Elternstiftung Baden-Württemberg
Partnerschaftliche Zusammenarbeit von Eltern und Schulen
Seit 50 Jahren stärkt die Elternstiftung die Zusammenarbeit von Eltern, Schulen und Kitas in Baden-Württemberg. Sie informiert und berät Eltern, unterstützt aber auch Lehrkräfte und Erzieher*innen. Letztlich kommt die Arbeit den Kindern zugute.
„Gäbe es die Elternstiftung nicht, man müsste sie spätestens jetzt erfinden.“ Diese Worte fand vor Kurzem der Beiratsvorsitzende Konrad Horstmann über die Elternstiftung. Seit diesem Jahr ist die Stiftung bereits 50 Jahre aktiv. Maßgeblich geprägt wurde die Arbeit der Elternstiftung zu Beginn der 2000er-Jahre durch die damalige Vorsitzende des Landeselternbeirats, Elke Picker.
Anfangs stand bei den Angeboten der Elternstiftung die Unterstützung und Stärkung der Elternvertretungen im Fokus. Bei dieser Aufgabe sollte es aber nicht lange bleiben. Im Laufe der Jahre wurde der Wirkungsbereich immer weiter ausgebaut und durch neue Themenfelder erweitert.
Die Elternstiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, Eltern in ihrer Zusammenarbeit mit dem Bildungssystem zu unterstützen. Sie möchte alle Eltern in Baden-Württemberg stärken, aktiv die schulische Laufbahn ihrer Kinder zu begleiten, sie mit relevanten Informationen versorgen und eine gute Bildungspartnerschaft zwischen Lehrkräften und Eltern unterstützen. Sie versucht hierbei auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und nah an den Bedürfnissen der Eltern zu arbeiten. So wurden beispielsweise früh nach Ausbruch der Pandemie die ersten Online-Seminare und Sprechstunden angeboten und zeitnah nach dem russischen Angriffskrieg die ersten Materialien auf Ukrainisch fertiggestellt.
Die Stiftung finanziert sich neben Spendengeldern vor allem durch öffentliche Mittel des Kultusministeriums, sowie des Sozialministeriums. Zusätzlich besteht seit diesem Jahr auch eine Zusammenarbeit mit der AOK Baden-Württemberg und der Unfallkasse Baden-Württemberg. Ihre Kontakte zu wichtigen Institutionen im Bildungssystem, Kommunen und Ministerien hat es der Stiftung ermöglicht, ein starkes und tragfähiges Netzwerk aufzubauen. Um die Bildungspartnerschaft zu stärken, engagiert sich die Elternstiftung in mehreren Bereichen.
Elternvertretung beraten und stärken
Elternvertretungen bilden eine wichtige Schnittstelle zwischen Eltern, Lehrkräften und Schulleitungen und ermöglichen es Eltern, aktiv am Schulleben ihrer Kinder teilzunehmen und zu vermitteln. Durch ihre Mitwirkung in verschiedenen Gremien von der Klassenpflegschaft bis hin zum Gesamtelternbeirat tragen sie zur Gestaltung des Schulalltags bei. Ihre Arbeit fördert nicht nur den Austausch und das Verständnis zwischen den verschiedenen Akteuren, sondern trägt auch zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Bildungssystems bei.
Um für dieses wichtige Ehrenamt gut vorbereitet zu sein, bietet die Elternstiftung ein bewährtes Seminarprogramm, um Elternvertretungen ihre Rechte und Pflichten näher zu bringen. Diese kostenlosen Seminare vermitteln nicht nur Fachwissen, sondern auch wichtige Fähigkeiten wie Konfliktmanagement und Moderation. Insgesamt besuchten allein im Jahr 2023 über 1.500 Teilnehmende die Seminare der Elternstiftung in allen Bereichen. Weiterhin stehen im Bereich der Elternvertretungen regelmäßig Referentinnen bereit, um in Telefonsprechstunden zu beraten.
Interkulturelle Elternmentor*innen – Beitrag zur Chancengleichheit
Ziel des Programms „Interkulturelle Elternmentor*innen“ ist es, die Kommunikation zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen zu unterstützen und damit langfristig einen Beitrag zur Chancengleichheit in der Bildung zu leisten. Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede sowie fehlendes Wissen über unser Bildungssystem machen einen Austausch mit den Bildungseinrichtungen schwer.
