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SERVICE: Mehrarbeit im Schulbereich

Obwohl Lehrkräfte immer häufiger mehr „als normal“ arbeiten müssen, gilt im Schulbereich nur über das eigentliche, individuelle Deputat an Unterrichtsstunden hinaus geleistete Arbeit als Mehrarbeit.

Die rechtliche Grundlage für Mehrarbeit im Schulbereich findet sich in § 67 (3) des Landesbeamtengesetzes in Verbindung mit § 65 (4) des Landesbesoldungsgesetzes. Vollbeschäftigte Lehrkräfte müssen demnach pro Kalendermonat drei Unterrichtsstunden unentgeltlich mehr arbeiten, wenn dies zwingende dienstliche Gründe erfordern. Das muss bei jeder einzelnen Stunde durch die Schulleitung geprüft werden.

Muss nun über diese sogenannte Bagatellgrenze hinaus Vertretung geleistet werden, so haben Lehrkräfte einen Anspruch auf Ausgleich – dann für alle MAU-Stunden, also nicht nur für jene, die über die Bagatellgrenze hinaus gehalten wurden.

In erster Linie ist damit Freizeitausgleich gemeint. Da das an der Realität der Schulen sehr häufig vorbeiläuft, wird für Lehrkräfte Mehrarbeitsunterricht in der Regel finanziell ausgeglichen. Vorab unverschuldet entfallener Unterricht gilt nicht als Freizeitausgleich. So starten Grundschullehrkräfte nicht mit einem Minus in das Schuljahr, wenn die erste Klasse am Ende der ersten Schulwoche eingeschult wird. Es werden keine Minuskonten geführt.

Für Lehrkräfte im Beamtenverhältnis mit einem Teilzeitdeputat verringert sich die Bagatellgrenze entsprechend ihres Beschäftigungsumfangs. Hierzu zwei Beispiele für Beamte*innen:

  • Eine Studienrätin würde bei vollem Lehrauftrag 25 LWh unterrichten. Sie arbeitet in Teilzeit aus familiären Gründen 20 LWh.

Die Bagatellgrenze berechnet sich nun wie folgt: 20 : 25 x 3 = 2,4 (LWh). Da die Dezimalstellen wegfallen, liegt die Bagatellgrenze der Kollegin bei zwei Unterrichtsstunden. Hat sie nun in einem Kalendermonat drei Stunden zu vertreten, so kann sie diese drei Stunden abrechnen.

  • Ein Grundschullehrer unterrichtet 18 LWh. Das volle Deputat beträgt 28 LWh.

Bagatellgrenze = 18 : 28 x 3 = 1,92… (LWh), also eine Stunde.

Für Teilzeit beschäftigte Lehrkräfte im Arbeitnehmerstatus gibt es keine Bagatellgrenze.

Die immer noch verbreitete Ansicht, Mehrarbeit müsse so auf das Kollegium verteilt werden, dass möglichst niemand über die Bagatellgrenze komme, um dem Land Geld zu sparen, ist schlichter Unsinn. Selbst das Kultusministerium erwartet das nicht.

Wenn schon Mehrarbeitsunterricht notwendig ist, sollte diese wenigstens so verteilt werden, dass wenigstens ein Anspruch auf Bezahlung entsteht. Natürlich kann und soll eine Lehrkraft zurückmelden, wenn ihr die Stunde zur Überschreitung der Bagatellgrenze zu viel wird und auch eine andere Vertretungsmöglichkeit im Raum steht. Der Mehrarbeitsunterricht bliebe dann jedoch unbezahlt.

Lehrkräfte im Beamtenverhältnis können am Schuljahresende abrechnen, wohingegen Lehrkräfte im Arbeitnehmerstatus wegen der tarifvertraglichen Ausschlussfrist innerhalb von sechs Monaten abrechnen müssen. Im Rahmen des Programms Rückenwind kann generell früher abgerechnet werden.

