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Digitalisierung

Viel Technik, wenig Support

Die GEW hat eine Umfrage zum Stand der Digitalisierung an den Schulen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen unter anderem: Es gibt einen Digitalisierungsschub, doch der Support bleibt eine Herausforderung.

Eine Lehrerin steht mit einem Tablet in der Hand im Klassenzimmer vor ihren Schülerinnen und Schülern.
Foto: Depositphotos.com / ArturVerkhovetskiy

Zwischen Ende 2023 und Anfang 2024 hat die GEW eine Umfrage zum Stand der Digitalisierung an den Schulen durchgeführt. 3.000 Mitglieder aus allen Schularten haben sich daran beteiligt. Die Ergebnisse belegen einen Digitalisierungsschub. Der Support bleibt aber eine Herausforderung. Zudem mangelt es an Fortbildungen, und viele Lehrkräfte fühlen sich durch die ständige Erreichbarkeit belastet.

Mittlerweile steht einem Großteil der Lehrkräfte in Baden-Württemberg ein dienstliches Endgerät zur Verfügung (88,4 Prozent). Auch ein WLAN-Zugang ist in den meisten Lehrkräfte- und Klassenzimmern vorhanden. Digitale Präsentationstechnik wie Beamer oder Dokumentenkamera können im Schnitt 70 Prozent der Lehrkräfte nutzen.

Bei der Verfügbarkeit von digitalen Arbeitsplätzen, die über Computer mit Druckern und Scannern verfügen, zeigen sich zwischen den Schularten Unterschiede. Während die Mehrheit der Befragten an Gymnasien (57,8 Prozent) und Beruflichen Schulen (69,9 Prozent) angab, diese Ausstattung nutzen zu können, war das Verhältnis an den anderen Schularten umgekehrt. Hier gaben im Schnitt nur 43 Prozent an, dass an ihrer Schule ausreichend digitale Arbeitsplätze vorhanden sind.

Insgesamt spielt bei der IT-Ausstattung die Größe der Schule, die Kommune oder ob es eine öffentliche oder eine private Schule ist, keine große Rolle.

Support ist nicht gleich Support

Während an Grundschulen (61,2 Prozent), Haupt- und Werkrealschulen (53,6 Prozent), Gemeinschaftsschulen (51,1 Prozent) sowie SBBZ (57,8 Prozent) überwiegend externe Anbieter den Support übernehmen, müssen sich an Gymnasien (33,3 Prozent) Beruflichen Schulen (43,6 Prozent) und Realschulen (42,8 Prozent) meist Lehrkräfte selbst um die Wartung der IT-Ausstattung kümmern. Die freien Bemerkungen in der Umfrage zeigen aber auch, dass die externen Dienstleister oft nicht die schulischen Anforderungen erfüllen. So wurde immer wieder geäußert, dass die Anbieter sich häufig nicht kurzfristig um die Lösung technischer Probleme kümmern können. Eine Lehrkraft schreibt: „Das größte Problem sind aktuell defekte Endgeräte, die sich stapeln, weil der Support mit den Reparaturen nicht hinterherkommt.“

Zwar gab ein Großteil der Befragten an, dass es an ihrer Schule eine Person gibt, die bei technischen Fragen helfen kann (83,5 Prozent), dass diese Kolleg*innen aber schon jetzt überlastet seien. So schreibt eine Person: „Ich fühle mich oft schlecht, wenn ich mich mit einer Frage an die Administratoren-Kollegen wende, da die Arbeit die zur Verfügung stehende Zeit übersteigt.“

Die Digitale Bildungsplattform ist bei Lehrkräften noch nicht angekommen

Obwohl Schulen bereits Zugriff auf Module der Digitalen Bildungsplattform haben, gab im Schnitt weniger als ein Viertel der Befragten an, diese für ihren Unterricht zu nutzen. Auf die konkrete Frage, ob das Lernmanagementsystem Moodle im Unterricht eingesetzt wird, zeigten sich schulartspezifische Unterschiede. Während an Gymnasien und Beruflichen Schulen knapp die Hälfte damit arbeitet, sind es in den anderen Schularten nur zwischen 6,4 (Grundschule) und 21,2 Prozent (Realschule).

Nachdem eine landesweite Lösung nach wie vor aussteht, verfügen nahezu alle Lehrkräfte zumindest über eine schulbezogene dienstliche E-Mail-Adresse (93,5 Prozent).

Somit lässt sich festhalten, dass der Bereich „Lehren und Lernen“, der durch die Digitale Bildungsplattform abgedeckt werden sollte, an den Schulen noch keine große Rolle spielt. Gleichzeitig lässt sich aus den freien Bemerkungen ablesen, dass an vielen Schulen andere kommerzielle Softwarelösungen zum Einsatz kommen.

Lehrkräfte sehen Potenzial digitaler Medien, fühlen sich aber nicht ausreichend unterstützt

Trotz bestehender Probleme zeigt sich über alle Schularten hinweg, dass über 90 Prozent der Lehrkräfte offen gegenüber dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht sind. Fast genau so viele gaben an, dass sie das Potenzial digitaler Medien für ihren Arbeits- und Unterrichtsalltag erkennen.