Eltern sind häufig auf Unterstützung angewiesen, um die bestmögliche Förderung und Entwicklung ihrer Kinder zu gewährleisten. Dabei sind direkte Ansprechpartner*innen von großer Bedeutung, da sie den Eltern helfen, sich in den oft komplexen Strukturen des Bildungssystems zurechtzufinden. Hierzu gehören nicht nur Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen und andere Fachkräfte, sondern auch die interkulturellen Elternmentor*innen der Elternstiftung. Diese sind ausgebildete, ehrenamtlich engagierte Personen, die sich für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen einsetzen und als neutrale und vertrauliche Ansprechpersonen für Eltern sowie pädagogische Fach- und Lehrkräfte fungieren. Sie dolmetschen, beraten, vermitteln bei Problemen, helfen Eltern, schulische Anforderungen besser zu verstehen, begleiten sie zu Elterngesprächen und Veranstaltungen oder initiieren unterschiedliche Projekte.
Die interkulturellen Elternmentor*innen, die meist selbst Eltern sind und neben Deutsch mindestens eine weitere Sprache sprechen, bieten insbesondere für Eltern mit nicht-deutscher Muttersprache wertvolle Unterstützung im Bildungssystem. Sie helfen dabei, kulturelle Unterschiede zu verdeutlichen und erklären komplexe Inhalte verständlich in der jeweiligen Muttersprache der Eltern, was die Integration und das Verständnis für das Bildungssystem erheblich erleichtern. Durch gezielte Unterstützung werden Eltern mit Migrationsgeschichte ermutigt, sich aktiv am schulischen Leben ihrer Kinder zu beteiligen und zur Verbesserung der Lernumgebung beizutragen.
Die modularen Schulungen der Interkulturellen Elternmentor*innen werden landesweit in enger Kooperation mit den Kommunen und Schulämtern durchgeführt. Dabei wird besonderer Wert auf interkulturelle Kompetenzen gelegt und eine ideale Grundlage zur Unterstützung von Eltern mit und ohne Migrationsgeschichte geschaffen. Zusätzlich zu den Grundschulungen werden auch Aufbauseminare angeboten, welche die erlernten Fähigkeiten vertiefen und weiter ausbauen.
In den letzten Jahren wurden bereits etwa 2.000 Interkulturelle Elternmentor*innen im ganzen Land ausgebildet. Der Kontakt mit ihnen kann über Kommunen oder auch über die Elternstiftung selbst hergestellt werden.
Projekt frEi – frühe Einbindung neu zugezogener Eltern
Wenn Eltern mit ihren Kindern nach Baden-Württemberg ziehen, stehen sie oft vor der Herausforderung, sich in unserem Bildungssystem zurechtzufinden. Hinzu kommt, dass viele neu zugezogene Familien mit Sprachbarrieren zu kämpfen haben. Diese Barrieren können den Zugang zu wichtigen Informationen über das Bildungssystem, Anmeldeverfahren, Fördermöglichkeiten und der Kommunikation mit pädagogischen Fach- und Lehrkräften erschweren. Im Projekt frEi – frühe Einbindung neu zugezogener Eltern – gibt es dafür verschiedene Unterstützungsangebote.
Es entstehen regelmäßig neue mehrsprachige Infomaterialien in digitaler und gedruckter Form. Sowohl der allgemeine Bildungsweg als auch einzelne Aspekte wie beispielsweise der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule oder die berufliche Orientierung werden detailliert, aber einfach, in 13 Sprachen erklärt. In einer Vielzahl von mehrsprachigen Erklärvideos werden verschiedene Teilbereiche des Bildungssystems in der jeweiligen Sprache unterstützt und durch Illustrationen lebendig dargestellt. Zusätzlich werden auch für Fach- und Lehrkräfte mehrsprachige Formulare und Hilfsmittel angeboten, um Eltern in ihrer Muttersprache zu erreichen.
