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Erhöhung der Leitungszeit

Schulleitungen bekommen etwas mehr Zeit

Seit 2018 kündigt das Kultusministerium mehr Leitungszeit für die Schulen an. Seither werden die Entlastungen immer wieder verschoben. 2022 bekommen die Schulleitungen etwas mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben. Das ist richtig – aber nicht genug.

Eine Frau sitzt mit geschlossenen Augen an einem Laptop und hält die Hand an ihren Kopf.
Foto: © imago

Der Landtag hat 2022 für die zweite Stufe des Schulleitungskonzepts 160 neue Stellen beschlossen. Dadurch bekommen die Schulen mehr Zeit für die Leitung der Schule und andere Aufgaben. Aber das reicht nicht aus, um den Schulleitungen genug Zeit für ihre in den letzten Jahren erheblich gewachsenen Aufgaben zu ermöglichen. Das weiß auch die Landesregierung.

2019 hatte das Kultusministerium den Bedarf mit 367 Stellen für die Leitungszeit der Schulleitungen beziffert. Außerdem hatte die damalige Landesregierung vor, die Kürzung des allgemeinen Entlastungskontingents von 2014 um 14 Prozent rückgängig zu machen. Dafür sind mindestens weitere 230 Stellen erforderlich.

Die GEW Baden-Württemberg begrüßt das Ziel der Landesregierung, die Arbeit der Schulleitungen mit mehr Leitungszeit zu unterstützen.

160 neue Stellen sind ein erster, wenn auch verspäteter und zu kleiner Schritt. Viele ­Schulleitungen werden enttäuscht sein.

Die Landesregierung arbeitet seit 2018 an einem Konzept zur Stärkung und Entlastung der Schulleitungen.

Die Landesregierung hat damals erkannt,

  • welche Bedeutung Schulleitungen für die Gestaltung und Qualitätsentwicklung der Schulen haben,
  • dass die Attraktivität der Schulleitungsstellen deutlich verbessert werden muss, nicht zuletzt um ausreichend und qualifizierte Bewerber*innen für freie Leitungsstellen zu ermöglichen,
  • wie überlastet Schulleitungen sind und
  • in welchem Maß sich die Aufgaben der Schulleitungen in den letzten Jahren vergrößert haben.

Vorgesehen waren zwei Schritte: Im ersten Schritt wurde 2020 die Besoldung für viele Schulleitungen angehoben. Und an vielen Schulen wurden zusätzliche Funktionsstellen wie Konrektorate oder Abteilungsleitungen geschaffen.

Im zweiten Schritt sollten die Arbeitsbedingungen der Schulleitungen und Lehrkräfte durch eine Erhöhung der Leitungszeit und die Rücknahme der Kürzung des Allgemeinen Entlastungskontingents verbessert werden. Schulen mit Außenstellen sollten mehr Leitungszeit und die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) und die allgemeinen Schulen mehr Zeit für die Einrichtung und Begleitung inklusiver Bildungsangebote erhalten. Als weitere Maßnahmen wurden Schritte wie die Verbesserung der Assistenzsysteme (Schulverwaltungsassistent*innen, Sekretariats- und Hausmeisterkapazität) sowie die Verbesserung der Fortbildungs- und Beratungsangebote für Schulleitungen angekündigt.

Die Situation der Schulleitungen verbessert sich mit den 160 Stellen nicht wesentlich. Der vorliegende Entwurf führt nur zu einer kleinen Erhöhung der Leitungszeit. Kleine Schulen bekommen keine Erhöhung, mittlere und ­größere Schulen eine bis drei Stunden mehr, große Schulen bekommen maximal vier zusätzliche Stunden. Die GEW teilt die Auffassung der Landesregierung nicht, dass vorrangig die mittleren und großen Schulen mehr Leitungszeit erhalten sollten. Auch die Leitungen der kleinen Schulen brauchen mehr Leitungszeit.

Die GEW kritisiert scharf, dass die Kürzung des Allgemeinen Entlastungskontingents nicht zurückgenommen wird. Diese Stunden sind notwendig, damit Lehrkräfte für wichtige Aufgaben ausreichend Zeit bekommen. Die Kürzungen 2014 führten dazu, dass die gleiche Arbeit mit weniger Zeit erledigt werden muss, was Lehrkräfte und Schulleitungen zusätzlich belastet.

