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Tarifrecht

Schulleitung – für Tarifbeschäftige wenig lukrativ

Wenn tarifbeschäftigte Lehrkräfte in die Schulleitung wechseln, ist das finanziell häufig wenig lukrativ. In einigen Fällen droht mittelfristig sogar ein Einkommensverlust. Das liegt an der Überleitungslogik des TV-L.

Eine Schulleiterin arbeitet an der Einteilung der Lehrkräfte am Stundenplan in ihrem Büro.
Foto: © imago

Zurzeit ist es nicht einfach, Lehrkräfte für die Schulleitungsaufgabe zu gewinnen, Tarifbeschäftigte erst recht nicht. Ein Problem ist die Bezahlung nach TV-L. Die Erfahrung von Sabine Steimel, tarifbeschäftigte Schulleiterin an einer Grundschule, zeigt, dass das Tarifrecht einige negative Überraschungen bereithält, was das Gehalt nach einer Höhergruppierung betrifft.

„Ich habe mich sehr auf meine Aufgabe als Schulleiterin an einer Grundschule gefreut, und was die Arbeit und die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg*innen angeht, bin ich sehr zufrieden. Von der Bezahlung bin ich aber sehr enttäuscht. Auf zehn Jahre gerechnet, bekomme ich letztlich nur etwa 100 Euro mehr im Monat. Im zweiten und dritten Jahr meiner Schulleitungstätigkeit verdiene ich sogar weniger, als wenn ich in meiner alten Tätigkeit als Lehrerin geblieben wäre“, berichtet Steimel.

Höhergruppierung führt nicht immer zu mehr Geld

Ärgerlich für die Kollegin war auch die wenig hilfreiche Unterstützung der Verwaltung. Im Bewerbungsprozess hat sie nach der Vergütung gefragt und war mit der Aussicht von EG 11 nach EG 13+Z zu gelangen einverstanden. Allerdings hatte man ihr die Art und Weise der Höhergruppierung vorenthalten. Tarifbeschäftigte werden nicht wie Beamt*innen automatisch stufengleich höhergruppiert, sondern in die Stufe in der neuen Entgeltgruppe übergeleitet, die dem bisherigen Gehalt entspricht. 

Während zum Beispiel eine Beamtin, die sich vor ihrer Beförderung in der Stufe 6 ihrer Besoldungsgruppe befand, in der höheren Besoldungsgruppe wieder in der Stufe 6 landet, der Aufstieg also „stufengleich“ ist, gelten im Tarifsystem andere Regelungen. Im Fall der Höhergruppierung kommt die Person nicht in dieselbe Stufe der nächsthöheren Entgeltgruppe, sondern in die Stufe, in der mindestens so viel Geld „drin“ ist, wie die Person bisher hatte.

„Der finanzielle Gewinn ­einer Höhergruppierung bei Tarif­beschäftigten ist sehr oft viel geringer, als bei ­beamtenrechtlichen ­Beförderungen.“

Das kann eine niedrigere Stufe sein. Garantiert ist nur, dass bei einer nicht-stufengleichen Höhergruppierung so viel bezahlt wird, dass die Differenz zum bisherigen Gehalt mindestens den sogenannten „Garantiebetrag“ (ab EG 9a mindestens 180 Euro) ergibt. Allerdings bleiben bis zur Höhergruppierung gezahlte Zulagen teilweise außen vor.

Und schlimmer noch: Wenn Kolleg*­innen in ihrer alten Entgeltgruppe kurz vor einer Höherstufung stehen, kann die Höhergruppierung in einigen Konstellationen kurz- oder mittelfristig dazu führen, dass sie in der alten Entgeltgruppe für einen gewissen Zeitraum mehr Geld verdienen würden.

TV-L muss angepasst werden

Sabine Steimel hat erst durch die Beratung der GEW von der nachteiligen Auswirkung der Höhergruppierung erfahren. Jetzt überlegt sie sich, ihr Schulleitungsamt niederzulegen, hofft aber, dass sich tarifpolitisch etwas tut.

Die GEW kämpft dafür. Michael Zebisch, verantwortlicher Leiter für die Tarifpolitik in Baden-Württemberg erklärt: „Im TVöD (für Bedienstete bei Bund und Kommunen) ist es uns gelungen, die stufengleiche Höhergruppierung durchzusetzen. Der TV-L (für Landesbedienstete) muss hier angepasst werden. Das wird ein Thema der Tarifrunde im Herbst 2023 werden. Solange sollte die Landesregierung in Baden-Württemberg aber Kreativität beweisen. Zulagen, die diesen negativen Effekt ausgleichen, sind jetzt bereits möglich.“ Die Höhergruppierung im TV-L sei eine Wissenschaft für sich.

„Unsere Expert*innen in unseren vier Bezirksgeschäftsstellen kennen sich da zum Glück aus. Unsere Mitglieder sollten sich dort auf alle Fälle beraten lassen, ob sich die Höhergrupp­ierung lohnt,“ rät Michael Zebisch.

Dass die Übernahme von Funktionsstellen wie Schulleitungen insgesamt attraktiver werden muss – auch für Beamt*innen – steht aus Sicht der GEW außer Frage. Der Wegfall der Beförderungssperre ab 1. Januar 2023, die Verbesserungen in der Bezahlung bei einigen Schulleitungsstellen und die leichte Verbesserung bei der Leitungszeit bei mittleren und größeren Schulen in diesem Jahr, sind zwar gemessen am Notwendigen deutlich zu wenig, aber durchaus ein Signal der Landesregierung, das Problem erkannt zu haben und Abhilfe schaffen zu wollen.

Kontakt
Martin Schommer
Referent für Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik
Telefon:  0711 21030-12