Kritik: Lehramt Grundschule: Regelstudienzeit 8 Semester
- Die GEW fordert die Landesregierung auf, die Studienzeit für das Lehramt Grundschule auf 10 Semester zu verlängern. Die GEW erwartet von der Landesregierung, dass sie bei der Angleichung der Studiendauer und der Kompetenzprofile aller Lehramtsstudiengänge ein Konzept entwickelt, wie eine Angleichung und Gleichstellung aller Lehrämter hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Besoldung erfolgen soll.
- Die GEW tritt dafür ein, dass für alle Lehrer/innen die Arbeitszeit, die Besoldung und die Laufbahnstruktur eingeführt werden, die derzeit im höheren Dienst an Gymnasien und beruflichen Schulen vorgesehen sind. Bei der Entscheidung der Landesregierung, die Regelstudienzeit für das Lehramt Grundschule auf 8 Semester zu begrenzen, stehen Ängste vor eventuellen finanziellen Folgen für deren Besoldung im Vordergrund. Eventuelle und sehr zukünftige Folgen für die Besoldung dürfen bei der Konzeption der Studiengänge aber nicht im Vordergrund stehen.
- Die fachlichen Anforderungen an Grundschullehrer/innen z.B. bei der Entwicklung von Lehr-Lernsituationen, bei der individuellen Förderung oder bei der entwicklungsorientierten Diagnostik sind anders, aber nicht geringer als in der Sekundarstufe. Durch die nicht vollzogene Verlängerung der Regelstudienzeit im Lehramt Grundschule auf 10 Semester fehlt es an Zeit, um die notwendige Fachlichkeit im Studium zu verankern. Insbesondere wird der nicht vollzogenen Verlängerung der Regelstudienzeit das überaus Unterstützens werte Reformziel geopfert, allen künftigen Grundschullehrkräften ein ausreichend fachlich und fachdidaktisch fundiertes Studium in den Fächern Deutsch und Mathematik zu ermöglichen.
- Bisher standen für fachwissenschaftliche und fachdidaktische Studien 140 ECTS-CP zur Verfügung – künftig sind es nur noch 126. Das reicht nicht aus, um die angehenden Grundschullehrer/innen angemessen auf ihre Arbeit vorzubereiten, und widerspricht fundamental dem selbstgesetzten Reformziel einer vertieften fachlichen und didaktischen Qualifizierung. Es ist nicht nachvollziehbar, warum in diesem Lehramt 60 ECTS-CP weniger im fachwissenschaftlich/ fachdidaktischen Bereich notwendig sein sollen als im Lehramt Sekundarstufe I.
Kritik: Getrennte Lehrämter Sekundarstufe I und Gymnasien
- Die Landesregierung hat entschieden, das von der Expertenkommission vorgeschlagene einheitliche Sekundarstufenlehramt I und II nicht umzusetzen.
- Den separaten Studiengang für Gymnasiallehrkräfte will die Landesregierung somit nicht abschaffen. Das für das Gymnasium vorgesehene Lehramtsstudium unterschreitet nach Ansicht der GEW jedoch fachdidaktische und pädagogische Standards. Stattdessen stehen die fachwissenschaftlichen Inhalte zu sehr im Mittelpunkt. Das bereitet die Studiereden nicht ausreichend auf ihren Beruf als Lehrer/innen vor. Das Sekundarstufenlehramt I ist in dieser Hinsicht deutlich besser konzipiert. Deshalb wäre aus Sicht der GEW ein gemeinsames Lehramtsstudium für die Sekundarstufen sinnvoller.
Kritik: Zugangsbeschränkung zum Masterstudium mit zweifelhaften Auswahlkriterien
- Die Landesregierung plant, nach dem BA den Zugang zum MA zu beschränken. Wer nicht für den Beruf Lehrer/in geeignet ist, soll sich frühzeitig umorientieren.
- Die GEW lehnt eine Zugangsbeschränkung vor allem dann ab, wenn die Auswahl nach einem fachwissenschaftlich ausgerichteten BA erfolgt, in dem die Studierenden kaum Gelegenheit hatten, berufsbezogene Erfahrungen zu machen bzw. entsprechende Kompetenzen zu erwerben. Auf dieser Grundlage ist keine begründete Verweigerung des Zugangs zum Masterstudium möglich.