Ein Kommentar von Michael Hirn, stellvertretender GEW-Landesvorsitzender

„Alle Schritte des Konzepts von 2018 sollten umgehend umgesetzt werden. Die GEW erwartet, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass der Landtag die Stellen in einem Nachtragshaushalt (laut Angaben des Kultusministeriums mindestens 207 weitere Stellen für die Leitungszeit der Schulleitungen; 230 Stellen für das Allgemeine Entlastungskontingent) schafft. Und die Landesregierung muss die Bemühungen deutlich beschleunigen, mehr qualifizierte Bewerber*innen für die freiwerdenden Stellen zu gewinnen. Die GEW lehnt es ab, dass die Belastung der Schulleitungen und Lehrkräfte mit Verweis auf die Folgen für die Unterrichtsversorgung nicht abgebaut werden sollen.

Die Landesregierung versagt seit Jahren bei der Steuerung der Studienplätze, der Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und bei der Erhöhung der Attraktivität einer Einstellung in den Schuldienst. Die GEW akzeptiert nicht, dass die notwendige Entlastung der Schulleitungen und Lehrkräfte dadurch verzögert werden soll.

Auch die Maßnahmen, bei denen die Landesregierung mit den Schulträgern zusammen an einer Lösung arbeiten muss (Schulverwaltungsassistenz, Sekretariate, Hausmeister) müssen schneller und nachhaltiger umgesetzt werden. Nicht zuletzt müssen die Fortbildungs- und Beratungsangebote für Schulleitungen deutlich ausgebaut werden.

Die GEW ist besorgt, wie viele Schulleitungen darüber nachdenken, ihren Beruf aufzugeben. Auch wenn es bisher nur im Einzelfall geschieht, ist das ein alarmierendes Zeichen. Verschärft wird die Situation durch die Belastungen, die seit der Corona-Pandemie von den Schulleitungen zusätzlich bewältigt werden müssen. Die GEW fordert seit Jahren, die Schulleitungen zu entlasten. Das hatte die Landesregierung auch anerkannt. Im Koalitionsvertrag von 2021 hatte die grün-schwarze Landesregierung formuliert: ‚In Anbetracht der Mehrbelastung durch die Corona-Pandemie wollen wir kurzfristig prüfen, wie und ob Schulleitungen weiter entlastet werden beziehungsweise von der Unterrichtsverpflichtung entbunden werden können.‘ Offensichtlich hat die Prüfung ergeben, dass die Landesregierung die Schulleitungen nicht entlasten will oder kann. Die bisherigen Schritte (Prämie von 600 Euro; ein minimales Kontingent für Anrechnungsstunden für die Organisation des Programms ‚Lernen mit Rückenwind‘) haben viele Schulleitungen nicht als Unterstützung erlebt.

Die Schulleitungen warten inzwischen viel zu lange auf eine wirksame Entlastung. Das entspricht weder einem fürsorglichen Umgang der Landesregierung mit den schulischen Führungskräften. Es ist aber auch im Sinne einer nachhaltigen Verbesserung der Qualität der Arbeit an den Schulen kontraproduktiv.“

In der Pressemitteilung der Landesregierung von Anfang Februar 2022 wird angekündigt, dass Schulen, die in bestimmten Bereichen einen erhöhten Organisationsaufwand (zum Beispiel durch Inklusion, Außenstellen, kooperative Organisationsformen) haben, mit zusätzlichen Anrechnungsstunden entlastet werden sollen. Die GEW erwartet, dass die Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift „Anrechnungsstunden und Freistellungen“ möglichst schnell vorgelegt wird.

Über die Einführung von Schulverwaltungsassistent*innen und zusätzlichen Sekretär*innen und Hausmeister*innen führt die Landesregierung in der Pressemitteilung nichts aus. Dabei sind auch diese Maßnahmen wichtige Elemente zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Schulleitungen.

Kontakt
Michael Hirn
Stellvertretender Landesvorsitzender und verantwortlicher Redakteur der b&w