Zum Inhalt springen

Sprachförderkonzept „SprachFit“

Stufenweiser Aufbau in vier Jahren

Im April wurde das Sprachförderkonzept beschlossen und seither konkretisiert. Es fußt auf fünf Säulen und soll als durchgängiger Prozess, der in der Kita beginnt und sich in der Schule fortsetzt, verstanden werden.

Sprachförderkonzept „SprachFit“
Sprachförderkonzept „SprachFit“ (Foto: real444/iStock)

Im April hat die grün-schwarze Landesregierung ein neues Sprachförderkonzept für die frühkindlichen Bildungseinrichtungen und die Grundschulen beschlossen und seither konkretisiert. Das Programm „SprachFit“ ist eine Reaktion auf das immer schlechtere Abschneiden der baden-württembergischen Schüler*innen der 4. Klassen in den letzten Leistungsvergleichen wie der IQB-Studie. Es fußt auf fünf Säulen und soll als durchgängiger Prozess, der in der Kita beginnt und sich in der Schule fortsetzt, verstanden werden. Geplant ist der stufenweise Ausbau, weil sich die Umsetzung an den finanziellen Möglichkeiten orientiert.

Die Maßnahmen zur Verbesserung der frühkindlichen Lernprozesse konzentrieren sich auf die Prämisse „Sprachkompetenz ist die Basis schulischer Bildung”. Kinder sollen zukünftig nur noch eingeschult werden, wenn sie Mindeststandards in der Bildungssprache Deutsch erreicht haben. Ein genaues Niveau wurde nicht definiert.

Die einzelnen Maßnahmen des Programms „SprachFit“ sehen wie folgt aus.

Säule 1: Vor der Einschulung

Das Konzept sieht eine verbindliche, ergänzende Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung vor. Im Rahmen der Einschulungsuntersuchung (ESU), die es schon seit 2006 in Baden-Württemberg gibt, sollen Sprachdefizite der viereinhalbjährigen Kinder frühzeitig erkannt werden. Bisher wurden den Eltern der Kinder mit diagnostiziertem Förderbedarf Maßnahmen angeboten, die nicht verpflichtend waren. Das soll sich zukünftig ändern. Alle Kinder mit Sprachdefiziten, auch die Kinder ohne Kitaplatz, sollen im Jahr vor der Einschulung eine verpflichtende additive Sprachförderung nach einheitlichen Standards von vier Stunden in der Woche erhalten. Gemeint sind Schulstunden, die in Kleingruppen stattfinden, entweder in der Kita oder der Grundschule. Entwickelt werden soll ein Qualitätsrahmen, um Pädagog*innen beziehungsweise Zusatzkräfte zu schulen, die die Förderung durchführen. Die Gruppe der Pädagogischen Assistent*innen werden im Beschluss der Regierungsparteien explizit genannt.

Im kommenden Kita-Schuljahr wird das Vorhaben zunächst an 200 Standorten im Land umgesetzt, nämlich dort, wo das Modellprojekt des Schulreifen Kinds (SRK) bereits verortet ist. Geplant ist, mit 450 Kleingruppen an den Start zu gehen. Sie werden mit dem Geld finanziert, das ohnehin für das SRK im Haushalt eingestellt ist. 2025/2026 soll auf 1000 Gruppen, 2026 / 2027 auf 2.000 Gruppen ausgebaut werden, um schließlich 2027 / 2028 die Flächendeckung mit 4.200 Gruppen zu erreichen. Erst zu diesem Zeitpunkt kann auch die Verbindlichkeit der Sprachförderung schulgesetzlich verankert werden. Die zusätzlichen Mittel für die Maßnahmen sollen im Landeshaushalt eingestellt werden. Die Landesregierung geht davon aus, dass es Kitas geben wird, die die additive Sprachförderung  vor Ort anbieten. Dort, wo dies nicht möglich ist, muss die Schule für die Angebote sorgen.