Ein weiteres Angebot sind die vielen kostenlosen Online-Seminare für Eltern und pädagogische Fach- und Lehrkräfte. Zu Themen wie der beruflichen Orientierung oder den Umgang mit Mehrsprachigkeit in Kita und Schule können sich Eltern, Multiplikator*innen und pädagogische Fach- und Lehrkräfte weiterbilden. Für Eltern findet monatlich eine Online-Sprechstunde mit Sprachmittlung statt. Bei dieser können die Eltern in ihrer Muttersprache individuelle Fragen zum Bildungssystem stellen, die eine Referent*in der Elternstiftung beantwortet. Den Schulen bietet die Elternstiftung auch die Durchführung eines Elterninfoabends mit Sprachmittlung an. Vor Ort können an diesem Tag viele nützliche Informationen über das Bildungssystem an die Eltern in ihrer Muttersprache weitergegeben werden, damit sie von Beginn an ihre Kinder aktiv auf dem Bildungsweg begleiten können.
Neues Programm „Selbstregulation“
Unter Selbstkontrolle und Selbstregulation versteht man die Fähigkeit, sein Verhalten, seine Aufmerksamkeit und seine Gefühle zielgerichtet und bewusst steuern zu können. Diese Fähigkeit zur Selbstregulation ist laut der Neurowissenschaftlerin Dr. Sabine Kubesch vergleichbar wichtig für schulischen Erfolg wie Intelligenz. Der Vorteil hierbei: Selbstregulation kann man lernen!
Nicht nur an unseren Schulen und Kitas, sondern auch im Elternhaus wird verstärkt bemerkt, dass Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsspanne bei den Kindern zurückgegangen sind. Sich länger auf eine Sache zu konzentrieren, etwas konsequent zu Ende zu führen, oder einfach nur stillzusitzen, fällt vielen Kindern schwer. Genau an dieser Stelle, setzt das neue Programm der Elternstiftung an: Es soll Eltern, Lehr- und Fachkräften Wege aufzeigen, wie sie Kinder und Jugendliche in diesem Bereich stärken können.
Durch regelmäßige Übungen und das bewusste Erleben von Alltagssituationen kann man die Fähigkeit zur Selbstregulation der Kinder trainieren, und sie somit für die schulische Laufbahn, sowie das spätere Leben vorbereiten. Probleme wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität, Motivationsprobleme, Aggressionen oder auch Ängste können mit Hilfe von Selbstregulation gezielt gesteuert und überwunden werden. Ziel ist es, negative Verhaltensweisen durch Trainieren von Ausdauer, Emotionsregulation und Disziplin zu kontrollieren. Hierfür können im Alltag Spiele und sportliche Aktivitäten hilfreich sein. Ruhige Freizeitspiele wie Malen, Basteln und Memory oder auch schnelle Ablege- und Strategiespiele können diese Funktionen stärken. Besonders wichtig bei Spiel und Sport: Auch Verlieren kann man üben. Aus diesen Erfahrungen lernt man mit Fehlern und auch Niederlagen besser umzugehen.
„Es geht darum durchzuhalten und auch mal in die Anstrengung zu gehen. Das erfordert unser Leben“, so Kubesch. Es ist also wichtig, frühzeitig zu lernen mit Emotionen umzugehen und sie auszuhalten, um im späteren Leben geübt darin zu sein, sie selbst zu regulieren und auch zu verstehen.
Die Elternstiftung hat in Zusammenarbeit mit Dr. Sabine Kubesch das Programm Selbstregulation ins Leben gerufen. In kostenlosen Online-Vorträgen können Eltern, pädagogische Fach- und Lehrkräfte sowie alle Interessierten teilnehmen. Kubesch erläutert die neurologischen Grundlagen, deren Auswirkungen und gibt hilfreiche Tipps, wie im Alltag durch zielgerichtetes Verhalten die Selbstregulation trainiert werden kann. Zudem werden in Multiplikator*innen-Schulungen Referent*innen ausgebildet, die anschließend an Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen andere Eltern mit diesem Thema vertraut machen sollen. Finanziell unterstützt wird die Stiftung hierbei von der AOK Baden-Württemberg, sowie der UKBW.
Nach einem riesigen Interesse von über 2.500 Anmeldungen für den ersten Online-Vortrag wird es weitere Termine geben. Anmeldungen sind möglich über die Website der Elternstiftung.