Etwa jede zweite Lehrkraft an Grund- und Realschulen sowie an Gymnasien und Beruflichen Schulen hat im letzten Schuljahr mindestens eine Fortbildung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht besucht. In den anderen Schularten bewegt sich die Zahl zwischen 35,8 (SBBZ) und 41,1 Prozent (Haupt-/Werkrealschulen).

Gleichzeitig gaben bei diesen Schularten auch fast zehn Prozent der Befragten an, dass sie aufgrund der schulischen Situation nicht die Möglichkeit haben, bei Bedarf eine entsprechende Fortbildung zu besuchen (22 versus 30 Prozent).

Ein Kommentar von David Warneck, stellvertretender GEW-Landesvorsitzender

Die Ergebnisse der Umfrage sind wenig überraschend. Sie machen aber nochmal deutlich, dass gehandelt werden muss. Zum einen brauchen Schulen verlässlichen Support. Durch die stark gestiegene Zahl an Geräten und die gewachsenen Anforderungen bei der IT-Infrastruktur ist diese Aufgabe nicht mehr von Lehrkräften leistbar. Deshalb muss es endlich zu einer Einigung bei der Finanzierungsfrage zwischen Land und Kommunen kommen. Im Rahmen der „Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert“ müssen Support-Strukturen vereinbart werden, die sicherstellen, dass technische Probleme kurzfristig durch professionelle IT-Dienstleister gelöst werden können. Andernfalls wächst an den Schulen nicht nur die Frustration der Lehrkräfte, sondern auch ein digitaler Schrottberg.

Zum anderen dürfen Lehrkräfte mit der digitalen Technik auch pädagogisch nicht allein gelassen werden. Zwar zeigt die Umfrage klar, dass in den Kollegien eine große Bereitschaft vorhanden ist, digitale Medien im Unterricht einzusetzen. Sie wünschen sich aber Anwendungen, die sie rechtssicher nutzen können. Je länger es dauert, bis alle Module der Digitalen Bildungsplattform zur Verfügung stehen, desto größer ist die Gefahr, dass es bei einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Programmen an den Schulen bleibt. Das stellt Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern vor eine unnötige Herausforderung. Das Kultusministerium muss es deshalb zeitnah schaffen, durch eine attraktive und funktionierende Landeslösung für sich zu werben.

Ein weiterer zentraler Baustein sind Fortbildungen. Sie sollten drei Anforderungen erfüllen. Erstens orientieren sie sich am konkreten Bedarf der Schule. Eine kleine Grundschule braucht beispielsweise andere Angebote als ein großes Berufsschulzentrum. Zweitens braucht es mehr niederschwellige Angebote, um möglichst viele Kolleg*innen zu erreichen. Zum Beispiel durch Expert*innen, die das gesamte Kollegium fortbilden und dabei die konkrete Situation vor Ort berücksichtigen. Drittens dürfen Fortbildungen nicht zu einer On-Top-Belastung werden. Wenn von Lehrkräften erwartet wird, dass sie digitale Medien im Unterricht einsetzen, geht es nicht ohne die dafür erforderlichen zeitlichen Ressourcen.

Und schließlich muss darauf geachtet werden, dass die technischen Möglichkeiten nicht zu Überforderung führen. Das gilt besonders für die digitale Kommunikation. Das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, belastet viele Kolleg*innen. Hier müssen Lehrkräfte Grenzen ziehen. Die im Schulgesetz neu geschaffenen Möglichkeiten des Fernunterrichts sind dabei kritisch zu betrachten. Mit Blick auf die Ergebnisse der Umfrage muss dem Kultusministerium bewusst sein, dass nicht alles, was theoretisch möglich ist, auch praktisch umgesetzt werden kann, solange die Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind. Dann führt Stillstand zum Rückschritt.

Die Mehrheit der Befragten im GHWRGS-Bereich war der Meinung, dass die Angebote für Fortbildungen in diesem Bereich nicht ausreichend sind (58 Prozent). An den Gymnasien und Beruflichen Schulen lag dieser Wert knapp unter 50 Prozent.

Schließlich hat immer noch mehr als ein Drittel der Lehrkräfte nicht oder eher nicht das Gefühl, datenschutzrechtlich sicher arbeiten zu können. Auch wenn über 60 Prozent der Befragten wissen, an wen sie sich bei Fragen zum Datenschutz wenden können, wünscht sich knapp die Hälfte (47 Prozent) mehr Unterstützung bei diesem Thema.

Lehrkräfte fühlen sich durch die ständige Erreichbarkeit belastet

Obgleich acht von zehn Lehrkräften angaben, dass die digitale Kommunikation (zum Beispiel per E-Mail) an ihrer Schule geregelt ist, fühlen sich im Schnitt mehr als 60 Prozent der Befragten durch die ständige Erreichbarkeit belastet.

Eine Lehrkraft fasste die Situation so zusammen: „Ich fühle mich durch die Digitalisierung überlastet und nicht gut vorbereitet. Man muss sich in seiner Freizeit schulen. Es gibt keine Absprachen über die Nutzung oder Erreichbarkeit. Es werden zum Beispiel Dinge eingeführt ohne Absprachen und GLK-Beschluss. Jetzt sollen wir auch noch ‚nebenher‘ KI einführen.“

Kontakt
David Warneck
Stellvertretender Landesvorsitzender