- Die GEW setzt sich dafür ein, dass allen Studierenden nach Abschluss des Bachelorstudiums ein Zugang ins Masterstudium offen steht.
- Die GEW sieht keine sinnvollen beruflichen Perspektiven für Studierende, die nur das Bachelorstudium abschließen. Auch der Rechtsanspruch auf den Vorbereitungsdienst muss erhalten bleiben.
Kritik: Fachwissenschaftlich geprägter Bachelor; kein ausreichender Professionsbezug
- Die Rahmenvorgaben für die Umstellung der allgemein bildenden Lehramtsstudiengänge ermöglicht, dass ein weitgehend fachwissenschaftlich geprägter Bachelor entstehen kann und der Schulbezug erst im Masterstudium zur Geltung kommt.
- Dies lehnt die GEW ab.
- Derzeit sichert die Rahmenverordnung nicht, dass im Lehramt Gymnasium ein ausreichender Professionsbezug eingerichtet wird. Als Minimum müssen gegenüber der derzeitigen GymPO pro Fach nur 5 ECTS-CP mehr fachdidaktische Anteile ausgewiesen werden. Darüber hinaus wird der bildungswissenschaftliche Bereich einschließlich Inklusion nur von 36 auf 45 ECTS-CP erhöht. Diese professionsbezogenen Anteile reichen nicht aus. Es muss sehr viel mehr und durchschlagender sichergestellt werden, dass die universitären Fachwissenschaften einer Prüfung daraufhin unterzogen werden, welche ihrer Anteile für ein Lehramtsstudium erforderlich sind.
- Die jetzt vorgelegten Fachpapiere lassen noch nicht hinreichend erkennen, dass ihre fachdidaktische und insbesondere fachwissenschaftliche Systematik aus einer diskursiven Erörterung heraus entstanden sind, an der neben fachwissenschaftlichen Vertreter/innen gleichberechtigt didaktisch, schulpädagogisch und curricular kompetente Stimmen vertreten waren. Eine solchermaßen auf die pädagogische Professionalität und das schulische Handlungsfeld reflektierende und strukturierende Kraft müsste an Instanzen wie die nicht erwähnten Professional Schools of Education rückgebunden werden; sie müsste auch die Programm- und Systemakkreditierung substantiell legitimieren. Dem fortwährenden Drang von Fakultäten und Lehrstühlen, die Besuchsfrequenz ihrer Veranstaltungen mit Lehramtsstudierenden auch dann zu halten oder zu erhöhen, wenn die Domänen jenseits jeglicher professionellen Bedarfslage liegen, sollte Einhalt geboten werden. Ebenso sollte unterbunden werden, dass der fachwissenschaftliche Expansionsdrang die ohnehin zu gering ausgestatteten fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Budgets marginalisiert.
- Die fachwissenschaftlichen Anteile im Lehramtsstudium müssen sich berufsbezogen und fachdidaktisch legitimieren und aus ihrer bloßen Nebenbei-Funktion universitärer Fachstudiengänge herausgeführt werden.
- Die GEW fordert, dass alle Lehramtsstudierenden künftig ab dem ersten Semester neben fachlichen Inhalten auch professionsbezogene Kompetenzen erwerben können. Derzeit können die Hochschulen das Bachelorstudium weitgehend frei von schulbezogen Anteilen und praktischen Erfahrungen freihalten.
- Mit den genannten Defiziten und Versäumnissen stellt der vorgelegte Entwurf zentrale Reformintentionen und die Berechtigung des Reformvorhabens insgesamt massiv in Frage.
Kritik: Integriertes Semesterpraktikum / Praxissemester im Master
- In den Lehrämtern Sekundarstufe I und Gymnasium soll das Integrierte Semesterpraktikum bzw. das Praxissemester erst im Masterstudium und damit gegen Ende des Studiums absolviert werden. Diesen Zeitpunkt hält die GEW unter Aspekten der Berufsorientierung, der Studienmotivation und der Konzentration von Aufmerksamkeitsrichtungen für eindeutig zu spät.
- Die GEW fordert, das Praxissemester gegen Ende des Bachelorstudiums zu verorten. Nur so können die Studierenden die Erkenntnisse und Anhaltspunkte aus dem Praxissemester im weiteren Studium fruchtbar werden lassen.
