Kompass 4 Kompetenzmessung
Viel Aufwand, wenig Nutzen
Mit der Schulgesetzänderung gibt es auch ein neues Aufnahmeverfahren für die weiterführenden Schulen. Der Zugang zum Gymnasium wird reglementiert. Für die Grundschullehrkräfte bedeutet das Mehrbelastung.
In den Grundschulen läuft derzeit das Aufnahmeverfahren für die weiterführenden Schulen. Noch bevor die entsprechenden Änderungen im Schulgesetz verabschiedet und die erforderlichen untergesetzlichen Regelungen in Kraft getreten sind, findet das Verfahren für die jetzigen Viertklässler*innen bereits nach neuer Regelung statt.
Bisher konnten – nach ausführlicher Beratung durch die Schule – die Eltern am Ende über die passende Schulart für ihr Kind entscheiden. Es gibt an jeder Grundschule ein Beratungskonzept aufbauend von der ersten Klasse, das mit der Grundschulempfehlung endet. Es ist die Grundlage für die pädagogische Arbeit, ganz besonders in der Zusammenarbeit mit den Eltern. Über die gesamte Grundschulzeit kann so im Sinne einer Erziehungspartnerschaft Vertrauen zwischen Eltern und Lehrkräften aufgebaut werden. In aller Regel haben Eltern ihr Kind dann auch entsprechend der Grundschulempfehlung an einer weiterführenden Schule angemeldet.
Mit der Einführung des G9 wird nun der Zugang zum Gymnasium reglementiert. Eltern können ihr Kind dann am Gymnasium anmelden, wenn entweder die pädagogische Gesamtwürdigung der Klassenkonferenz (bisherige Grundschulempfehlung) dies ermöglicht oder die Kinder bei der Kompetenzmessung (weiterentwickelter Kompass 4) das entsprechende Ergebnis erzielen.
Wie sich die Kompetenzmessung auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Vermutlich werden nur sehr wenige Eltern eine Anmeldung am Gymnasium gegen die Empfehlung der Klassenkonferenz anstreben – und nur sehr wenige Kinder werden dann aufgrund der Kompetenzmessung die Zugangsberechtigung zum Gymnasium erhalten, die sie nicht ohnehin mit der pädagogischen Gesamtwürdigung der Klassenkonferenz erhalten hätten. Dies zeigen insbesondere die Erfahrungen mit VERA 3.
Hierfür müssen die Grundschulen nun einen immensen Aufwand betreiben, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Das Kultusministerium (KM) zeigt mit diesem Vorgehen vor allem, dass es seinen eigenen Lehrkräften und deren Beratungskompetenz grundlegend misstraut.
Anders als andere Lernstandserhebungen muss die neue Kompetenzmessung von den Lehrkräften selbst kopiert und auf Papier ausgewertet werden. Das erfordert im Gegensatz zu einer digitalen Durchführung sehr viel Zeit. Das KM hat offenbar kein Interesse daran, die Arbeitsbelastung von Grundschullehrkräften zu reduzieren.
Die GEW geht davon aus, dass Grundschullehrkräfte das Beratungskonzept verantwortungsvoll umsetzen und die Grundschulempfehlung diskriminierungsfrei erfolgt. Aus GEW-Sicht ist die flächendeckende verpflichtende Umsetzung der Kompetenzmessung nicht notwendig.