b&w war auf der Suche nach einer Schule, die sich für Verbraucherbildung starkmacht, die das Thema im Schulalltag verankert und Projekte in Gang setzt. Gefunden haben wir das Friedrich-von-Alberti-Gymnasium in Bad Friedrichshall. Dort wird eine Fülle von Projekten, AGs und Aktionen umgesetzt: Theater, Ausstellungen, Schülerfirmen, Medienscouts oder Fairtrade-Kampagnen. Zu viel des Guten?
Wo fängt Medienbildung an, wo hört Verbraucherbildung auf? Was am Friedrich-von-Alberti-Gymnasium läuft, lässt sich nicht so leicht zuordnen. Ende Juni erhielt die Schüler/innen-AG „Medien-Kompetenz-Training“ den zweiten Platz des Verbraucherschutzpreises 2018. Den Preis lobt das Verbraucherministerium zusammen mit dem Kultusministerium seit 2011 aus. Letztes Jahr belegte die Schule mit dem Projekt „Mode – Kaufen, Kaufen, Kaufen – Konsum – ohne Kopf und Verstand“ den ersten Preis.
Vier Schülerfirmen gibt es an dem Gymnasium: alberti.tv (Filmproduktionen), Jacke wie Hose (neue Produkte aus alten herstellen), Health in Glas (gesunde Gerichte im Glas), und #changemaker (nachhaltige T-Shirts). Mit Changemaker machen die Schüler/innen auf Missstände in der globalen Textilindustrie aufmerksam. Dafür gab es Anfang Juli die nächste Auszeichnung: „Spitze Nadel 2018 – Aktionspreis gegen die dunkle Seite der Modeindustrie“.
Vor einem Jahr war Taslima Akhter zu Gast im Bad Friedrichshaller Gymnasium. Sie ist Fotografin und Aktivistin der „Bangladesh Garment Workers Solidarity“. 2013 wählte das Time Magazine ihr Foto zu den „Top 10 photos of the year“. Das Foto zeigt ein Paar, das 2013 beim Zusammenbruch von fünf Nähfabriken im Rana Plaza-Gebäude umgekommen ist. Akhter hielt Vorträge und gestaltete mit den Schüler/innen eine Fotoausstellung, die auch anderen Schulen angeboten wurde.
„Unser Wissen ist goldwert“
Das Unglück von Rana Plaza und hemmungsloser, billiger Konsum ist auch Thema des Theaterstücks „Fashion Pressure“, das an der Schule mit externer Unterstützung entstanden ist. Dieses Stück kann ebenfalls von anderen Schulen gebucht werden. Bei all diesen (und anderen nicht beschriebenen Projekten) steckt der Ethik-, Geografie- und Sportlehrer Axel Schütz dahinter.
Die Fülle der Projekte, Aktionen und Preise machen misstrauisch. Wie kann das sein? Wie geht das? Im Gespräch mit Axel Schütz, der Lehrerin Katy Stephan und dem Schulleiter Oliver Klis fallen immer wieder die Wörter: „zulassen“ und „aushalten“.
Gelingen könne die Arbeit nur, wenn Schulleiter und Kollegium zuließen, dass Klassenarbeiten verschoben werden, Schüler/innen im Unterricht fehlen oder Noten nicht immer den ersten Stellenwert haben. Ausgehalten werden müsse, wenn Schüler/innen trotzdem billige T-Shirts kaufen, ihr Handy nicht wie vereinbart ausschalten, Projekte auch mal schlechter laufen, Ideen versanden, Schüler/innen die Lust verlieren, Kolleg/innen nicht einverstanden sind, der Gesprächsbedarf groß ist und Konflikte auf Lösungen warten.
„Wir wollen nicht in der Schule sitzen bleiben, wir wollen raus gehen, Schülerinnen und Schüler was erleben lassen. Außerhalb von Schule können sie Spirit aufnehmen“, erläutert Schütz. Die Bundesjugendkonferenzen Medien in Rostock waren beispielsweise für die AG „Medien-Kompetenz-Training“ so ein Impulsgeber und Energieschub.
Zwei Schüler/innen aus der 11. Klasse, die schon drei Mal an der Konferenz teilgenommen haben, berichten von einer Rechtsanwältin, die über Cybermobbing aufklärt, von Uli Sailer, der als Berater für digitalen Verbraucherschutz unterwegs ist, und wie sie sich beim Landesmedienzentrum (LMZ) zu Medienscouts ausbilden ließen. Lisa Scherer und Hope Adamek sind seit der 7. Klasse, seit Gründung der AG, dabei. „Unser Wissen ist goldwert“, sagen sie und ihre Erkenntnisse geben sie engagiert und leidenschaftlich weiter. Die AG wird gerufen, wenn in der Schule Probleme mit Medien auftauchen, und sie gehen zweimal jährlich in die 5. Klassen.