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Gesellschaftswissenschaften stärken

Politische Bildung ist Basis der Demokratie

Die GEW macht gegen die schwache Stellung des Fachs Gemeinschaftskunde mobil. Bei einer Kundgebung vor dem Kultusministerium am 10. November übergibt die Landesfachgruppe Gymnasien einen Forderungskatalog an Ministerin Schopper.

Jugendliche schlüpfen in die Rolle von Bundestagsabgeordneten und spielen Politik nach bei der Veranstaltung Jugend und Parlament.
Jugendliche schlüpfen in die Rolle von Bundestagsabgeordneten und spielen Politik nach bei der Veranstaltung Jugend und Parlament. (Foto: © imago)

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg wird bei einer Kundgebung vor dem Kultusministerium am 10. November 2022 Ministerin Theresa Schopper ein Forderungspapier übergeben. Darin protestiert die GEW gegen die schwache Stellung des Faches Gemeinschaftskunde, das eines der am schlechtesten ausgestatteten Schulfächer überhaupt ist.

Politik.
Bildung.
Demokratie.

Stärkung der Gesellschaftswissenschaften – jetzt!

Aufruf zur Kundgebung
am Donnerstag, 10. November 2022,
um 14 Uhr,
Thouretstraße 6 in Stuttgart,
Kultusministerium

Die GEW-Landesfachgruppe Gymnasien übergibt Kultusministerin Theresa Schopper einen Forderungskatalog:

  • Mehr politische Bildung an den Schulen
  • Aufgabenschwerpunkt Gesellschaftswissenschaften in der Oberstufe ermöglichen
  • Gemeinschaftskunde stärken

Das „Haus der Bildung“ (Karikatur weiter unten auf der Seite) braucht vier starke Säulen!

Angesichts vielfältiger Krisen und Herausforderungen für unsere Demokratie ist eine fundierte politische Bildung jedoch nötiger denn je. Die GEW fordert deswegen den Ausbau des Gemeinschaftskundeunterrichts an allen Schularten in Baden-Württemberg.

Gemeinschaftskunde stärken!

Am 24. Februar 2022 startete der russische Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dieses Datum gilt mittlerweile als „Zeitenwende“.

Seitdem hatten die Schüler*innen des aktuellen Abiturjahrgangs in Baden-Württemberg im Basisfach Mathe rund 75 Stunden Unterricht, im Basisfach Biologie rund 75 Stunden sowie im Basisfach Musik rund 50 Stunden. Und im Basisfach Gemeinschaftskunde? Null Stunden.

Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt

Wir leben in Zeiten fundamentaler Herausforderungen, die unsere Demokratie auf nationaler und internationaler Ebene bedrohen: Die Energiekrise, die wachsende Inflation, steigende Flüchtlingszahlen, die Klimakrise, die Corona-Pandemie und nicht zuletzt die Folgen des demographischen Wandels bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Schon jetzt stellt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung eine gewachsene Unzufriedenheit mit der Demokratie in Ost- wie Westdeutschland fest.

Karikatur: © Thomas Plaßmann

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, brauchen wir mündige, aufgeklärte Bürger*innen, die die Zukunftsfähigkeit und Widerstandskraft unserer Gesellschaft sichern. Hierfür ist eine fundierte politische Bildung für alle Schüler*innen durch das Fach Gemeinschaftskunde nötig.

Randstellung des Faches Gemeinschaftskunde

Es besteht jedoch eine enorme Diskrepanz zwischen der Bedeutung des Faches Gemeinschaftskunde und seiner tatsächlichen Stellung. Das Fach Gemeinschaftskunde genießt zwar Verfassungsrang, rangiert in der Stundentafel aber auf einem der letzten Plätze.

Kein anderes Fach hat so wenig Zeit für so wichtige Aufgaben: Im Unterricht fehlt permanent die Zeit zur Behandlung der im Bildungsplan vorgeschrieben Themen. Wichtige Dinge wie die Vermittlung eines kompetenten Umgangs mit Medien oder der politischen Urteilsfähigkeit kommen zu kurz. Zentrale Themen, wie die wehrhafte Demokratie, fehlen gleich ganz. Daneben bleibt kaum Zeit für die Behandlung tagespolitischer Ereignisse oder für Exkursionen, welche die Demokratie erst wirklich erfahrbar machen.

Damit wird nicht die Wichtigkeit anderer Fächer infrage gestellt. Aber während nur einzelne Schüler*innen nach der Schule Bürokaufmann oder Ingenieurin werden, werden alle Staatsbürger*innen sein. Denn Demokratie geht alle an.

Breite Unterstützung für Forderungen

Diese Situationsbeschreibung ist keine Einzelmeinung, sondern stößt bei der Schüler*innen und Lehrer*innen in Baden-Württemberg auf breite Zustimmung, wie verschiedene Protestaktionen zeigen:

  • So forderte der Vaihinger Schülersprecher Jon Buchmüller vor wenigen Monaten gemeinsam mit dutzenden Jugendgemeinderät*innen und Schülersprecher*innen die Stärkung der Gesellschaftswissenschaften in der gymnasialen Oberstufe.
  • Ein Protestschreiben der Gemeinschaftskundelehr*innen des Hilda-Gymnasiums Pforzheim wurde innerhalb kürzester Zeit von 270 Fachschaften aus ganz Baden-Württemberg mitunterzeichnet.

Mehr Gemeinschaftskunde für alle Schüler*innen

 Die GEW unterstützt die von den Schüler*innen und Lehrer*innen erhobenen Forderungen:

  • Der Politikunterricht muss an allen Schularten gestärkt werden.
  • Das Fach Gemeinschaftskunde muss durchgängig mindestens zweistündig unterrichtet werden, in der Sekundarstufe I spätestens ab Klasse 7, im Gymnasium ab Klasse 8.
  • In der gymnasialen Oberstufe müssen Gemeinschaftskunde und die anderen Gesellschaftswissenschaften den anderen Fachbereichen gleichgestellt werden. Insbesondere muss möglich gemacht werden – wie bereits bei den Naturwissenschaften und Fremdsprachen – auch zwei Gesellschaftswissenschaften als Leistungsfächer wählen zu können.

Fachunterricht statt Leitfaden

Der Einwand, Demokratiebildung sei eine Aufgabe aller Kolleg*innen – wie im Leitfaden Demokratiebildung angedacht –, geht an der Unterrichtswirklichkeit vorbei. Eine zuverlässige, verbindliche Stärkung der Demokratiebildung, die alle Schüler*innen erreicht, ist nur durch mehr Gemeinschaftskundeunterricht zu erzielen, der von fachwissenschaftlich und fachdidaktisch ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt wird.

Auch der Ausbau externer Angebote – zum Beispiel Angebote der Landeszentrale für politische Bildung – ist zwar richtig, verfehlt aber den Kern des Problems, da damit stets nur ein Bruchteil der Schüler*innen erreicht wird.

In Zeiten vielfältiger Krisen und einer herausgeforderten Demokratie brauchen unsere Schulen nicht mehr Leitfäden, sondern mehr Politikunterricht. „Wir brauchen keine kosmetischen Verbesserungen. Wir brauchen eine echte Stärkung der politischen Bildung und der Gesellschaftswissenschaften an allen Schularten. Wir brauchen dies nicht in einer fernen Zukunft, wir brauchen es jetzt“, fordert Barbara Becker, Vorsitzende der GEW-Landesfachgruppe Gymnasien.

Kontakt
Barbara Becker
Vorsitzende Fachgruppe Gymnasien
Adresse Vogt-Kistner-Str. 1
77815 Bühl
Privat:  07223 800 04 09
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