- Damit die Studierenden die schulpraktischen Studien erfolgreich absolvieren können, müssen diese intensiv von den Hochschulen und den Seminaren begleitet werden. Das Praxissemester muss auch in der Verantwortung der Universitäten liegen; für die Betreuung der schulpraktischen Studien müssen personelle Ressourcen an den Universitäten geschaffen werden. Die Zusammenarbeit mit den Seminaren sollte im Blick auf die Anschlussfähigkeit der verschiedenen Berufsausbildungsphasen ausgebaut werden. Die PHen sind bei den Lehrämtern Grundschule und Sekundarstufe I unmittelbar in die Durchführung des Integrierte Semesterpraktikums einbezogen und entscheiden gemeinsam mit der Schule, ob das Integrierte Semesterpraktikum bestanden wurde. Im Lehramtsstudium Gymnasium stellt der/die Schulleiter/in im Einvernehmen mit dem Seminar fest, ob das Praxissemester bestanden wurde. Es ist aus den schon oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar, warum die Universitäten nicht daran beteiligt werden. Die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten sind inhaltlich nicht nachvollziehbar.
- Nicht verständlich ist, warum das Orientierungspraktikum – wie bei den anderen Lehramtsstudiengängen keinen eigenständigen Anteil an den ECTS-CP hat und Bestandteil der ohnehin schon überladenen Bildungswissenschaften ist.
- Die GEW fordert die Landesregierung auf, Studiengänge zu ermöglichen, bei denen das Praxissemester in einem auf 4 Jahre verlängerten BA-Studium verortet wird. Für die Studierenden stellen die Praxisphasen, die teilweise. hochschulfern durchgeführt werden müssen, eine erhebliche organisatorische und finanzielle Belastung dar.
- ·Die GEW erwartet, dass die Landesregierung bedarfsgerechte Finanzierungsbeihilfen entwickelt (z.B. durch die Erstattung der anfallenden Fahrtkosten).
Kritik: Keine überzeugende Konzeption für die Zusammenarbeit zwischen PHen, den anderen Hochschulen und den Universitäten; nicht ausreichende Auf- und Ausbau von Lehr- und Forschungskapazität im Bereich Erziehungswissenschaft (v.a. Schulpädagogik; Pädagogische Psychologie) sowie Fachdidaktik an den Universitäten
- Die Landesregierung hat die Empfehlung der Expertenkommission, personell befriedigend ausgestattete, forschungsfähige Studienbereiche für die ausbildungsrelevanten Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften an den Pädagogischen Hochschulen und an den Universitäten zu schaffen, noch nicht überzeugend aufgegriffen. Sie setzt darauf, dass die Hochschulen diese Studienbereiche im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung bzw. noch zu konzipierender landeseigener Ausschreibungen auf- bzw. ausbauen. Die GEW erwartet hier von der Landesregierung eine klare Steuerung.
- Die angestrebte Zusammenarbeit von Pädagogischen Hochschulen und Unis, die Institutionalisierung von Professional Schools of Education, der Aufbau von forschungsfähigen Fachdidaktiken und der Ausbau der forschungsbasierten Erziehungswissenschaft und Schulpädagogik sind Aufgaben, bei der die Hochschulen auf eine finanzielle Unterstützung der Landesregierung angewiesen sind. Die Landesregierung muss sicherstellen, dass bei der Umstellung auf BA/MA nicht nur umorganisiert wird, sondern dass eine neue inhaltliche Qualität in der Lehrerbildung entsteht. Die Lehramtsstudiengänge müssen mehr sein als ein Ableger der universitären Fachstudiengänge. Sie brauchen ein eigenständiges Profil und ein fundiertes Verhältnis von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Anteilen. Die Studierenden müssen aktuelles schulpädagogisches und psychologisches Wissen sowie die notwendigen didaktischen und personalen Kompetenzen erwerben können.
- Es muss auch gewährleistet werden, dass die Studierenden künftig einen deutlich besseren Zugang zu Forschungstätigkeiten und Promotionsmöglichkeiten insbesondere in fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Themenfeldern bekommen. Angesichts der Erfahrungen in den modularisierten Studiengängen muss darauf geachtet werden, dass die Studiengänge nicht mit Prüfungsleistungen überfrachtet werden.