plausibilitätsprüfung Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechnungsposten hat oder wer ein Datum entdeckt, an dem er gar nicht in der Praxis war, oder wer auf dem Bescheid des Landesamts oder der Versicherung die Mitteilung vorfindet, dieser oder jener Betrag könne nicht übernommen werden, sollte sich sofort an den Behandler wenden und um Aufklärung bitten. Dies hemmt übrigens die vom Behandler gesetzte Zahlungsfrist: Die setzt erst nach der Aufklärung neu ein. Falls der Behandler eine solche Nachfrage oder den Widerspruch als Belästigung empfinden sollte, muss man ihm unmissverständlich sagen, dass es nicht anders geht: Wer eine als unberechtigt erkannte Forderung bei der Beihilfe einreicht, kann sich des Betrugs zu Lasten des Dienstherrn schuldig machen. Die Versicherungen und das Landesamt verlangen nach Aufdeckung des Schwindels die zu viel erstatteten Kosten zurück und es drohen sogar strafrechtliche und dienststrafrechtliche Folgen.

Oft bessert der Behandler nach einer Reklamation seine fehlerhafte Rechnung nach oder verzichtet aus Kulanzgründen auf den umstrittenen Rechnungsposten. Nur wenn eine gütliche Einigung nicht zustande kommt, muss man sich entscheiden, ob der Klügere nachgibt und die Rechnung vollständig begleicht oder ob man sich durchsetzen will und zunächst nur begleicht, was unstrittig ist. Allerdings sollte man der Versicherung und dem Landesamt bei einer problematischen Rechnung immer mitteilen, dass Zweifel bestünden und man sich deshalb an den Behandler gewandt habe. Wenn man dann auf dem Antragsformular des Landesamts ankreuzt bzw. der Versicherung im Begleitbrief mitteilt, dass diese sich direkt an den Behandler wenden dürfen (ohne diese Genehmigung können sich die Behandler hinter der ärztlichen Schweigepflicht verstecken), vermeidet man nicht nur jeden Verdacht, Anteil an betrügerischen Manipulationen zu haben. Man gibt dem Landesamt und der Versicherung so eine Handhabe, solchen Fehlabrechnungen nachzugehen. Man kann sich bei Problemen mit der privaten Krankenversicherung an den „Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung“ wenden. Dieser außergerichtliche Streitschlichter nimmt zu Meinungsverschiedenheiten neutral und unabhängig Stellung. Informationen hierzu gibt es im Internet unter www.pkv-ombudsmann.de

Da man eine Auseinandersetzung nie ausschließen kann, sollte man eine Ausfertigung der Rechnungen oder Rezepte mindestens bis zur Bestandskraft des Beihilfebescheids aufbewahren (die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat); sonst kann man den Bescheid nicht überprüfen und besitzt im Streitfall keine eigenen Unterlagen. Denn die werden normalerweise vom Landesamt nicht zurückgegeben; nur in jenen Fällen, in denen das Landesamt ausdrücklich Originalbelege verlangt (z.B. für Aufwendungen im Todesfall), erhält man diese zurück. Bei stationären Leistungen ist neuerdings übrigens auch eine direkte Abrechnung der Leistungserbringer (Kliniken, Heime usw.) mit dem Landesamt möglich. Hierzu muss der/ die Beihilfeberechtigte gegenüber dem Landesamt die Zustimmung zur Direktabrechnung erteilen. Vordrucke befinden sich unter „Aktuelles“ und „Vordrucke“ auf der Homepage des LBV (www.lbv-bw.de); man kann sie aber auch gleich bei der Anfrage wegen der Kostenübernahme anfordern, die vor Beginn der stationären Behandlung eh erfolgen sollte. Allerdings erstattet das LBV nur die beihilfefähigen Leistungen direkt; man bekommt also vom Leistungserbringer trotzdem eine Rechnung und muss nicht beihilfefähige Anteile oder „Komfort-Leistungen“ gegebenenfalls mit diesem selbst abrechnen.