Säule 2: In der Schule

Manche Kinder werden trotz der Förderung vor der Einschulung nicht die für einen erfolgreichen Schuleintritt notwendigen Sprachkompetenzen haben. Statt sie zurückzustellen, werden die Kinder ab dem Schuljahr 2026 /20 27 in eine Juniorklasse eingeschult. Die neue Schulform wird schulgesetzlich verankert und damit verbindlich. Die Juniorklassen werden die Grundschulförderklassen mit derzeit 274 Gruppen ablösen. Im Schuljahr 2027 / 2028 soll auf 550 Klassen erhöht werden und 2028 /20 29 der Endausbau mit 832 Klassen erreicht sein.

Die Kinder, bei denen zu erwarten ist, dass sie trotz sprachlicher Defizite am Unterricht der Klasse 1 erfolgreich teilnehmen können, erhalten in den ersten beiden Klassen weiterhin je zwei Wochenstunden zusätzliche Förderung. Eine Stunde wird aus der Kontingentstundentafel abgedeckt, die zweite Stunde mit 164 weiteren Deputaten.

Das Konzept sieht vor, Kinder mit nichtdeutscher Herkunftssprache im Grundschulalter weiter zu fördern, um deren Sprachkompetenz und Integration zu verbessern. Zudem garantiert es den Zugang zu einer Ganztagsschule, beginnend mit zehn Prozent des Gesamtbedarfs in 2025 /2026. Ein Jahr später sollen 20 Prozent der Schüler*innen, im Schuljahr darauf 50 Prozent erreicht werden. Im Endausbau 2028 /20 29 werden dafür 182 Deputate zur Verfügung gestellt.

Säule 3: Kita – alltagsintegrierte Sprachbildung und Sprachförderung

Mit „SprachFit“ will sich die Regierung an den Sprach-Kitas orientieren, in denen erfolgreich alltagsintegrierte Sprachbildung umgesetzt wird. Gelingende Faktoren waren und sind hier zusätzliche Fachkräfte für Sprache in den Kitas und die Begleitung durch Fachberatungen. Die Sprach-Kitas in Baden-Württemberg werden bis Ende 2024 mit Bundesmitteln finanziert, wobei im anfänglichen Programm mehr Unterstützung vorgesehen war.

Eine Ausweiterung der Sprach-Kitas nach derzeitigen Bedingungen auf weitere Kitas wird es nur geben, wenn der Bund dem Land über ein Kitaqualitätsgesetz ab 2025 weitere Zuschüsse erteilt. Falls der Bund seine Zahlung einstellt, führt die Landesregierung nur die jetzigen Sprach-Kitas weiter. Sofern Geld vom Bund kommt, soll für alle anderen Kitas im Land ein flächendeckendes Angebot von Fachberatung auf den Weg gebracht werden. Dafür müssen stufenweise 300 Stellen finanziert werden. Der sogenannte Fachdienst Sprache soll den bisherigen Ausbau ab 2025 um weitere 150 ganze Fachberatungsstellen ergänzen, ab 2027 würden weitere 150 halbe Fachberatungsstellen und 2028 nochmals 150 halbe Fachberatungsstellen dazukommen. Diese 300 Fachberatungsstellen sind allerdings nicht wie bisher für die Prozessbegleitung von Kitas im Allgemeinen gedacht, sondern sollten nur zielgerichtet für Sprachförderung zum Einsatz kommen.

Säule 4: Stärkung der Grundschule mit „Lernen mit Rückenwind“

Mit dieser Säule soll das Programm „Lernen mit Rückenwind“ fortgeführt werden und Basiskompetenzen vermitteln, vor allem für Kinder, die bis dahin noch nicht von zusätzlicher Sprachförderung profitieren konnten.

Ausgedehnt werden soll das Programm nicht.

Säule 5: Ausweitung der multiprofessionellen Teams an Grundschulen

Die letzte Säule dient der Ausweitung des Modellversuchs „Multiprofessionelle Teams an Grundschulen“, der seit diesem Schuljahr an 16 Modellstandorten läuft. Mit den Teams sollen die Basiskompetenzen und basalen Kompetenzen der Kinder verbessert werden.

Ab dem Schuljahr 2024 / 2025 soll dieser Versuch über das Startchancenprogramm finanziert werden.

Kontakt
Heike Herrmann
Referentin für Jugendhilfe und Sozialarbeit
Telefon:  0711 21030-23