Die Forderung nach einem bedarfsgerechten Ausbau der beruflichen Gymnasien war auch Inhalt der Empfehlungen der Enquête-Kommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft“ und des Koalitionsvertrages der grün-roten Landesregierung. Seit 2011 hat die Landesregierung den Ausbau der beruflichen Gymnasien mit der Einrichtung von 100 zusätzlichen Eingangsklassen (+16 Prozent) vorangetrieben. Insgesamt wurden an 39 Standorten erstmals berufliche Gymnasien eingerichtet sowie drei neue Profile eingeführt.
So standen im Schuljahr 2013/14 27.768 Bewerber/innen rechnerisch 23.520 Plätze gegenüber. Die Aufnahmekapazität hat sich damit auf 84,7 Prozent verbessert, nach Angaben von Siegfried Lehmann (MdL Grüne) liegt sie im laufenden Schuljahr sogar bei 91,6 Prozent. Berücksichtigt man, dass nicht alle Schüler/innen, die sich zum 1.März beworben haben, ihren Platz annehmen, dann ist mittlerweile eine fast hundertprozentige Versorgung erreicht.
Der Ausbau der beruflichen Gymnasien zeigt sich auch eindrucksvoll an den Schüler/innenzahlen. Diese wuchsen von 50.294 Schüler/innen (2010/11) auf 61.314 im laufenden Schuljahr. Dies entspricht einem Wachstum von 22 Prozent in nur 5 Jahren (zum Vergleich: 2000/01 waren es noch 37.129 Schüler/innen). Allerdings ist die rechnerische Aufnahmekapazität regional noch sehr unterschiedlich. Am schlechtesten schnitt der Stadtkreis Freiburg mit 68,2 Prozent (2013/14) ab, während die Quote im Neckar-Odenwald-Kreis bei 125,9 Prozent liegt. Hier muss das KM nachsteuern. Auch die Situation an den Berufsoberschulen (BOS) hat sich mittlerweile entspannt. 2014 wurde in Aalen eine BOS für Sozialwesen eingerichtet. Den 1.483 Bewerber/innen steht damit 2014 eine rechnerische Kapazität von 1.350 Plätzen gegenüber.
Die GEW hat immer die Position vertreten, dass die Schüler/innen – sofern sie die Voraussetzungen erfüllen – nach Abschluss der Sekundarstufe I die Möglichkeit erhalten müssen, eine Oberstufe zu besuchen. Das berufliche Gymnasium steht als gleichberechtigte gymnasiale Oberstufe neben dem allgemeinbildenden Gymnasium bzw. der Oberstufe einer Gemeinschaftsschule. Schüler/innen müssen unabhängig davon, von welcher Schulart sie kommen, auf das berufliche Gymnasium wechseln können. Die GEW fordert deshalb, dass die Quotierung für Bewerber/innen aus dem allgemeinbildenden Gymnasium aufgehoben und den Schüler/innen aus allen Schularten gleichermaßen ein Zugang zum beruflichen Gymnasium garantiert wird.
Auch wenn sich die Voraussetzungen für einen Platz am beruflichen Gymnasium inzwischen verbessert haben, birgt die schulische Realität dennoch besondere Probleme: In der Eingangsklasse treffen Schüler/innen zum Teil aus vier Schularten zusammen: aus dem allgemeinbildendenden Gymnasium, der Berufsfachschule, der Werkrealschule und der Realschule. Besonders in den Fächern Mathematik, NWA (naturwissenschaftliches Arbeiten) und in den Fremdsprachen mangelt es immer noch an einer Abstimmung der Bildungsinhalte. Die GEW erwartet daher, dass einzelne Schüler/innen der beruflichen Gymnasien individuell gefördert werden. Die dafür benötigten Förderstunden müssten in der Stundentafel verbindlich verankert werden.