Mehrarbeit ist grundsätzlich schriftlich anzuweisen. Es reicht, wenn dies über den Vertretungsplan erfolgt.

Nach dem Organisationserlass (Nummer 1.6) gilt: „Bei Ausfällen von Lehrkräften während des Schuljahres muss vorrangig der Pflichtunterricht erfüllt werden. Erforderlichenfalls sind dazu die über den Pflichtunterricht hinaus gehenden Unterrichtsangebote zu kürzen.

Besondere Verantwortung tragen Schulen für Maßnahmen bei kurzfristigen Ausfällen. Dabei ist vor allem die Einhaltung der Unterrichtszeiten im Rahmen der Verlässlichen Grundschule, der Grundschulstufe der sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sowie im Rahmen der Ganztagesschule zu berücksichtigen.“

Hier wird u. a. klar:

  • Mehrarbeit ist nicht für strukturellen, dauerhaften Lehrkräftemangel vorgesehen.
  • Pflichtunterricht geht vor (auch bei Rückenwind).
  • Die besondere Verantwortung besteht insbesondere bei kurzfristigem Ausfall.

Gemäß § 2 (1) Nr. 9 der Konferenzordnung hat die GLK auch bezüglich Vertretungen gegenüber der Schulleitung ein Empfehlungsrecht.

Ist Mehrarbeit vorhersehbar, liegt sie also drei Wochen oder noch weiter in der Zukunft oder dauert der Vertretungsbedarf voraussichtlich länger als drei Wochen an, so hat der Örtliche Personalrat nach § 74 des Landespersonalvertretungsgesetzes ein Mitbestimmungsrecht. Das gilt auch für jede Art von Bereitschaftsplänen. Es ist sinnvoll, wenn sich Schulen vorab mit solchen Fragen beschäftigen. An Schulen mit eigenem Personalratsgremium können Dienstvereinbarungen zwischen ÖPR und Schulleitung getroffen werden, während bei Schulen deren ÖPR am Schulamt angesiedelt ist, Dienstvereinbarungen zwischen dem ÖPR und der Amtsleitung des Schulamtes getroffen werden. Solche Dienstvereinbarungen sind vielerorts auf den Seiten der jeweiligen Schulämter veröffentlicht und können auch Schulen mit eigenem ÖPR Orientierung bieten.

Für längerfristig nötigen Mehrarbeitsunterricht sollte generell geprüft werden, ob nicht Teilzeitdeputate vorübergehend aufgestockt werden können. Bei Vollbeschäftigten ist ein Deputatsübertrag (sogenannte Bugwelle) sinnvoller als Mehrarbeitsunterricht.

Lehramtsanwärter*innen und Referendar*innen dürfen nur freiwillig zur Mehrarbeit herangezogen werden, wenn der Pflichtunterricht anders nicht abgedeckt werden kann, die Prüfungsteile erfolgreich bestanden wurden und durch die Mehrarbeit das Ausbildungsziel nicht gefährdet wird (GBl 2021, S. 332).

Für schwangere und stillende Lehrerinnen gelten besondere Schutzvorschriften, weswegen sie üblicherweise nicht herangezogen werden. Schwerbehinderte und jenen gleichgestellte Lehrkräfte müssen auf Verlangen von Mehrarbeit freigestellt werden. Auch für Lehrkräfte in Wiedereingliederungsmaßnahmen oder solche mit befristeten Verträgen gelten Einschränkungen.

An dieser Stelle kann nur ein kleiner Überblick über die Thematik gegeben werden. Verwiesen sei bei diesem Thema auf das jeweils aktuelle GEW-Jahrbuch, in welchem Mehrarbeit inklusive der zugehörigen Querverweise auf weit über zehn Seiten anschaulich dargestellt wird.

Frank Orthen

(Sprecher PG Schulleitungsmitglieder)

Rückfragen? Bitte per Mail an: frank.orthen(at)gew-hd(dot)de