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Umbau der Schulverwaltung

Qualität vor Schnelligkeit setzen

Mit dem sogenannten Qualitätskonzept hat das Land einen Reformprozess gestartet, der unter enormem Zeitdruck steht. Dabei bleibt vor allem die gewünschte Qualität auf der Strecke – auch Schule und Unterricht werden abgehängt.

Eine Lehrerin und ein Lehrer befinden sich in einem Beratungsgespräch.
Foto: © Bert Butzke

Aufgeschreckt durch schlechte Ergebnisse bei Leistungsvergleichen hat das Kultusministerium im letzten Jahr ein „Qualitätskonzept“ vorgestellt, das Schule und Unterricht entscheidend verbessern soll. Die GEW hat sich intensiv damit befasst.

Was ist geplant?

Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die Absicht, zwei zentrale, dem Kultusministerium unmittelbar nachgeordnete Einrichtungen zu etablieren: Zum einen das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), aus dem heraus im Wesentlichen alle Maßnahmen gesteuert werden, die der Qualifizierung des pädagogischen Personals und der Optimierung der schulischen und unterrichtlichen Rahmenbedingungen dienen können. Zum Zweiten sollen im Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) alle Aufgaben zusammengefasst werden, die einem empirisch fundierten Bildungsmonitoring zuzurechnen sind.

Es ist von außen nur sehr schwer zu beurteilen, ob die vorgesehene Trennung der beiden Funktionsbereiche zweckmäßig ist und welchen personellen Umfang sie erfordern. Es fällt aber vor allem ins Auge, dass der Gesetzentwurf sich nahezu ausschließlich auf die Institutionalisierung der beiden zentralen Einrichtungen beschränkt. Relevante Informationen und Steuerungsimpulse gehen nahezu ausschließlich „top-down“ von ihnen aus.

Dabei wird zudem übersehen, dass Qualität im pädagogischen Bereich alles andere als ein eindeutiger Begriff ist. Kriterien für Qualität entstehen immer wieder neu aus Diskussionen, die insbesondere dann wichtig sind, wenn man die Qualität tatsächlich verbessern möchte.

Bei einem solchen Vorgehen geraten die Chancen, die in der selbständigen Verarbeitung von Informationen und Handlungserfahrungen auf den anderen Ebenen liegen könnten, erst gar nicht in den Blick. Dies gilt für die Schulverwaltungen, für die Einrichtungen zur Aus- und Fortbildung, für beratende und unterstützende Dienste wie für die Schulen und den Unterricht. Schule und Unterricht, in denen „Qualität“ letztlich ja erzeugt wird, finden in dem Gesetzentwurf allenfalls als Adressaten von Evaluation und von „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“ Erwähnung.

Das höchst Kritikwürdige dieses unzeitgemäßen Steuerungsmodells für eine Qualitätsentwicklung liegt vor allem darin, dass es nicht in der Lage ist, zu fragen, welcher schulnahen Unterstützungssysteme es in welcher Qualität braucht, um die Schulen erfolgsversprechend zu begleiten.

Land verschleiert Umsetzungspläne

Die Widersprüchlichkeiten, Inkonsistenzen und Unklarheiten des Gesetzentwurfs legen insgesamt den Schluss nahe, dass der Versuch, ein Qualitätskonzept für die Schulen auf den Weg zu bringen, zumindest in der vorgelegten Fassung als gescheitert betrachtet werden muss.

Der enorme Zeitdruck, unter dem der Reformprozess steht und weitergeführt werden muss, ist angesichts dessen Komplexität und der erforderlichen Sorgfalt der Qualität dieser Reform nicht förderlich. Dies anzuerkennen und Qualität vor Schnelligkeit zu setzen, könnte auch bedeuten, die neuen Institutionen erst später einzurichten und den Start der Reform zu verschieben. Dem Zeitdruck dürfte auch geschuldet sein, dass die Gruppe der Schwerbehinderten und deren Belange im Artikelgesetz und in seiner Begründung nicht vorkommen.

Insgesamt sollte der Reformprozess von mehr Transparenz und Offenheit getragen werden. Es ist an der Zeit, dass das Kultusministerium die vorhandenen Ergebnisse der Projektgruppen und der Lenkungsgruppe veröffentlicht. Auch die vom wissenschaftlichen Beirat erstellten Policy-Briefe sollten unbedingt veröffentlicht werden.

Die Verabschiedung des Gesetzes ohne Vorlage der Stellenpläne lässt keinerlei Bewertung der Frage zu, welchen Umfang die im Organigramm der Institute beschriebenen Aufgaben haben und mit welchen personellen Ressourcen sie ausgestattet sind.

An keiner Stelle ist erkennbar, ob die Ausstattung der Schulverwaltung an die künftigen Aufgaben angepasst ist und das Ziel der Qualitätsentwicklung erreicht werden kann.

Das Kultusministerium soll die Fachaufsicht über die neuen Institute wahrnehmen, und zwar über die zu schaffende Stabstelle. Es entzieht sich unserem Vorstellungsvermögen, wie groß die Stabstelle sein müsste, um diese Mammutaufgabe kompetent und im Rahmen akzeptabler Zeitabläufe erfüllen zu können.

Lesen Sie hier die Stellungnahme der GEW (PDF) in voller Länge.

Kontakt
Ute Kratzmeier
Referentin für allgemeinbildende Schulen
Telefon:  0711 21030-25