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Neuregelung von Mehrarbeitsunterricht (MAU)

Die Schulverwaltungen handhaben die Abrechnung von Mehrarbeit bzw. Freizeitausgleich zunehmend rigider. Die Regierungspräsidien haben die Schulen angewiesen, Unterrichtsausfall als Ausgleich für Mehrarbeit anzurechnen, wenn beispielsweise Klassen im Schullandheim oder auf Studienfahrten sind oder wenn der Unterricht nach Abschlussprüfungen wegfällt.

Der neue Umgang mit Mehrarbeitsunterricht (MAU) ist besonders ärgerlich, weil nur in Bezug auf Unterrichtsstunden kleinlich gerechnet wird. Dass mit zusätzlichen Aufgaben und mit der gleichzeitigen Kürzung von Stunden des allgemeinen Entlastungskontingents und der Altersermäßigung die Arbeitsbelastung insgesamt kontinuierlich steigt, wird dagegen überhaupt nicht berücksichtigt.

Die strengen Vorgaben führen bei den betroffenen Lehrkräften zu einer heimlichen Arbeitszeiterhöhung. Um die Verrechnung von vorgeleisteter Arbeit mit „Freizeit“ vollständig auszuschöpfen, verlangen die Regierungspräsidien von den Schulleitungen zudem, Anträge auf Mehrarbeitsvergütung nur noch zum Schuljahresende einzureichen.

Das Landesbesoldungsgesetz regelt in § 67 Abs. 3:
1. Beamt/innen sind grundsätzlich zu Mehrarbeit verpflichtet, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern. Dies gilt gem. § 44 TV-L auch für Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis.
2. Wurden in einem Monat mehr als 5 Zeit-Stunden (entspricht 3 Unterrichtsstunden – Teilzeitbeschäftigte entsprechend anteilig)
geleistet, so ist innerhalb eines Jahres entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren.
3. Ist Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, kann Mehrarbeitsvergütung entsprechend § 65 Landesbesoldungsgesetz gewährt werden.
Die Voraussetzungen sind: Die Mehrarbeit wurde schriftlich angeordnet und konnte nicht innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden.

Das gilt im Beamtenrecht schon immer so. Weil in der Schule aber Freizeitausgleich zu erneutem Unterrichtsausfall führt, wurde bislang nach einem Monat „abgerechnet“. Mit der neuen Abrechnungsregelung wird diese langjährige Praxis gekippt – zu Lasten der Lehrkräfte, denn die Anzahl der angeordneten MAU-Stunden wird nicht weniger. Wichtig zu wissen ist, dass nur solche Stunden als Freizeitausgleich angerechnet werden, die nach der Mehrarbeitsverordnung in Frage kommen, also nur planmäßiger Unterricht, der ausfällt. Nicht zulässig ist es, ausgefallene Stunden, die vor der geleisteten Mehrarbeit liegen, gegenzurechnen. Ebenfalls nicht zulässig ist es, bereits zum Schuljahresbeginn ein höheres Deputat festzusetzen, weil zum Schuljahresende ausfallender Unterricht erwartet wird.

Empfehlungen der Gesamtlehrerkonferenz

Es ist für den Schulbereich nirgendwo abschließend definiert, was zwingende dienstliche Gründe sind. Dies muss jede Schule für sich regeln. Die Gesamtlehrerkonferenz (GLK) hat dabei ein Mitspracherecht. Nach der Konferenzordnung kann die GLK „allgemeine Empfehlungen“ zur „Verteilung der Lehraufträge und sonstiger dienstlicher Aufgaben, für die Aufstellung der Stunden- und Aufsichtspläne sowie für die Anordnung von Vertretungen“ beschließen (KonfO § 2 Abs. 1 Nr. 9). Diese Empfehlungen sind für die Schulleitung zwar nicht bindend, sie hat sie aber in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Die GLK kann z.B. empfehlen, dass Ausfälle von Lehrkräften vorrangig durch Unterrichtsaufall, durch Anfordern von Krankheitsvertretungen (KV), durch das variable Deputat oder die Aufstockung von Teillehraufträgen aufgefangen werden sollen.

Zu beachten ist auch, dass Mehrarbeit von der Schulleitung schriftlich angeordnet werden muss und unabhängig vom Mitspracherecht der GLK der Mitbestimmung durch den Personalrat unterliegt (LPVG § 70 Abs. 2 Nr. 4). Mitbestimmung bedeutet, der Personalrat muss vor der Anordnung von Mehrarbeit informiert werden und er muss der Anordnung zustimmen. Ohne Beteiligung des Personalrats kann Mehrarbeit nicht angeordnet werden.

Faire und solidarische Regeln für die Mehrarbeit

Die GEW lehnt Mehrarbeit ab. Sie kaschiert die ungenügende Personalausstattung der Schulen. An vielen Schulen muss fast täglich der Ausfall von Lehrkräften durch Vertretungsunterricht ausgeglichen werden, weil keine Vertretungsreserve da ist. Mit einer Aufstockung der Lehrerreserve könnte der Anfall von Mehrarbeit deutlich reduziert werden. Um eine gerechte Verteilung zu erreichen, die auch besondere Belastungen, wie etwa in Teilzeit arbeitende Frauen mit Kindern, berücksichtigt, rät die GEW dringend, dass die Gesamtlehrerkonferenz von ihrem Recht gebraucht macht und eine allgemeine Empfehlung beschließt. Dort sollte primär festgelegt werden, wie zusätzliche zeitliche Belastung vermieden werden kann. Wenn sie unumgänglich scheint, kann beraten werden, wie sie sozialverträglich und fair ausgestaltet werden kann. Es ist auch Aufgabe der GLK, zu beraten und zu beschließen, ob bzw. welche zusätzlichen Aufgaben übernommen oder künftig nicht mehr wahrgenommen werden.

Formalrechtlich ist zu beachten, dass Mehrarbeit nicht oder nur eingeschränkt angeordnet werden darf für: Schwangere, Schwerbehinderte, Lehrkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen, Lehrkräfte in einer Rekonvaleszenzregelung, Anwärter/innen, Referendar/innen.