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Von Türöffnern und Barrieren

Bei der Landesfachgruppe Grundschule und beim Hauptpersonalrat GHWRGS gehen vermehrt Anfragen von Grundschulen ein, ob sie die Grundschrift als verbundene Schrift einsetzen können. Die GEW befürwortet eine Wahlfreiheit für die Schulen. Für die Landesregierung scheint dies noch nicht endgültig geklärt zu sein.

Im Bildungsplan 2016 findet sich im Fach Deutsch in der Grundschule unter „Texte verfassen – Handschrift entwickeln“ die Formulierung: „Die Schülerinnen und Schüler entwickeln – ausgehend von einer gedruckten Ausgangsschrift und einer verbundenen Schrift – eine individuelle Handschrift.“ Unklar ist, ob sich Schulen bei der Wahl einer verbundenen Schrift auch für die Grundschrift entscheiden können. Als Landesfachgruppe Grundschule schließen wir uns der Auffassung der Projektgruppe Grundschrift des Grundschulverbandes an – unsere Antwort lautet ganz klar JA.
Im Hinblick auf die Einführung des neuen Bildungsplanes haben viele Grundschulen bereits abgestimmte Materialien gesichtet und wollen eventuell auf neue Lehrwerke umstellen. Bei der Wahl von Lehrwerken zum Schriftspracherwerb spielt es eine große Rolle, für welche verbundene Schrift die Schulgremien sich entscheiden. Dies bedarf einer entsprechenden fachlichen Auseinandersetzung und zeitlicher sowie unterrichtsorganisatorischer Planungen. Daher nimmt die Zahl der Anfragen zu diesem Thema stetig zu. Die Grundschrift erfreut sich einer immer größer werdenden Nachfrage. Die Diskussion, ob sie als verbundene Schrift gilt und somit gewählt werden kann, wird in den Kollegien seit vielen Jahren geführt.

Es geht hier nicht um eine fachliche Auseinandersetzung über die Anerkennung der Grundschrift als Alternative zur Lateinischen Ausgangsschrift (LA) oder zur Vereinfachten Ausgangsschrift (VA). Hierzu sind in der b&w bereits zahlreiche Artikel erschienen (z.B.: Brügelmann in b&w 2014). Aus unserer Sicht haben die moderne Deutschdidaktik und die Rückmeldungen aus der Praxis durch Schulen, die mit der Grundschrift arbeiten, ein klares Ergebnis gezeigt. Der Einsatz der Grundschrift führt nicht zum befürchteten Verfall der feinmotorischen Leistung beim Schriftspracherwerb oder zum Verlust der individuellen Schrift.
Laut Professor Hans Brügelmann muss die Diskussion von folgenden Ausgangsfragen her geführt werden: Spricht die Befundlage gegen die Entwicklung der Handschrift aus der Druckschrift? Müssen Schüler/innen den Umweg über eine Standardschreibschrift gehen oder dürfen sie die persönliche Handschrift direkt aus der Druckschrift entwickeln? Anders gesagt: Kann dieser Weg untersagt werden, wie von verschiedenen Seiten gefordert wird, weil er belegbar negative Folgen für die Kinder hätte?

Diese Fragen werden im Kultusministerium (KM) noch diskutiert. Die Formulierung im neuen Bildungsplan war auch ein Ergebnis eines Treffens der Expertenrunde zur Grundschrift im vergangenen Schuljahr, zu der das Grundschulreferat des KM eingeladen hatte. Alle dort anwesenden Vertreter/innen waren sich einig, dass der Wegfall der bisherigen Vorgaben der zu erlernenden Schreibschriften positiv ist. Im Bildungsplan 2004 stand „Die GLK entscheidet, ob die Lateinische Ausgangsschrift oder die Vereinfachte Ausgangsschrift zugrunde gelegt wird.“ Ohne diese Vorgabe hätten die Schulen die Wahl, sich für eine gebundene Schrift zu entscheiden, die auch die Grundschrift sein kann.

Derzeit gibt es auch auf Nachfragen beim KM keine eindeutige Antwort, ob die Schulen die Grundschrift als verbundene Schrift einführen dürfen oder nicht. Es wäre gut, wenn die Schulen diese Wahlmöglichkeit hätten. So würde verhindert, dass reformpädagogische Erfolge der Schreibdidaktik, die im letzten Jahrzehnt in vielen kleinen Schritten entwickelt wurden, mit Stolpersteinen zu Fall gebracht werden.
Die GEW setzt sich schon lange dafür ein, den Schulen, die es möchten und sich entsprechend fachlich und didaktisch damit auseinandergesetzt haben, die Einführung der Grundschrift zu ermöglichen. Die Tür hierzu ist durch die Formulierung des neuen Bildungsplanes geöffnet worden und wir wünschen uns, dass keine ideologischen Bewertungen des Grundschriftkonzeptes oder emotional geführte Debatten dazu führen, dass nachträglich Barrieren eingebaut werden, die den Grundschulen diese Wahlmöglichkeit wieder nehmen.